0185 - Unser Hit in Harlem
anderen Gifte kaufen.
Der zweite Kreis setzt sich aus Männern zusammen, die sich der Händler zu Dienstleistungen heranzieht. Er bezahlt nicht in Dollars, sondern in Gift.
Der Junge vor uns schien mir ein typischer »Helfer« zu sein, längst noch nicht im Stadium absoluter Süchtigkeit, aber schon abhängig genug vom Marihuana, um gegen zwei oder drei Zigaretten bedenkenlos Schaufensterscheiben einzuschlagen, ein Auto umzustürzen oder über einen Mann herzufallen.
In dem dürftig eingerichteten Revierbüro herrschte Schweigen. Jimmy Lost kaute an seiner Unterlippe.
Schließlich brach Lieutenant Walker die Stille.
»Nehmen wir ein Protokoll auf, Agent Cotton. Dem Burschen wird es gut tun, wenn er sich die Welt für einige Zeit durch Gitter ansieht.«
Ich winkte ab. »Wir sind nicht daran interessiert, Walker. Lassen Sie ihn vom Amtsarzt untersuchen. Wenn seine Marihuana-Süchtigkeit festgestellt wird, lassen Sie ihn zu einer Entziehungskur einweisen.«
Sergeant Sund brachte den Jungen fort. Wir verabschiedeten uns von Walker.
»Ich habe das Gefühl, dass wir uns in nächster Zeit noch öfter sehen werden, Lieutenant.«
»Warten Sie, Cotton. Ich gebe Ihnen Sund mit. Eine Uniform hält Rauflustige ab.«
Der Sergeant brachte uns bis zur Untergrund-Station. Wir fuhren durch bis zum Broadway, suchten uns dort einen ruhigen Drugstore und bestellten zwei Whisky-Soda.
Nach dem ersten Schluck sagte Phil: »Hast du nicht auch das Gefühl, dass Jimmy Lost und seine Freunde nicht wegen unserer weißen Haut über uns herfielen, sondern um uns von Richard Nelson ferrizuhalten?«
»Ja, genau das dachte ich auch. Wir sollten nicht mit Nelson sprechen.«
»Während wir uns mit den Boys herumschlugen, wurde der Wäschereibesitzer noch einmal ins Gebet genommen. Durch den Sergeant wurden wir zu schnell fertig. Wahrscheinlich hatte man die Absicht, uns mindestens für heute Nacht unschädlich zu machen.«
»Nur ein Mann wusste, dass wir Nelson aufsuchen wollten, dieser nervöse Sekretär der Guten Nachbarschaft. Lavel Addams scheint Großalarm gegeben zu haben, sobald wir das Büro verlassen hatten.«
»Sollen wir ihn uns kaufen?«
»Das dürfte zwecklos sein. Wir können nichts beweisen. Addams würde darauf hinweisen, dass Weiße im Gebiet von Harlem immer Gefahr laufen, überfallen zu werden.«
Phil trank sein Glas aus.
»Ich wünsche, wir könnten Nelson zum Reden bringen. Ich bin überzeugt, dass er irgendetwas weiß. Schade, dass er sich fürchtet.«
***
Drei Tage später wurde ich von James Hoggardt angerufen. »Agent Cotton, ich bin gestern Nacht aus San Francisco zurückgekommen und finde auf meinem Schreibtisch einen Zettel von Addams, dass Sie mich zu sprechen wünschten.«
»Einen Zettel? Warum sagte er es Ihnen nicht selbst?«
»Ja, das ist auch noch eine Merkwürdigkeit. Ich höre von meinem Bürovorsteher, dass Addams sich während der letzten zwei Tage nicht im Büro hat sehen lassen. Das ist ganz ungewöhnlich. Ich habe schon versucht, ihn telefonisch in seiner Wohnung zu erreichen, aber es gelingt mir nicht. Auch mit Mr. Nelson habe ich telefoniert, und er sagte mir, dass Sie in jener Nacht bei ihm waren. Was geht vor, Agent Cotton?«
»Wir kommen gleich zu Ihnen, Hoggardt«, antwortete ich.
Zwanzig Minuten später standen Phil und ich im Büro des Anwalts und Präsidenten der Guten Nachbarschaft. Im Vorzimmer waren wir einem farblosen mittelalterlichen Mann und zwei Stenotypistinnen begegnet. Hoggardt selbst führte uns durch den Raum, der als Verwaltungsbüro des Vereins diente, in sein Privatbüro. Mit düsteren Schränken und verstaubten Polstermöbeln passte es auf irgendeine Weise gut zu dem Anwalt.
»Ich habe Nelson angerufen und ihn gebeten, zu kommen«, teilte uns Hoggardt mit.
»Kann ich den Zettel sehen?«
»Selbstverständlich.« Er kramte ein wenig unter den Papieren und reichte uns einen Briefbogen, auf dem die Worte standen:
Mr. Cotton und Mr. Decker vom FBI wünschten Sie zu sprechen.
»Das kann ich behalten?«
»Bitte, wenn Sie es benötigen.«
»Wo wohnt Lavel Addams?«
»Nicht weit von hier. In dem Haus 1024 der 116th Street hat er ein Apartment, aber er befindet sich nicht in seiner Wohnung. Er meldet sich nicht.«
Eine der Stenotypistinnen trat ein.
»Mr. Nelson«, meldete sie.
»Lassen Sie ihn hereinkommen!«
Der Wäschereibesitzer schien sich seit jener Nacht gefangen zu haben, aber er sah ungesund aus. Der Blick seiner Augen war trübe, und in das sonst so
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