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0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn

0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn

Titel: 0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Höllenfahrt um null Uhr zehn
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Pferdefuhrwerk und zwei Dutzend Kannen gemächlich die Straße hinabklapperte. »Können Sie mir sagen…?« fragte ich.
    »Ach, Sie meinen Mischa!« erwiderte der Milchmann. »Sagen Sie ruhig Mischa! So nennen ihn alle im Dorf. Die richtigen Amerikaner können seinen vollen Namen doch nicht aussprechen. Sehen Sie da drüben das kleine Haus mit der langen Veranda? Ja, das mit dem grünen Giebel. Da wohnt er.«
    »Vielen Dank, Mister«, erwiderte ich und tippte mit dem Zeigefinger an meinen Hut.
    An der Haustür gab es gleich zwei Schilder mit dem Namen des Arztes und den offiziellen Sprechstunden. Das eine Schild konnte ich lesen, das andere nicht, denn es war mit kyrillischen Buchstaben gemalt.
    Ich verglich die Uhrzeit mit den angegebenen Sprechstunden und kam zu dem Ergebnis, daß ich als Patient eine gute Stunde zu spät gekommen wäre.
    Nach kurzer Zeit öffnete ein adrettes Mädchen von etwa 17 Jahren die Tür. Sie trug einen weißen Kittel und gab sich Mühe, ein entsprechend würdiges Gesicht zu machen.
    »Guten Tag«, sagte ich. »Ich möchte gern zum Arzt.«
    »Tut mir leid, Sir«, erwiderte das Mädchen. »Doc Mischa besucht gerade Patienten. Er wird kaum vor zwei oder drei Stunden zurückkommen.«
    »Oh«, murmelte ich enttäuscht. Nach kurzem Nachdenken fügte ich hinzu: »Könnte ich vielleicht seine Frau spre-. chen? Mein Name ist Cotton. Es ist wichtig für mich.«
    Ich brach ab, weil sie kicherte. Was zum Henker fand sie eigentlich so komisch? »Aber es gibt doch gar keine Frau«, sagte das Mädchen endlich, als sie ihre Heiterkeit überwunden hatte. »Doc Mischa ist nicht verheiratet und war nie verheiratet.«
    »Er hat doch gestern früh gesagt…« brummte ich verständnislos und wußte selber nicht, wie ich es dem Mädchen klarmachen sollte.
    Sie winkte ab. »Jaja, das weiß ich schon. Im Dorf wissen das alle. Er hat einen kleinen Spleen. Überall erzählt er von seiner Frau. Die Leute haben sich schon daran gewöhnt und gehen darauf ein, als ob es wirklich eine Mrs. Mischa gäbe. Sonst ist er nämlich ganz vernünftig, und außerdem ist er ein sehr guter Arzt.«
    »So so«, sagte ich. »Naja, das interessiert mich eigentlich auch gar nicht weiter. Sie sind sicherlich seine Sprechstundenhilfe, nicht wahr?«
    »Ja, Sir.«
    »Sagen Sie, hat er Ihnen heute morgen nicht irgendeinen Untersuchungsbefund in die Schreibmaschine diktiert? Er wollte es schon gestern tun, aber da war ja Sonntag.«
    Das Mädchen riß die Augen auf. »Oh! Meinen Sie den Befund Dean Horace?«
    »Ja. Ich brauche das Protokoll. Ich bin der FBI-Beamte, der Horace verhaftet hat.«
    Das Mädchen starrte mich an. Dabei stand ihr Mund halb offen, und ihre Zungenspitze fuhr aufgeregt von einem Mundwinkel zum anderen.
    »Also, wie ist das nun?« sagte ich streng. »Haben Sie das Protokoll oder nicht?« Sie erschrak sichtlich. Wahrscheinlich hielt sie Männer, die Mörder und andere Leute verhaften, selber für reichlich fragwürdige Burschen.
    »Einen Augenblick, Sir!« rief sie hastig aus. »Ich bringe Ihnen den Befund.« Sie verschwand und war in kurzer Zeit schon mit einem Umschlag zurück, auf dem der Name des Sheriffs stand.
    Als ich ins Office zurückkam, hockte Plachnow zufrieden mit seiner riesigen Pfeife im Mund auf einem Stuhl und nebelte sich erfolgreich ein. »Wissen Sie, was passiert ist, Cotton?« erdröhnte sein Baß aus den Rauchschwaden heraus.
    »Nein, ich habe keine Ahnung«, erwiderte ich. »Hoffentlich etwas Gutes.«
    »O ja«, behauptete er. »Styra Morreece ist angekommen.«
    »Ach nein!« sagte ich. »Wer ist denn das?«
    Er fuhr in die Höhe. Plachnows Gesicht zeigte, daß er beinahe beleidigt war. »Sie ist in Hollywood!« trompetete er. »Und sie hat auch schon in einem Film mitgespielt! Das Mädchen stammt aus unserem Dorf. Sie wird ein Star werden, Cotton! Sie sollten sie mal sehen! Sie ist die schönste Frau, die es gibt!«
    Phil räusperte sich und warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu. Ich seufzte hörbar, aber das machte auf Plachnow keinen Eindruck. Eine halbe Ewigkeit erzählte er von dem Mädchen mit dem unmöglichen Namen. Sie müßte jetzt ungefähr 18 sein, flocht er zwischendurch ein.
    Es kostete mich einige Mühe, Plachnows Redeschwall zu stoppen. Wir drückten ihm die Akte Horace in die Hand, sagten ihm, daß Phil mit dem Bezirksgericht telefoniert habe und daß noch am selben Nachmittag zwei Wärter Horace und die Akte abholen würden. Darauf verließen wir fluchtartig das Office des

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