0185 - Unser Hit in Harlem
Gesicht abzulesen sind.«.
»Vielen Dank für die Auskunft, Lieutenant. Können wir jetzt den Burschen sehen, der so scharf darauf war, uns als Sandsäcke zu verwenden.«
Auf einen Wink des Lieutenants brachte Sergeant Sund den Jungen herein. Der Boy machte keinen sehr sympathischen Eindruck. Er benahm sich aufsässig und unverschämt. Den Sergeant schrie er an: »Lass mich los, Bulle!«
Sund lockerte nicht den Polizeigriff, bis der Lieutenant befahl: »Lassen Sie ihn los, Sergeant!«
Der Junge rieb sich das schmerzende Handgelenk, sah wütend den Polizisten an und fauchte: »Dir besorgen wir es auch noch, Bulle!«
Lieutenant Walker erklärte uns: »Der Bursche heißt Jimmy Lost, und er gehört zu einer Bande, die sich Tiger von Harlem nennt. Sie können es auf seiner Lederjacke lesen. Sie kennen diese Halbstarken-Vereinigungen, Agent Cotton. Sie lungern auf den Straßen herum, belästigen die Passanten, grölen und stehen mit einem Bein schon im Großstadtsumpf und mit dem anderen im Gefängnis.«
Ich ging zu dem jungen Farbigen hin. Er war fast einen Kopf kleiner als ich.
»Ich möchte ein paar Fragen an dich stellen, Jimmy.«
Er sah mich von unten an.
»Hau ab, Weißer!«, schrie er. »Du stinkst!«
Ich reagierte auf die Beleidigung nicht.
»Hör zu, mein Junge«, sagte ich. »Ich weiß genau, dass Leute meiner Hautfarbe 'Menschen deiner Hautfarbe oft genug schlecht behandeln. Seit rund zweihundert Jahren bemühen sich vernünftige Männer in den Vereinigten Staaten, die Rassengleichheit zu verwirklichen, und ich denke, wir haben eine Menge erreicht, wenn auch noch ein großer Rest zu tun bleibt, aber dieser Rest lässt sich nicht erledigen, wenn jetzt die andere Seite, nämlich ihr Farbigen, eine Art von Rassendiskriminierung einführt. Das ist meine Meinung zu dem Thema, Jimmy. Und nun…«
Er unterbrach mich und meinte: »Ich habe gar nichts gegen dein Gesicht, Weißer, wenn es nur ein wenig die Farbe verändern würde. Es muss nicht unbedingt so schwarz werden, wie meines ist. Es genügt schon, wenn es rot würde von deinem Blut. Bestimmt, dann gefiele es mir schon.«
Es war erschreckend, in welchem Ausmaß der Junge aufgehetzt war.
»Wer hat dir solche Ideen beigebracht?«, fragte ich leise.
»Ihr Weißen!«, antwortete er.
Hatte er unrecht? Nein, aber er hatte auch nur zur Hälfte recht. Die andere Hälfte kam auf das Konto der Demagogen seiner eigenen Hautfarbe, die immer von Neuem auf wühlten, was geschehen war.
»Warum habt ihr uns überfallen?«
»Sieh in einen Spiegel, und du weißt es!«
»Ich glaube, dass irgendwer euch befohlen hat, euch an unsere Fersen zu heften.«
Er reagierte auf die Frage nicht.
»Wer waren die Männer, die uns in den Weg traten?«
»Keine Ahnung! Sicher waren es Leute, die es euch besorgen wollten, aber dann überließen sie uns das Vergnügen. Das war mächtig anständig von ihnen.«
Bestimmt log der Junge. So groß New York ist, so kennen sich doch die Bewohner der einzelnen Straßenzüge untereinander so gut, wie die Einwohner eines Dorfes sich kennen, und die Männer in der 139th Street stammten so gut aus diesem Bezirk wie die Boys.
Ich trat noch dichter an den Burschen heran.
»Rauchst du hin und wieder Marihuana?«, fragte ich.
Etwas wie Unsicherheit malte sich in seinem Gesicht. Noch einmal versuchte er es mit Frechheit.
»Ich weiß nicht einmal, was das ist.«
»Das Zeug ist teuer. Wie viel Zigaretten sind euch für den Überfall versprochen worden?«
Er starrte mich wortlos an.
Ich wandte mich ab und sagte nebenbei: »Deine Freunde werden das Zeug genießen, und sie werden deine Zigaretten mitrauchen.«
Sein Seitenblick belehrte mich, dass der Hieb saß. Ich habe oft genug Rauschgifthändler gejagt und kenne ihre Methoden, und die Methoden sind bei Heroin, Koks, Morphium und Marihuana die gleichen.
Die erste Prise, die erste Pfeife oder bei Marihuana die erste Zigarette werden verschenkt, vielleicht auch noch die zweite. Das genügt in der Regel, in dem Opfer den Geschmack an dem Zeug zu wecken. Die dritte Zigarette wird noch relativ billig verkauft. Von da an steigen die Preise, je abhängiger das Opfer von dem Gift wird.
Rauschgifthändler müssen sich ihren Abnehmerkreis erst schaffen. Von Natur aus ist niemand verrückt auf das Zeug. Die Giftverkäufer unterscheiden zwei Kreise von Kunden. Zum ersten, größeren Kreis gehören die Süchtigen, die über Geld verfügen. Sie müssen, einmal süchtig geworden, die Zigaretten und die
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