0180 - Sonderauftrag Maracaibo
einschüchtern ließ!
»Sie sind nur noch ein Nervenbündel, Fanster! Lassen Sie das Grübeln und kommen Sie! Gehen Sie neben mir und tun Sie alles, was ich tue, dann brauchen Sie nicht weiterzugrübeln. Sie sehen doch, dass alles reibungslos klappt!«
Verdammt noch mal, dachte Fanster, der Kerl hat recht. Worüber rege ich mich eigentlich auf?
Er folgte Rosega, der die Stufen der Haustür hinaufstieg und leise einen Schlüssel ins Schloss schob. Es gab zweimal ein sehr leises Klirren, als er die Tür aufschloss, aber in der Stille der Nacht wirkte das Geräusch viel lauter, als es in Wirklichkeit war.
Im Haus tappte Rosega durch den Flur. Leise ging es eine Treppe hinauf. Rosega lauschte lange vor einer Tür, bis er sie endlich zu öffnen wagte. Der Schein einer Taschenlampe kreiste durch den Raum. Bett, Kleiderschrank, Kommode und ein großer Frisierspiegel wurden aus der Dunkelheit gerissen. Aber kein Mensch war zu sehen.
Rosega knipste die Nachttischlampe an.
»Helfen Sie mir!«, sagte er und riss die Bettdecke beiseite, die er achtlos auf die Erde warf.
Fanster betätigte sich nun ebenfalls. Als er das mittlere Matratzenstück heraushob, fand er ein Päckchen. Rosega nahm es schnell und schob es in die Tasche. Unter den anderen Matratzen befanden sich noch zwei solche Päckchen. Rosega steckte sie zufrieden ein: »In jedem sind sechzigtausend Dollar Fanster«, erklärte er. »Ich hatte bei meinem Aufbruch, der etwas plötzlich vor sich ging, leider keine Zeit mehr, diese meine eiserne Reserve, noch mit einzupacken. Aber bei dieser Gelegenheit wollen wir so viel Geld doch nicht wieder zurücklassen.«
»Natürlich nicht. Aber Sie reden zu viel, Rosega! Und Sie sind zu langsam heute Nacht. Beeilen wir uns doch! Je früher wir die Stadt wieder verlassen haben, desto besser ist es doch!«
Rosega nickte schweigend. Er ließ das Nachttischlämpchen brennen und huschte wieder in den Flur.
Rosega lauschte wieder an einer Tür. Schließlich drückte er sie vorsichtig auf. Auf Zehenspitzen huschte er hinein. Fanster folgte ihm, die Pistole in der Hand. Von hinten aus einer Ecke waren die leisen Atemzüge eines Schlafenden zu vernehmen.
Die Taschenlampe leuchtete auf. Fanster erkannte den schmalen Kopf eines jungen Mädchens. Rosega griff wieder in seine Tasche. Auf einmal war der durchdringende Geruch von Chloroform im Raum.
Rosega beugte sich vor. Fanster sah, dass er einen Wattebausch vor das Gesicht des plötzlich erwachten Mädchens drückte. Ihr Körper zuckte ein paar Mal in dem verzweifelten Versuch, sich zu befreien, aber ihre Bewegungen wurden schlaffer, und schließlich lag sie vollkommen still.
Rosega zog den Bausch weg und raunte: »Das hat geklappt! Tut mir leid, Delly, aber anders war es nicht zu machen. Fanster, ziehen Sie die Tür zu und schalten Sie das Licht ein!«
Fanster gehorchte wortlos. Er sah gelangweilt zu, wie Rosega schnell Wäsche und Kleider aus dem Schrank riss und in einen Koffer warf, den er von dem Schrank herabgerissen hatte. Dann fiel sein Blick auf ein Foto, das offensichtlich aus einer Zeitung ausgeschnitten und mit Heftzwecken an die Wand geheftet war. Seine Augen weiteten sich, ein eisiger Schreck durchzuckte ihn. Er beugte sich vor und starrte wie fasziniert auf die Schlagzeile, die unter dem Bild stand:
Gangsterjäger Cotton und Decker vom FBI bei der Verhaftung »Buckbee« Miller.
***
Detective-Lieutenant Sandheim kroch ein wenig tiefer in den Schatten der Hecke. Ihm kam plötzlich ein Gedanke. Er zog die kleine Fingernagelschere aus seiner Westentasche und fing an, leise und bedächtig ein paar Ästchen und Zweige und Blätter wegzuknipsen.
Aber schon nach kurzer Zeit musste er seine Tätigkeit einstellen. Der Mann, der auf der anderen Straßenseite auf und ab gegangen war, überquerte die Straße und näherte sich der Hecke, hinter der Sandheim lag. Er hätte die leisen Geräusche hören können.
Als der Mann durch den Lichtkreis einer Straßenlaterne schritt, erkannte Sandheim das Gesicht. Es war Long John, nun nicht mehr als blinder Zeitungsverkäufer aufgemacht, sondern als wartender Liebhaber. Er hielt einen eingewickelten Blumenstrauß in der Hand.
Also hat er sich an meine Anweisungen gehalten, dachte Sandheim. Nun, das war nicht anders zu erwarten.
Die Unterwelt deckt einen Polizeimörder nur sehr, sehr selten. In Sun City niemals.
Vorsichtig hob Sandheim seinen Arm, bis er auf die Uhr blicken konnte. Es war wenige Minuten vor Mitternacht. Er hatte
Weitere Kostenlose Bücher