0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn
Hintergrund seines Büros aufgebaut hatte.
Well, wir fuhren von Posten zu Posten, von Sperre zu Sperre und beobachteten überall eine Minute lang den Ablauf der Ereignisse. Kraftfahrzeuge kamen und wurden gestoppt. Während man ihre Papiere prüfte, notierte ein anderer Nummer und Uhrzeit in der Liste, die auf Phils Einfall zurückging. In Stephans Office türmten sich bereits diese Listen.
Es geschah nichts Bemerkenswertes in dieser Nacht, und so konnten wir uns gegen drei endlich ein paar Stunden Schlaf gönnen. Am nächsten Morgen brausten wir nach einem raschen Frühstück los, um uns den nächsten Cadillac anzusehen.
Es handelte sich um ein Modell aus dem Jahre 56, also um einen verhältnismäßig alten Schlitten. Er gehörte dem Wardsworth-Hotel in Beary City. Trotz des imponierend klingenden Namens war Beary City nur ein Dorf von knapp 1000 Einwohnern. Es wunderte mich, daß es dort überhaupt ein Hotel gab. Aber es gab außerdem noch ganz andere Sachen dort, das sollten wir bald erfahren…
***
In Beary City waren es ein paar kleine Fabriken, die zwischen 20 und 80 Menschen beschäftigten. Fast alle Arbeiter besaßen nebenbei ein Stück Land, auf dem sie Getreide oder Kartoffeln anbauten. Im Sommer vermieteten sie ihre Zimmer an erholungsuchende Großstädter.
Das einzige Hotel im Ort gehörte einem gewissen Ray Norton, wie uns der Sheriff mitteilte. Wir erkundigten uns nach den Verhältnissen, in denen Norton lebte. Nach den Auskünften handelte es sich um einen 50jährigen Witwer, der anspruchslos seiner täglichen Arbeit lebte.
»Er hat einen Cadillac?« warf ich wie nebensächlich ein.
»Ja, ein altes Modell. Er hätte ihn niemals gekauft. Aber eines Tages hatte er einen Hotelgast, einen windigen Bruder, der über Nacht verschwand, ohne die Rechnung zu bezahlen. Da er kein Benzin mehr im Tank hatte, mußte er den Wagen stehenlassen. Well, Norton meldete die Geschichte der Polizei. 14 Tage später bekam er Bescheid, daß der Mann verhaftet worden war und wegen Betrugs in mehreren Fällen vor Gericht gestellt würde. Norton fuhr hin und sprach mit ihm. Da kein Geld von ihm zu holen war, schlug Norton vor, ihm den Wagen zu übereignen. Der Mann konnte mit dem Auto nichts anfangen, da er ja doch ins Gefängnis mußte. Die Übereignung kam zustande. Norton zog daraufhin seine Anzeige zurück und war plötzlich Besitzer eines Cadillacs geworden. Er versuchte, den Karren zu verkaufen. Aber dickfellig wie er ist, wollte er ihn keinen Cent unter der Rechnung abgeben, die sein früherer Besitzer bei ihm nicht bezahlt hatte. Deshalb sitzt er heute noch auf dem Schlitten. Jetzt hat er natürlich überhaupt keine Aussicht mehr, den Wagen zu verkaufen. Inzwischen sind schon ein paar Jahre vergangen und der Wagen ist dadurch nicht wertvoller geworden.«
»Fährt Norton oft damit spazieren?« fragte Phil.
»Überhaupt nicht. Er hat gar keine Zeit dazu. Jacksmith, das ist der Maler in unserem Dorf, mußte ihm ein Schild malen: Cadillac zu vermieten. Das hat er in seiner Gaststube aufgehängt. Ab und zu holt sich schon mal ein junger Bursche den Wagen für ein Wochenende. Die jungen Leute von heute sind ja ganz verrückt nach Autos.«
Ich holte die Zigaretten hervor und bot an. »Hören Sie, Sheriff!« sagte ich. »Würden Sie uns einen Gefallen tun?«
»Wenn ich kann. Worum geht’s denn?«
»Wir suchen den Fahrer eines schwarzen Cadillacs, wahrscheinlich älteres Modell, der in der Nacht zum Sonntag in Harrisburg war. Können Sie diesem Norton mal unauffällig auf den Zahn fühlen, ob er den Wagen an diesem Tage verliehen hatte? Falls ja, an wen!«
»Das läßt sich leicht machen. Wollen Sie hier im Office auf mich warten? Ich brauche nur schräg über die Straße zu gehen. Da drüben liegt ja das Hotel!«
Er zeigte auf ein Gebäude, das vermutlich das größte in Beary City war. Vor dem ersten Stockwerk lief ein breiter Balkon entlang, der über die ganze Seite des Hauses reichte und von vier Säulen getragen wurde. An der Balustrade des Balkons war eine große Hotelreklame angebracht.
»Okay«, sagte ich. »Wir warten hier. Aber machen Sie keinen großen Wirbel um die Sache!«
»Keine Angst. Ich regle das ganz freundschaftlich von Mann zu Mann.« Wir hockten fast eine Stunde im Büro des Sheriffs von Beary City. Einmal kam ein Briefträger herein, sah uns flüchtig an, murmelte einen Gruß und warf einen Stapel Post, Briefe, Drucksachen, Zeitungen und zwei kleine Päckchen, auf den Schreibtisch des
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