0183 - Das Knochenschiff
wollte sein Opfer trotz meines unverhofften Auftauchens töten. Aber Suko wurde nicht mehr ganz so festgehalten wie vorhin.
Es gelang ihm, sich loszureißen und sich fallen zu lassen.
Über ihm schnappte das riesige Haimaul hart zu. So viel Glück hatte der Chinese schon lange nicht mehr gehabt. Er besann sich des Buddhastabes, der war die Rettung. Noch während des Fallens riß er ihn heraus und rief das magische Wort: »Topar!«
Die Zeit stand still.
Für fünf Sekunden.
Niemand außer Suko vermochte sich zu bewegen. Auch ich nicht. Der Chinese wühlte sich durch die Zombie-Reihen. Er hetzte auf mich zu.
Fünf Sekunden sind keine Ewigkeit. Suko mußte sich beeilen. Er erreichte mich, packte mich, hievte mich hoch und schleuderte mich über Bord. Dann sprang er selbst nach. Als ich ins Wasser eintauchte, waren die fünf Sekunden um.
Wir schwammen vom Knochenschiff weg.
Oben tauchten die ersten bleichen Zombie-Schädel auf.
Und auch Ronbinson Jaw stand da. Er wollte uns nicht entkommen lassen, befahl seinen Männern mit herrischen Gesten, uns zurückzuholen. Die Zombies sprangen uns nach.
Ich hörte das Brummen eines Bootsmotors.
Clint Perry kam. Er fischte Shao und die Conollys aus dem Wasser und raste uns dann entgegen. Wir schwammen um unser Leben. Die lebenden Leichen waren uns im Wasser überlegen. Sie schwammen viel schneller. Dennoch erreichten wir das Polizeiboot früher, als sie uns einholen konnten.
Und dann griff nicht nur Clint Perry zum Gewehr.
Auch Suko und ich schnappten uns eines, um auf die angebrachten Dynamitpackungen zu schießen.
Der Polizeichef gab den ersten Schuß ab. Meine Kugel folgte. Dann traf Sukos Geschoß sein Ziel. Blitze flammten auf dem Knochenschiff auf. Dumpfe Detonationsdonner rollten über das Meer. Die gewaltige Kraft der geweihten Sprengladungen zerfetzte mehr und mehr das Schiff. Wir trafen immer neue Sprengsätze. Der Hauptmast brach und begrub einige Zombie-Piraten unter sich.
Die Druckwelle einer weiteren Explosion riß Robinson Jaw von den Beinen.
Und dann kam der ganz große Knall, der das Knochenschiff in der Mitte auseinanderfetzte und versinken ließ. Gurgelnd verschwand das Geisterschiff in der Tiefe, und mit ihm versanken auch alle Zombie-Piraten, die uns verfolgt hatten.
Sie tauchten nicht mehr auf, denn das schwimmende schwarzmagische Kraftfeld, das sie am Leben erhalten hatte, existierte nicht mehr.
Jetzt war die Zeit für einen erleichternden Atemzug reif. Wir taten ihn alle.
»Sie waren großartig, Clint«, sagte ich zum Polizeichef. »Ohne Ihre und die Hilfe Ihrer Freunde wäre es schlimm um Bexhill gestanden.«
»Ich schlage vor, wir suchen noch heute den Bürgermeister auf, um ihm mitzuteilen, daß der Beginn des Sommerfestes nicht verschoben werden muß.«
»Darüber wird er sich mächtig freuen«, sagte Clint Perry.
»Und anschließend verhaften Sie Hoyt Simmons«, sagte Sheila Conolly, und dann erfuhren wir von ihr und von Shao, welche Rolle der Besitzer des Pirate Inn gespielt hatte.
Genauso geschah es. Edward Newman war von unserer Mitteilung begeistert. Als Clint Perry mit ein paar Leuten bei Hoyt Simmons aufkreuzte, war dieser weit weniger begeistert. Er würde seine üblen Taten vor Gericht zu verantworten haben.
Das Sommerfest wurde für Bexhill ein voller Erfolg und entschädigte uns in hohem Maße für die vielen Strapazen, die wir auf uns genommen hatten, um den Badeort aus dem Würgegriff des Bösen zu befreien.
Jane Collins kam nach, und wir verbrachten zusammen ein paar unvergeßliche Tage. Aber nichts dauert ewig. Ich mußte nach London zurück, denn der nächste Fall wartete schon auf mich. Und der sollte noch schlimmer werden…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 166 »Die Dämonenkatze«
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