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0179 - Wir blufften um sein Leben

0179 - Wir blufften um sein Leben

Titel: 0179 - Wir blufften um sein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir blufften um sein Leben
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führen.«
    Sie schob ein Zedemholzkästchen über den Tisch, das sehr hübsch aussah. In zehn mit blauem Samt ausgeschlagenen Fächern lag je eine Glasröhre mit einer Zigarre.
    »Das Stüde zu einem Dollar«, erläuterte die Verkäuferin. »Aber das ist wohl zu teuer, Sir?«
    Pater Angelo legte erschrocken den Zeigefinger ans Kinn.
    »Das ist wirklich sehr teuer«, sagte er. »Was meinen Sie, Mister Connelli?« Ray zuckte die Achseln:
    »Ich glaube, ich nehme sie trotzdem Sie sind ja für einen guten Freund.«
    »Das ist ausschlaggebend«, nickte der Pater.
    Beladen wie Männer, die alle Weihnachtseinkäufe auf einmal absolviert haben, verließen sie das Warenhaus. Pater Angelo übernahm die Führung, nachdem Ray ein zerknittertes Telegramm aus der Rocktasche gezogen und die Adresse vorgelesen hatte.
    »Ich weiß so, wo die Familie Rosega wohnt«, sagte Pater Angelo. »Mister Rosega gehört zu den bekannten Persönlichkeiten der Stadt. Er sitzt in vielen Ausschüssen, gehört zum Wahlkomitee und sogar zum Stadtparlament. O ja, Mister Connelli. Ihre Freunde gehören zu den einflußreichsten Kreisen der Sadt, Kommen Sie nur, es ist nicht sehr weit. Nur drei Querstraßen.«
    Vor der Haustür verabschiedete sich Pater Angelo. Ray bedankte sich für die Führung durch die Stadt und die wertvolle Hilfe beim Einkäufen. Der Greis schnitt ihm die Dankesworte ab:
    »Ich muß Ihnen danken, Mister Connelli. In meinem Alter ist man froh, wenn man sich hie und da noch einmal nüztlich erweisen darf. Wenn Sie ein paar Tage in Sun City bleiben, versäumen Sie bitte nicht, mich einmal aufzusuchen. Jedes Kind kann Ihnen sagen, wo ich wohne. Und jetzt auf Wiedersehen! Viel Freude' bei Ihren Freunden! Es hat mich sehr gefreut, daß ich Sie kennenlernen durfte.«
    Er winkte noch einmal und schritt hastig davon. Schon nach zwanzig Schritten hatte er einen neuen Wirkungskreis gefunden. Er half einigen Kindern, eine abgesprungene Fahrradkette wieder an Ort und Stelle zu bringen.
    Der junge Neper nahm seine Päckchen und seinen Koffer auf. Er fühlte, daß sein Herz auf einmal bis zum Halse hinauf schlug, als er die paar Stufen zur Haustür hinanstieg. Er klingelte, und sein Herzklopfen wurde noch stärker, als er drinnen Schritte heranschlurfen hörte.
    Die Tür ging auf. Eine alte Negerin erschien auf der Schwelle. Ray brachte keinen Ton heraus. Sein Mund war auf einmal wie ausgedörrt. Die Frau war ebenso erschrocken wie er. Sie preßte ihre Hand aufs Herz. Ihr Mund stand halb offen, ihre Augen hatten sich geweitet, und es dauerte ein paar bange Herzschläge, bis sie heiser vor Aufregung stammelte?
    »Ray, oh, mein Gott, Ray, mein Junge!«
    Sie fielen sich in die Arme. Ray hatte Mühe, dafür zu sorgen, daß seine Blumen nicht zerdrückt wurden. Er schälte, indem er seiner Mutter, die ihn umarmte, über die Schulter schielte, die Rosen aus dem Papier. Mit Anstrengung würgte er etwas hinunter, was sich in seiner Kehle breitzumachen drohte.
    »Herzlichen Glückwunsch zum sechzigsten Geburtstag, Mammy, Die Blumen sind für dich. Und ein paar von den Päckchen auch… Oh, Mammy, ich freue mich ja so, daß ich dich nach all den Jahren einmal wiederhabe…«
    Nach der ersten Aufregung brachte Ray seinen Koffer in die Küche, wo er ihn in eine Ecke schob. Zum Auspacken würde er später noch genug Zeit haben. Zuerst wollte er seinen brennenden Durst löschen und ließ sich von seiner Mutter eine eisgekühlte Flasche Bier aus dem Kühlschrank geben.
    Während er sein Bier trank, kam Mrs. Rosega in die Küche und begrüßte Ray so herzlich, wie man nur einen alten Bekannten begrüßt, den man jahrelang nicht gesehen hat.
    »Nun, war es nicht eine köstliche Idee, Mammy diese Geburtstagsüberraschung zu bereiten?« fragte sie.
    »Hatten Sie etwa diese Idee?« fragte die alte Negerin gerührt.
    »Ich telegrafierte ihm gestern, daß er kommen soll!« lachte Mrs. Rosega.
    Auch Rays Mutter stammte aus New York. Sie hatte der bekannten- Fabrikantenfamilie Stanford den Haushalt geleitet.
    Rays Vater war der Chef-Fahrer gewesen. Er verunglückte, als Ray noch keine zwei Jahre alt war.
    Da seine Mutter im Hause der Stanfords wohnte, wuchs auch Ray dort auf. Die Stanfords hatten ein einziges Kind, eine Tochter namens Jeane. Sie war acht oder neun Jahre älter als Ray und spielte für den Jungen so etwas wie die ältere Schwester.
    Sie beaufsichtigte seine Schulaufgaben, als Ray die ersten Schreibversuche unternahm, und sie hielt ihm die Daumen, als er

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