0164 - Die Truhe des Schreckens
was war mit den Energien, gegen die der Fremde kämpfen mußte? Waren die nicht für Bois gefährlich?
Er wagte auch den dritten Schritt. Gleichzeitig schienen tausend Hände nach ihm zu greifen. Sie versuchten, ihn auf den Fremden zuzuziehen. Verzweifelt setzte sich der Butler zur Wehr.
Gottlob, er war noch weit genug entfernt, um ausreichend. Widerstand entgegensetzen zu können. Bois kam frei und taumelte zur Tür zurück.
»Ich bin Gor von Zartas!« knurrte der Krieger. »Sage Zamorra, daß ich…« Erschöpft brach er ab. Seine Brust hob und senkte sich unter tiefen Atemzügen. Dann versuchte er es erneut: »Mein Reich ist in Gefahr. Kriegsgott und Dämon Mars will Zartas überrollen, weil er glaubt, bei uns ein Tor zum Diesseits zu finden. Zamorra muß helfen!«
Er brauchte alle Kraft, um diese drei Worte zu sprechen. Dann brüllte er schmerzerfüllt auf.
Bois flüchtete erschrocken nach draußen. Als er sich umsah, löste sich Gor gerade auf. Eine grelle Lichtexplosion begleitete sein Verschwinden. Sturmwind fegte durch das Arbeitszimmer, daß Bois glauben mußte, sämtliche Möbel müßten im nächsten Moment durcheinanderwirbeln.
Bois lauschte nach draußen. Das Inferno hatte sich gelegt.
Er rannte zu einem der Fenster, um sich davon zu überzeugen, ob es auch wirklich so war.
Die Blitze zuckten nach wie vor auf das Schloß herab, doch der rollende Donner und auch der Wind wurden mehr und mehr abgeschirmt. Um das Schloß hatte sich eine Art Schutzschild erhoben. Es begann wenige Zentimeter von den Außenmauern entfernt und blähte sich langsam auf. Dabei drängte es das auditive Chaos immer weiter zurück.
Fasziniert beobachtete Raffael Bois. Er begriff, daß dies die Abwehrreaktion des Schlosses war. Château de Montagne war selber vollgestopft mit magischen Energien. Da kamen schwarzmagische Kräfte nicht hindurch. Es sei denn, sie hatten einen brauchbaren Träger ihrer Energien, wie es Gor gewesen war. Jetzt war Gor nicht mehr da und die Schwarze Magie hatte überhaupt keine Chance mehr.
Auch vorher hatten diese Energien dem Schloß keinen wirklichen Schaden zufügen können. Raffael Bois war in keinem Augenblick gefährdet gewesen.
Raffael Bois dachte es und beobachtete dabei, wie sich lange, tentakelähnliche Arme von dem diffusen Etwas lösten, das alle schwarzmagischen Energien von den Mauern des Schlosses abhielt. Die Tentakel wuchsen und griffen nach der schwarzen Wolke, die unbewegt über dem Schloß schwebte.
Bois hatte den Eindruck, ein Fratzengesicht innerhalb der Wolke zu sehen. Dieses Fratzengesicht verzerrte sich in unmenschlicher Pein, als die formlosen und gestaltslosen Tentakelarme heran waren und mitten in die Wolke hineinpeitschten.
Sie saugten die Wolke förmlich auf. Ein Vorgang, der nur Sekunden in Anspruch nahm. Danach senkte sich völlige Ruhe auf das Schloß herab.
Raffael Bois blinzelte verwirrt. Er hatte im Dienste von Zamorra schon eine ganze Menge erlebt, aber dies hier war auch für ihn einmalig.
Die Kräfte der Magie sind sich nie gleich, überlegte er. Sie präsentieren sich selten in ähnlicher Form.
Dieser Kampf allerdings wurde eindeutig von den Kräften des Schlosses gewonnen. Es bleibt am Professor, sich auf die Vorgänge einen gültigen Reim zu machen.
Er schaute nach draußen. Alles erschien friedlich wie immer. Bois wandte sich ab und schritt den Gang entlang. Dabei kam er an der offenen Tür zum Arbeitszimmer vorbei.
Als er diesmal eintrat, attackierte ihn nichts und niemand mehr. Eigentlich wies gar nichts darauf hin, daß Raffael Bois dies alles wirklich erlebt und nicht etwa geträumt hatte.
Da fiel sein Blick auf die Stelle, an der er Gor gesehen hatte. Der Teppich war leicht angesengt. Das war der Beweis.
Raffael schauderte es. Er wußte in diesem Augenblick, daß alles im Grunde genommen erst angefangen hatte.
Die Erlebnisse der letzten Minuten waren nur ein Vorgeschmack auf das, was noch alles geschehen würde.
Und der Butler hoffte inbrünstig, daß endlich Zamorra auftauchte, um sich der Angelegenheit anzunehmen. Die Erscheinung von Gor hatte keinen Zweifel daran gelassen, daß die Zeit knapp war.
***
Professor Zamorra stand in einer der zahlreichen Telefonboxen auf dem Flughafen von Paris. Mit düsterer Miene hängte er ein und drehte sich um.
»Auf dem Schloß meldet sich niemand.«
Eine steile Sorgenfalte erschien auf der hübschen Stirn seiner Sekretärin.
Nicole Duval hatte gewissermaßen eine Dreifachfunktion im Leben des
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