017 - Das Fest auf dem Teufelshügel
tatsächlich unsichtbar gewesen, das heißt, konnte ihn Salvatori auch nicht erkennen, oder blieb er nur für uns unsichtbar? Und woher kam er? Ich hatte den Eindruck, als wäre er aus einer der Wände gekommen, aber ich konnte es nicht genau erkennen.«
»Eines steht auf jeden Fall fest«, sagte Olivaro. »Wir haben es mit einem mächtigen Gegner zu tun.«
»Das kann man wohl sagen«, meinte d'Arcy nachdenklich. »Wenn wir jetzt von der Voraussetzung ausgehen, daß niemand von uns hinter dem Mord steckt, dann muß sich der Gegner irgendwo im Schloß verstecken. Er kann jederzeit wieder zuschlagen, und diese Vorstellung will mir gar nicht behagen.«
Jong nickte zustimmend. »Wer befindet sich außer den Gästen noch im Schloß?«
»Creeper«, sagte Olivaro. »Und drei Bedienstete, die aber von mir beeinflußt werden. Sie sind hilflose Marionetten, zu keinem eigenen Entschluß fähig.«
»Hm«, sagte d'Arcy. »Es wäre natürlich denkbar, daß doch jemand von uns hinter dem Mord steckt. Salvatoris Familie ist ja nicht sehr beliebt. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Schwierigkeiten mit ihr. Vielleicht hat jemand die Gelegenheit genutzt, ihn aus dem Weg zu räumen. Wenn tatsächlich einer von uns hinter dem Mord steckt, dann wird es fast unmöglich sein, ihn zu entlarven.«
»Da steckt mehr dahinter«, sagte Jong. »Für den Großteil der Familienmitglieder ist es nicht möglich, sich unsichtbar zu machen. Da muß man über außergewöhnlich starke magische Kräfte verfügen. Von den Anwesenden würde es nur Olivaro und mir gelingen. Aber es wäre natürlich denkbar, daß sich irgend jemand einen Helfer mitgenommen hat.«
»Und da der Mörder sich unsichtbar machen kann, war das Hereinschmuggeln keine Schwierigkeit«, stellte Olivaro fest.
D'Arcy kniff die Augen zusammen.
»Coco Zamis«, sagte er langsam.
»Unsinn«, sagte Jong. »Sie hat ihre Fähigkeiten verloren. Sie war einmal eine recht talentierte Hexe, aber unsichtbar konnte sie sich auch in ihren besten Zeiten nicht machen.«
»Das meine ich auch nicht«, sagte d'Arcy. »Aber vielleicht hat sie den Dämonenkiller hereingeschleust.«
»Ausgeschlossen«, sagte Olivaro. »Hunter hat uns zwar einigen Schaden zugefügt, aber er verfügt nur über geringe magische Kenntnisse. Unsichtbar kann er sich nicht machen.«
»Sagen Sie das nicht!« sagte Jong. »Er kann einen Verbündeten gefunden haben, der ihm hilft. Sie wissen ganz genau, daß es einige Außenseiter in der Familie gibt. Dämonen, die sich schon vor vielen Jahren zurückgezogen haben und irgendwo in der Welt als Einsiedler leben. Und wenn es Hunter gelungen ist, so einen Dämon ausfindig zu machen, dann sieht es böse für uns aus. Salvatoris Tod trägt nur zu deutlich Hunters Handschrift.«
»Das sind durch nichts bewiesene Vermutungen.«
»Ich würde vorschlagen, daß wir uns Coco Zamis einmal vornehmen«, sagte d'Arcy.
»Das kann nichts schaden«, meinte Jong.
Coco war aufgestanden und hatte sich neben den Kamin gestellt. Sie suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, das Schloß zu verlassen. Die Dämonen schenkten ihr keine Beachtung. Sie unterhielten sich leise miteinander und ignorierten sie einfach.
Teresa Angeli war mit Renato Salvatori eng befreundet gewesen. Sie traf sein Tod besonders. Die anderen hatten mit dem Toten nur flüchtigen Kontakt gehabt. Dennis Abey versuchte das hübsche Mädchen zu trösten, was ihm aber nicht gelang.
Coco musterte die Dämonen der Reihe nach. Die Namen der Familien hatten ihr genug gesagt. Einige waren besonders einflußreich. Sie seufzte. Immer deutlicher wurde ihr bewußt, welche Sisyphusarbeit auf den Dämonenkiller wartete. Die Schwarze Familie war eine tausendköpfige Hydra. Wo man ihr ein paar Köpfe abschlug, wuchsen augenblicklich neue nach.
Coco versuchte, etwas von der Unterhaltung aufzuschnappen, doch sie verstand nur einige Wortfetzen, die nicht viel Sinn ergaben. Einer der Dämonen hielt sich etwas abseits. Er beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Coco kannte seinen Namen nicht, aber sie wußte, daß er ein Ghoul war, eines jener fürchterlichen Geschöpfe, die sich von Leichen ernährten. Die Ghoule waren die Außenseiter der Schwarzen Familie; sie gehörten zwar dazu, aber man mied sie. Der Mann wandte den Kopf und sah sie an. Langsam setzte er sich in Bewegung und steuerte auf Coco zu. Fauliger Geruch eilte ihm voraus. Zwei Schritte vor Coco blieb er stehen und verbeugte sich leicht.
»Mein Name ist Viale
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