0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn
er ein Pärchen irgendwie in eine stillgelegte Kiesgrube gelockt und dort umgebracht. Es gibt eine große Menge von Fragen, ähnlich wie bei den anderen Morden: Wieso ist ihm das Pärchen willig bei Nacht in diese Kiesgrube gefolgt, obgleich doch die ganze Bevölkerung gewarnt ist? Wieso hat es der Mörder fertiggebracht, keine Fußspuren zu hinterlassen, obgleich der Boden ziemlich weich ist? Praktisch tappen wir noch genauso im dunkeln wie am Anfang des Falles. Einen einzigen Lichtblick hat dieser neue Fall mit sich gebracht.«
»Schießen Sie los, Cotton! Ich bin gespannt!«
»Der Waldhüter ist zufällig in dieser Nacht unterwegs gewesen. Er sah unweit der Kiesgrube einen schwarzen Cadillac. Leider hat er sich die Nummer nicht gemerkt. Aber es war eine Nummer aus Pennsylvanien. Jetzt hängt es von Ihnen ab, Mooley, wieviel wir mit diese Angabe anfangen können.«
»Innerhalb von 24 Stunden, Cotton, beschaffe ich Ihnen die Liste aller schwarzen, blauen und sonstwie dunklen Cadillacs aus Pennsylvanien. Und wenn ich selber von einer Dienststelle zur anderen laufen und die Nummern und Besitzer aus den Karteien herausschreiben müßte.«
»Danke, Mooley, das war es für heute.«
»So long, Cotton! Halten Sie die Ohren steif! Eine Spur ist doch immerhin jetzt da.«
»Ja, zum Glück! Bye-bye!« Ich legte den Hörer auf.
Der Commissioner grinste.
»Daß eure hohen Herren sogar sonntags im Hauptquartier sitzen, überrascht mich, Cotton!«
»Das liegt an den Gangstern«, knurrte ich. »Die Burschen haben leider das freie Wochenende noch nicht eingeführt.«
***
Gegen sechs Uhr abends brachen wir auf nach Hershey, wo wir für die Dauer dieser Aktion unser Quartier im Büro des Sheriffs aufgeschlagen hatten. Er war ein Mann in mittleren Jahren mit den verwitterten Gesichtszügen, die vom häufigen Aufenthalt unter freiem Himmel zeugen.
Er hörte auf den Namen Bloyd Stephan und war Amerikaner geworden, nachdem er während des Krieges als englischer Luftwaffenoffizier für irgendwelche Schulungszwecke in die Staaten gekommen und sich hier in ein Mädchen verliebt hatte. Aus dem Mädchen war inzwischen eine beleibte Dame von gut 40 Jahren geworden. Ihre Spezialität bestand darin, die besten Kuchen weit und breit zu backen.
Als wir das Sheriff’s Office betraten, hockte Stephan vor seinem Schreibtisch, hatte den Kopf in beide Hände gestützt und las anscheinend konzentriert in irgendeinem Aktenstück. Aber dann merkten wir, daß er schlief.
Wir weckten ihn.
»Holla!« gähnte er. »Bin eingeschlafen. Wie spät haben wir es denn?«
»Gleich sieben Uhr. Seit wann sitzen Sie denn schon hier?«
»Seit heute früh, war nur schnell zum Essen zu Hause. Ich konnte doch nicht wissen, ob Sie nicht vielleicht anrufen würden!«
Wir fühlten uns schon ziemlich heimisch in seinem Büro. Das zeigte sich daran, daß Phil sich sofort sehr ortskundig damit beschäftigte, alle notwendigen Utensilien zusammenzusuchen, die man brauchte, um einen steifen Kaffee zu brauen. Bald zog der aromatische Duft durch das kleine Büro. Ich erzählte Stephan unterdessen unsere Erlebnisse.
Er hörte aufmerksam zu, nickte ein paarmal und sagte zum Schluß: »Das Mädchen haben sie unterdessen schon identifiziert. Es handelt sich um Ruth Walters, hier aus Hershey. Ein nettes Mädel, noch keine 20 Jahre alt. Sie ist schon seit zwei Jahren mit Edwards gegangen. Es war kein Geheimnis, daß die beiden heiraten würden, sobald Edwards mit seinem Studium fertig war. Ich verstehe nicht, wieso er sich von dem Mörder in diese Kiesgrube locken ließ. Robert war ein intelligenter Junge. Wie konnte er nur auf den Kerl hereinfallen?«
»Tja, wie konnte er?« murmelte ich. »Das fragen wir uns jetzt schon das vierte Mal, Sheriff. Viermal sind Liebespärchen diesem Kerl auf den Leim gegangen. Er muß etwas Faszinierendes an sich haben.«
Phil schob sich zwischen mich und Stephan, indem er die Kaffeetassen auf den Schreibtisch stellte. »Laßt dieses nutzlose Diskutieren!« sagte er. »Trinkt Kaffee und gebt euch Mühe, wach zu werden! In einer Stunde müssen wir wieder abfahren, um die Sperren zu kontrollieren und selber einen Posten zu beziehen. Wenn das so weitergeht, nehme ich noch um die Hälfte ab.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir werden heute nicht rausfahren, Phil. Es muß mal eine Nacht ohne uns gehen. Morgen werden im Laufe des Tages die Meldungen wegen der Cadillacs eingehen. Wir müssen jeden einzelnen Wagen überprüfen. Das wird uns viel
Weitere Kostenlose Bücher