0168 - Die Teufels-Dschunke
hatte schon viel gesehen, aber das gehörte zu dem Schlimmsten, was mir je unter die Augen gekommen war.
Hart mußte ich schlucken.
Das Gesicht des Mannes war zum Glück noch zu erkennen. »Er gehörte zu Costello«, sagte ich leise.
Suko nickte. »Deshalb also die Feindschaft.«
Ich wandte mich an den alten Mann. »Was hat man mit ihm gemacht?« fragte ich.
»Er mußte sterben.«
»Und warum?« Meine Stimme klang kratzig.
»Um Tschu Wang beschwören zu können, müssen die alten Riten einfach eingehalten werden«, erklärte er mir.
»Und diese Riten sind so schlimm?«
»Für die heutigen Begriffe ja.«
Ich wandte mich ab. Die Mitglieder der roten Schlange fanden wir hier unten nicht. Sie hatten sich abgesetzt. Ich fragte den Alten nach dem Grund.
»Sie wollen Tschu Wang begrüßen.«
»Und wo?« hakte ich nach.
»Er kommt mit der Dschunke. Es ist die alte verfluchte Teufelsdschunke. So hat es bereits in der Legende gestanden.«
»Sag mir den Ort!«
Da hob der alte Mann die mageren Schultern. »Ich weiß es nicht, denn ich gehöre nicht zu ihnen. Einer ist nur zurückgeblieben. Sie haben gewußt, daß meine Schwester etwas unternehmen wollte. Sie wissen alles. Wirklich.«
»Augenblick mal«, sagte Suko. »Die rote Schlange hatte also erfahren, wo Mrs. Kan hinwollte?«
»Ja.«
»Und woher?«
»Das kann ich euch nicht sagen. Die Wände hier haben Ohren, um zu hören und Augen, um zu sehen. Hier ist alles anders.«
Sukos Gesicht nahm eine kalkige Farbe an. Ich ahnte, welche Gedanken ihn beschäftigten. Er dachte an Shao, die wir allein zurückgelassen hatten. Befand sie sich vielleicht in Gefahr?
»Gibt es hier ein Telefon?« fragte ich.
»Nein.«
Aber ich hatte eins im Auto. So schnell wie möglich verließen wir den Keller. Draußen war es inzwischen hell geworden. Trotzdem lag eine nahezu gespenstische Stille über der Straße. Nur vom nahen Park her vernahmen wir leises Vogelgezwitscher.
Ich ließ die Wagentür offen, als ich hinter dem Lenkrad saß und den Hörer abnahm.
Die Verbindung klappte, aber es hob niemand ab. Achtmal ließ ich läuten, dann hatte ich Gewißheit.
Suko sagte nichts. Wie ein Denkmal stand er neben dem Wagen.
Ich tauchte wieder auf.
»Sie ist nicht da«, sagte der Chinese.
Ich nickte.
Tief atmete Suko ein. Dann ballte er die Hand und schlug auf das Autodach. »Und wir werden sie finden«, flüsterte er. »Verdammt, wir holen sie raus. Und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Leben getan habe. Das schwöre ich dir, John.«
Obwohl wir noch keinen Beweis besaßen, war doch sicher, daß Shao etwas passiert war. Ich aber rief die Mordkommission an, denn sie hatte erst einmal hier zu tun.
Um Shao würden wir uns danach kümmern, falls es nicht schon zu spät war…
***
Die Killer aus Costellos Clan trugen Maschinenpistolen und Revolver. Es lag auf der Hand, daß sie von ihrem Boß einen Mordauftrag bekommen hatten. Sie waren eiskalte Profis, in zahlreichen Gangsterschlachten erfahren, und sie zögerten auch keine Sekunde lang, denn die Waffen spien Feuer.
Zwei Killer blieben von dem Wagen gedeckt. Sie schossen mit Revolvern. Die anderen hatten ihre MPi’s und fühlten sich dementsprechend sicher mit ihren Waffen.
Sie feuerten während sie liefen.
Das mörderische Schußstakkato hallte über den freien Platz. Man hätte sich in das Chicago der Dreißiger Jahre versetzt fühlen können. Die Garben rissen den Boden auf, warfen Dreck und Gras hoch und wanderten auf die Diener der roten Schlange zu.
Aber sie erreichten sie nicht.
Bevor die Mafiosi sich eingeschossen hatten, reagierten die anderen. Plötzlich lösten sich von ihren Stirnen die Schlangen, und ehe die Gangster sich versahen, wurden sie getroffen.
Zuerst warf der ganz links stehende Mann die Arme hoch, ließ seine Waffe fallen und griff sich an die Stirn. Er stieß einen gurgelnden Schrei aus, fiel in die Knie und blieb liegen.
Der zweite MPi-Mann feuerte zwar, und hätte fast die Chinesin getroffen, denn ganz in ihrer Nähe wühlten sich die Bleihummeln in den Boden, dann verstummte auch seine Waffe, als er den harten Schlag über der Nasenwurzel spürte. Er torkelte nach vorn, krachte zu Boden und fiel über seine Waffe.
Regungslos blieb er liegen.
Im nächsten Augenblick geschah etwas Seltsames. Sofort lösten sich die Schlangen von den Stirnen der Männer, huschten zurück und nahmen wieder ihren angestammten Platz ein.
Zwei Mafiosi blieben übrig.
Die beiden hielten schwere Revolver in
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