Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufstand der Gerechten

Aufstand der Gerechten

Titel: Aufstand der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
Vom Netzwerk:
1
    Freitag, 2. Februar
    Ich hätte Debbie und die Kinder zum Abschied küssen
sollen, ehe ich das Haus verließ.
    Doch der Anruf kam um halb fünf morgens, während Debbie noch schlief
und Shane, unser Jüngster, an sie gekuschelt bei uns im Bett lag. Ich stolperte
durchs Zimmer zu meinem Handy, das dumpf auf der Kommode vibrierte.
    »Inspector Devlin?« Die Stimme klang jung und eifrig.
    Ich schielte auf die Anzeige des Weckers an unserem Bett. Graues
Licht sickerte an den Rändern der Vorhänge ins Zimmer und tauchte die Körper
meiner Frau und meines Sohnes in Stille.
    »Ja?«, antwortete ich kurz angebunden.
    »Uns wurden Schüsse in der Jackson Road in Carrigans gemeldet, Sir.
Der Superintendent hat gesagt, Sie sollen dem nachgehen.«
    Ich kleidete mich an und ging leise die Treppe hinab. Seit
meiner vermeintlichen Beförderung wurde ich immer häufiger nachts zu solchen
Einsätzen gerufen. Mittlerweile weckte ich Debbie gar nicht mehr, um ihr zu
sagen, wohin ich fuhr. Häufig handelte es sich um blinden Alarm, und ich war
wieder im Bett, ehe sie wach wurde.
    Dank der leeren Straßen dauerte die Fahrt nach Carrigans nur fünf
Minuten. Als ich mich der Ortschaft näherte, entdeckte ich am Horizont ein
orangefarbenes Glühen, das ich zunächst für das Licht der Straßenlaternen von Derry,
der Stadt gleich hinter der Grenze, hielt. Doch Derry lag im Norden; das Licht,
das ich sah, lag im Westen und war zudem kleiner und örtlich begrenzt.
    Eilig fuhr ich über die Jackson Road auf das Leuchten zu. Binnen
weniger Minuten erkannte ich, dass es vom Außengebäude einer Farm ausging,
gleich abseits der Straße links von mir. Am Ende der schmalen Zufahrtsstraße
stand eine alte Frau im Nachthemd, das sie eng um sich gezogen hatte; die eine
Hand hatte sie in den Ärmel gezogen, mit der anderen winkte sie heftig, um
meine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Ich hielt an und stieg aus. Sie mochte Mitte sechzig sein, und ihre
hageren Gesichtszüge wurden von den Schatten um uns herum noch betont.
    »Mein Mann«, stieß sie hervor und deutete auf das Außengebäude, eine
alte Scheune, aus der durch ein eingeschlagenes Fenster an der Seite bereits
die Flammen schlugen.
    »Ist er da drin?«
    Sie nickte, das Gesicht angstverzerrt. »Der Junge ist auch da drin.
Sam ist wegen ihm da rein.«
    Trotz der kürzlichen Regenfälle hatte das Feuer den Boden um die
Scheune bereits ausgetrocknet. Schon als ich näher heranging, spürte ich die
Hitze, die von den Wellblechwänden abstrahlte. Ich zog die Jacke aus und
wickelte sie mir unten ums Gesicht, um mich vor dem Rauch zu schützen.
    Die Scheunentür stand einen Spalt breit offen. Ich stieß sie weiter
auf. Sie hing schief und scharrte über den Betonboden.
    Das Innere der Scheune war größer, als ich gedacht hätte. An der
Rückwand brannte das Feuer bereits lichterloh. Ich sah durch den Qualm nach oben
und erkannte, dass auch über die Dachbalken bereits Flammen züngelten. Es roch
beißend nach verbranntem Kunststoff und brennendem Holz. Da der Rauch in
Kopfhöhe am dichtesten war, duckte ich mich, um etwas erkennen zu können. Rasch
suchte ich den Boden nach dem Mann und dem Jungen ab, von denen die Frau
gesprochen hatte. Der Raum war in diverse Boxen aufgeteilt, von denen die
meisten jedoch bis auf das schwelende Stroh am Boden leer waren.
    Gleich rechts von mir regte sich etwas. Ich kniff die Augen zusammen
und ging darauf zu. Trotz der Jacke vor meinem Mund brannte mir von dem heißen
Rauch bereits die Kehle. In der zweiten Box lag an der Wand ein alter Mann. Er
trug ein rußgestreiftes Nachthemd, das er schützend über den Mund hochgezogen
hatte. Sein Rücken bebte, so heftig hustete er. Er versuchte verzweifelt, auf
die Beine zu kommen und die Hände in die glatte Wand zu krallen, um Halt zu
finden und sich aufzurichten.
    Rasch ging ich zu ihm, griff ihm unter die Arme und zog ihn hoch,
musste dafür aber die Jacke vor meinem Mund loslassen. Er schlug blindlings um
sich und traf mich an der Kopfseite. Daraufhin packte ich ihn fester, gröber
als beabsichtigt, und zerrte ihn auf die Tür zu, doch er leistete Widerstand
und versuchte, in den hinteren Teil der Scheune zu stolpern.
    Dann schrie er etwas, aber im Tosen der Flammen konnte ich ihn nicht
verstehen. In meinen Augen brannte der Schweiß, und ich fuhr gerade noch
rechtzeitig herum, um zu sehen, wie links von uns einige Dachbalken
einstürzten.
    Ich hatte einen Kloß im Hals, der sich anfühlte, als würde er gleich
bersten,

Weitere Kostenlose Bücher