018 - Menschen unerwünscht
blass, während Ken Randall braun gebrannt war. Was Ken noch auffiel: Der Mann wirkte irgendwie verweichlicht, als würde er einer alten, degenerierten Rasse angehören.
Eine seltsame Assoziation! , rief sich Ken selber zu recht. Wie konnte er denn eine ganze Rasse beurteilen – anhand eines einzigen Exemplars auf einem ganzen Planeten?
Es erschien irrsinnig, aber der erste Eindruck war so stark, dass sich Ken nicht dagegen wehren konnte. Wie wenn jemand die Erde besuchen kam – und ausgerechnet ein Pygmäe lief ihm über den Weg. Wie könnte er denn annehmen, dass die Erde von lauter Pygmäen …?
Ja, auch das half nichts: Nach wie vor war Ken Randall fest überzeugt davon, dass die menschenähnliche Rasse auf dieser Welt uralt – und degeneriert war …
Der Mann kam näher und verschränkte dabei in einer typisch menschlichen Geste die Arme vor der Brust.
Dr. Dimitrij Wassilow erschien als einziger wenig beeindruckt. Er sah sich interessiert um.
»Könnte ein Russe sein«, meinte er schließlich. Dann deutete er auf die große Maschine, die sie aus dem Gleiterwrack befreit hatte. »Dann könnte dieses Ding durchaus …«
»… eine russische Erfindung sein!«, ergänzte Yörg Maister kopfschüttelnd. Er konnte sich an den seltsamen Humor des Russen einfach nicht so recht gewöhnen. »Bloß, wie kommt ein Russe auf diesen Planeten?«
Dimitrij Wassilow lächelte nachsichtig: »Du solltest wissen, uns Russen ist nichts unmöglich!«
»Nein!«, stöhnte Yörg Maister entsetzt.
»Ich wäre für ein wenig mehr Ernst – der Situation angemessen!«, beschwerte sich Dr. Janni van Velt. Sie war 42, in Nordwijk/Holland geboren. Eine blonde, kurzhaarige Dimensions-Physikerin mit einer Vorliebe für Kaugummis und … grüne Kugelschreiber. Und sie hatte schon wieder so ein Ding in den Händen und spielte damit. Dabei kaute sie auch noch, obwohl sie diesmal vergessen hatte, überhaupt einen Kaugummi zwischen die Zähne zu schieben.
Dr. Janni van Velt war eine wahrlich begnadete Theoretikerin, obwohl sie leider zwei linke Hände hatte. Dennoch war Ken Randall froh, dass sie bei der Truppe war. Vielleicht konnte sie dazu beitragen, eine Erklärung für alles zu finden, was ihnen seit ihrer Ankunft widerfahren war – und was vor allem überhaupt erst zu ihrer Ankunft hier auf der fremden Welt geführt hatte? Ken Randall selber war in dieser Beziehung eher ratlos, wie er vor sich selbst gestehen musste.
»Janni hat Recht!«, sagte Tanya Genada und trat vor. Sie wandte sich an den Fremden: »Gibt es eine Möglichkeit der Verständigung?«
Ken schielte unwillkürlich nach dem daumennagelgroßen Translator, den jeder von ihnen dabei hatte. Sie waren alle eingeschaltet. Eine eher unbewusste Reaktion war das gewesen – sehr bald schon nach der Ankunft. Aber die Translatoren versagten entweder total – oder sie kamen mit den Sprachgebilden hier nicht zurecht.
Gott, ist ja auch kein Wunder! , dachte er. Außerdem: Wie lange sind wir denn überhaupt schon da? Das können doch höchstens zehn bis fünfzehn Minuten sein? Nicht viel mehr jedenfalls. Unglaublich, was inzwischen alles geschehen war. Wie im Zeitraffertempo – atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes.
Es würde sicherlich noch dauern, bis die Translatoren endlich ansprachen.
Nachdem Tanya den Mann angesprochen hatte, antwortete dieser in einer singenden Sprache, wie man sie noch nie gehört hatte. Jedenfalls gab es so etwas nicht auf der Erde.
Die Gestik des Mannes drückte Arroganz aus. Ken erinnerte er irgendwie an Vertreter des mittelalterlichen Hochadels.
Aha , dachte er respektlos – daher die ›vornehme Blässe‹?
Er sprach immer weiter in dieser singenden Sprache. Tanya wusste erst nicht so recht, wie sie reagieren sollte. Und dann redete sie einfach darauf los. Sie erzählte, dass sie von einer anderen Welt kamen. Dass es eine Katastrophe gegeben haben musste – gerade als sie ihr Star Gate benutzten – und dass sie aus diesem Grunde hierher verschlagen worden waren. Sie bat den Fremden um Hilfe.
»Fragt sich nur, ob das der richtige Ansprechpartner dafür ist?«, orakelte Dr. Maister. »Mir erscheint es vielmehr so, als würden die alle hier genauso Hilfe benötigen wie wir.«
»Jedenfalls haben sie uns gerettet!«, widersprach Juan de Costa. Der Vierunddreißigjährige stammte aus einem spanischen Provinznest. Er war klein, gemütlich, humorvoll, entwickelte oft recht fantastische Theorien, die allerdings meist in die Hosen gingen …
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