0181 - Blutige Dollars
Betreffende, Joe Miller, war mit Ermittlungen wegen der in letzter Zeit überall auftauchenden gefälschten Zwanzig- und Fünfzig-Dolllar-Scheinen beauftragt. Er sagte noch gestern Mittag, er verfolge eine Spur, und neben, oder besser unter ihm, wurde einer dieser falschen Fünfzig-Dollar-Scheine gefunden. Es sieht also so aus, als ob er wenigstens einen der Verteiler des Falschgeldes erwischt und gestellt hatte. Er muss aber unvorsichtig gewesen sein und wurde von dem Verbrecher niedergestochen.«
»Wo geschah das?«, fragten wir beide wie aus einem Mund.
»In der Stanton Street.«
»Hol’s der Teufel. Da sind wir gerade um ein paar Minuten zu spät gekommen«, platzte ich heraus.
»Wie meinen Sie das?«, fragte unser Chef.
Es blieb uns also nichts anderes übrig, als von unserem Bummel und dem, was wir gesehen hatten, zu berichten.
»Soweit ich die Sachlage beurteilen kann, war das Verbrechen erst ganz kurz vorher begangen worden«, meinte ich zum Schluss. »Das Blut war noch frisch.«
»Das ist ein merkwürdiger Zufall, der uns aber nicht hilft, denn wie gesagt, sind Sie zu spät gekommen«, entgegnete Mr. High. »Am besten fahren Sie sofort zur Zweigstelle des Finanzministeriums und melden sich bei Mr. Whitacker von der Falschgeldfahndung.«
***
Mr. Whitacker, war ein weißhaariger, vornehmer Herr, der mir den Eindruck machte, als ob er uns nur sehr ungern um Hilfe gebeten habe. Anstatt lange Erklärungen zu geben, stellte er uns Akten zur Verfügung und hätte es wohl am liebsten gesehen, wenn wir diese dort durchgearbeitet hätten. Das war durchaus nicht nach unserem Sinn.
Wir packten den dicken Schnellhefter ein und setzen uns damit in mein Office. Die Sachlage war, wie sie in solchen Fällen gewöhnlich ist.
Seit ungefähr sechs Wochen tauchten falsche Geldscheine von zwanzig und fünfzig Dollar in immer zunehmender Anzahl auf. Sie waren außerordentlich gut nachgeahmt. Nur das Papier wich etwas von dem der Originalscheine ab. Es waren eine große Anzahl Leute festgehalten worden, ohne dass sich etwas ergeben hätte. Alle hatten die Scheine in gutem Glauben angenommen.
Natürlich hatte die Fahndungsstelle sofort eine Anzahl Beamte eingesetzt, bisher ohne Resultat. Nur Miller musste etwas herausgefunden haben, und er hatte wahrscheinlich den Versuch gemacht, eine Verhaftung vorzunehmen. Das hatte ihn das Leben gekostet.
Es war nicht anzunehmen, dass er den Mann, der die falschen Scheine besaß, einfach auf der Straße angesprochen hatte. Er musste beobachtet haben, wie dieser einen davon wechselte, und ihm dann gefolgt sein. Wo aber konnte man um diese Nachtzeit und in dieser Gegend Geld ausgeben oder wechseln, wenn nicht in einer Kneipe, einer Bar oder einem Tanzlokal.
Leider gab es davon rund um die Delancey Street mehr als genug. Trotzdem, wenn wir einen Ausgangspunkt für unsere Nachforschungen finden wollten, so mussten wir damit beginnen, die betreffende Kneipe zu suchen.
Mr. Whitacker hatte den Akten eine Karte beigefügt, auf der man die Stelle, an denen die falschen Scheine aufgetaucht waren, mit roten Kreuzen markiert hatte. Es waren ganz deutlich vier Stadtviertel.
Erstens das East End zwischen Laf ayette und dem River. Zweitens Greenwich Village, zwischen der Sixth Avenue und dem Hudson. Drittens die Gegend längs der Fifth Avenue, zwischen Madison Square und dem Central Park, und viertens Bronx, rund um den Crotona Park.
Es schien also, als ob es sich um vier Verteilerzentralen handelte, die wir nacheinander abgrasen mussten. Heute nahmen wir uns also das East End vor, weil dort die Spur noch am frischesten war.
Wir begannen gegen Abend, und Phil übernahm den östlichen Teil, während ich den westlichen abklapperte.
Um Mitternacht wollten wir uns bei »Paddy’s« in der Canal Street treffen.
Ich begann in der Stanton Street, und zwar dort, wo der Tote gefunden worden war. Wir hatten beide ein Bild des Ermordeten in der-Tasche, das uns Whitacker überlassen hatte, und dieses Bild zeigte ich den Wirten. Schon hatte ich eine ganze Anzahl Kneipen hinter mir, eine anstrengende Arbeit, wenn man bedenkt, dass ich ja überall etwas bestellen und auch trinken musste, und niemand hatte Miller jemals gesehen.
Das nächste Lokal war der »Black Turkey«, in der Rivington Street. Im Gegensatz zu den meisten anderen war es sauber, wenn auch die Gäste die gleichen waren wie die, denen ich den ganzen Abend begegnet war. Seeleute, Schieber, dunkle Gestalten, von denen man nicht wissen
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