0187 - Mannequins mit Mörderaugen
Sicherheit.
»Kommt nur«, flüsterte er. »Kommt her, ihr kleinen Bestien, ich werde euch schon geben, was euch zusteht.« Er lachte hart, und seine Blicke gingen dabei auf Wanderschaft.
An Violetta Valeri blieben sie hängen. Das schwarzhaarige Mannequin hatte die Lippen zu einem Lächeln verzogen.
Normalerweise hätte sich der Reporter davon angezogen gefühlt, doch jetzt sah er zum erstenmal die Zähne des Girls.
Sie waren lang und spitz, nicht normal. Es waren die Zähne eines Vampirs.
Jacques Deverell kicherte. Es hörte sich irr an. Er schüttelte den Kopf, und seine Augen zeigten plötzlich einen seltsamen Glanz. Natürlich hatte er schon von Vampiren gehört oder gelesen. Für ihn existierten diese Geschöpfe jedoch nur in Romanen, doch als er Violetta anschaute, da glaubte er, seinen Augen nicht trauen zu können.
Sie trug kein Gebiß, wie man es in einem Scherzartikel-Laden kaufen konnte, diese Zähne waren echt.
Es sollte noch schlimmer kommen.
Corinna Camacho, die neben Violetta stand, begann sich ebenfalls zu verwandeln. Der Reporter schaute mit großen Augen zu, wie sich ihre Haut veränderte. Sie nahm eine dunkle Tönung an, gleichzeitig sprossen Haare. Dunkle Haare, obwohl sie selbst eine rotblonde Frisur hatte. Innerhalb von Sekunden wuchsen sie und verdichteten sich zu einem Pelz, wie ihn Deverell von den Wölfen Sibiriens her kannte, als er über das Land dort eine Reportage geschrieben hatte.
Auch das Gesicht veränderte sich. Der Mund verformte sich zu einer Schnauze, die Zahnreihen wurden kräftiger, ein regelrechtes Fanggebiß entstand, und statt der Arme hatte das Mädchen plötzlich Pfoten mit Krallen.
Es war ein Anblick, der den abgebrühten Reporter bis ins Mark erschütterte.
Auf einmal begriff er, weshalb man die Mädchen von der Öffentlichkeit ferngehalten hatte. Sie waren Monster, keine Menschen mehr, sondern schlimmer als Tiere.
Blieben noch Angie Hall und Karin Bergmann.
Angie verwandelte sich nicht weiter. Ihre Augen wurden nur leicht verdreht, der Blick nahm eine Starre an, wie Deverell sie noch nie gesehen hatte.
Höchstens bei Toten und dann auch noch irgendwie anders.
Und da war Karin Bergmann.
Mit ihr geschah etwas, das Deverell auch nicht verstand. Sie trug zwar noch das lange helle Kleid, aber ihr Körper quoll auf. Zuerst zuckte das Gesicht, aus den Poren der Haut quollen dicke Tropfen, die zu Schleim wurden, am Gesicht entlangrannen, sich vereinigten, kleben blieben und das Gesicht mit einer dicken Glasur überzogen.
Über den gesamten Körper pflanzte sich diese Verwandlung fort, aus festem Fleisch wurde ein schleimiges, widerliches Gebilde, das hin- und herschwappte, wabbelte, sich bewegte, tropfte, lief, wieder aufeinandertraf und sich somit vereinigte.
Schaurig war die ehemalige Karin Bergmann anzusehen. Der Mund war zu einem Rachen geworden, zu einer klaffenden Höhle, aus der seltsame Schmatzlaute drangen.
Jacques Deverell hatte noch nie etwas von Ghouls gehört. Doch in diesem Raum stand ihm ein weiblicher Ghoul gegenüber.
Ein Schleimmonster, das sich von den Toten ernährte und somit seine Existenz garantierte.
Der Reporter schüttelte den Kopf. Er konnte es einfach nicht fassen, und plötzlich kam ihm der Schürhaken in seiner Hand direkt lächerlich vor.
Konnte er wirklich damit etwas anfangen?
»Was, zum Henker, wollt ihr?«
Krächzend drangen die Worte über seine Lippen.
Die Antwort gab Violetta Valeri. »Dich töten!«
»Warum?«
Da lachten alle vier. »Du hast unser Geheimnis gelüftet. Du warst zu neugierig. Zudem haben wir in dir einen Feind der Mordliga erkannt. Und Feinde müssen sterben!«
Was sagte die Valeri da? Mordliga? Er ein Feind der Mordliga?
Deverell verstand nicht. Für einen Moment kehrte seine alte Sicherheit zurück. »Tut mir leid, aber ich habe nie etwas von einer Mordliga gehört. Wirklich nicht.«
»Das kannst du uns nicht erzählen.«
»Doch, verdammt, ich wollte euch nur interviewen. Versteht mich denn keine?«
»Nein!« Nach diesem Wort schaute die Vampirin ihre Horror-Schwestern an.
Die nickten sich zu.
Das war das Zeichen.
Gemeinsam setzten sie sich in Bewegung, aber sie trennten sich, so daß sie den Reporter in die Zange nehmen konnten.
Jacques Deverell schaute sich hastig um. Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg. Er krallte die linke Hand um den Griff des Schürhakens, saugte tief die Luft ein und verengte die Augen zu schmalen Sicheln. Sie sollten nur kommen, ja, er würde ihnen den
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