0189 - Am Schreckensfluß
Aufstand hatte er schon fast wieder verdrängt.
Er mußte Asmodis aufspüren und endgültig vernichten. Der Ex-Fürst würde sonst keine Ruhe geben.
***
Kerr lief hinter Byanca her. Obgleich sie ihn auf magische Weise mit neuer Kraft versehen hatte, kam er langsam wieder außer Atem. Byanca legte ein unglaubliches Tempo vor, während sie den Berg hinaufeilte. Sie kannte offenbar keinen anderen Daseinszweck mehr, als in die Burg zu kommen und Damon gegenüberzutreten - beziehungsweise ihm in dem offenbar stattfindenden Kampf zu helfen.
Sie achtete dabei auf nichts mehr, und so fiel zunächst nur Kerr auf, daß das grünliche Flimmern um die schwarze Burg herum erlosch. Der Kampf war vorüber. Irgend jemand hatte ihn gewonnen, und jetzt herrschte absolute Stille.
Kerr wußte nicht genau, wieviel Zeit verstrichen war, seit sie von unten losgelaufen waren. Aber seine Lungen stachen von der Anstrengung. Sie befanden sich jetzt knapp unter dem düsteren Gemäuer. Je mehr Kerr sich Caerdamon näherte, um so stärker wurde in ihm der Eindruck, daß es sich um ein gewaltiges Ungeheuer handelte, das dort lauerte und in wenigen Augenblicken das gefräßige Maul öffnen würde, um Byanca und ihn zu verschlingen.
Er fühlte sich von der schwarzen Burg körperlich bedroht.
»Byanca…!« rief er. Doch sie hörte nicht auf ihn. Sie blieb nicht stehen. Wohl etwas langsamer als zuvor, setzte sie ihren Weg immer noch fort.
Plötzlich klaffte in der Mauer ein riesiges Loch.
Das Maul des Ungeheuers! durchfuhr es Kerr. »Warte!« schrie er der Halbgöttin zu und spurtete noch einmal bergan.
Schritt für Schritt näherte sie sich der Öffnung.
Er tauchte hinter ihr auf, griff nach ihrer Schulter. »Warte«, keuchte er. »Das ist eine Falle!«
Zum ersten Mal hatte er sie geduzt, aber es fiel ihm nicht einmal auf. Er wollte sie von der schwarzen Öffnung zurückreißen, die sie in diesem Augenblick erreichte.
Aber da griff ein unwiderstehlicher Sog nach ihnen und riß sie beide in das Loch hinein. Die Schwärze umgab sie sofort, schloß sie ein. Hinter ihnen verschwand das Loch in der Burgmauer.
Das Maul des Ungeheuers hatte sich geschlossen.
Begann jetzt der Verdauungsprozeß?
***
Auf Zamorras Stirn bildete sich eine steile Falte. Er konnte zwar nicht über die Kante des Steilufers sehen, aber er war sicher, daß Nicole noch lebte. Sonst hätten die Dämonendiener, die Schwarzen des ORTHOS, wie der Karawanenbesitzer Tane Carru sie genannt hatte, diesen ungastlichen Ort längst wieder verlassen.
Er sah die Köpfe der Schamanen im Hintergrund. Eine Witch und eine Hexe standen direkt an der Uferkante, und zwei Krieger waren damit beschäftigt, blutige Fleischklumpen ins Wasser zu schleudern. Sie sahen Zamorra und begannen ihn aus der Ferne zu verhöhnen.
Der Meister des Übersinnlichen ballte die Fäuste.
Sie fütterten die Krokodile an - oder sie wollten es zumindest! In der Tat bewegten sich plötzlich zwei der »Baumstämme«, watschelten mit behäbigen Bewegungen und dennoch unglaublich schnell zum Wasser und ließen sich hineingleiten. Aber die Strömung trieb die Fleischbrocken zu rasch ab, und die beiden Krokodile folgten ihnen flußabwärts.
Aber zumindest waren die restlichen Tiere aufmerksam geworden. Manch ein Krokodilsauge richtete sich schwach interessiert auf das Steilufer.
Zamorra erkannte die Absicht seiner Gegner.
Sie wollten Nicole den Krokodilen zum Fraß vorwerfen!
Hinüber konnte er nicht, dessen war er sich sicher. Es gab nur noch eine Möglichkeit.
Er mußte Nicole im Wasser aufnehmen. Es war die letzte Chance, die sich ihr und ihm bot.
Er wußte genau, auf was er sich dabei einließ. Die Krokodile waren groß und nicht zu unterschätzen, und er durfte nicht darauf hoffen, daß sein Silberanzug ihn abermals schützte. Sein Kopf und die Hände waren davon nicht umhüllt und demzufolge sehr, sehr verletzlich. Und den spitzen Zähnen der Riesenreptile traute er ohne weiteres zu, daß sie sich in dem Overall festhakten und ihn aufschnitten wie eine Konservendose.
Dennoch mußte er es riskieren.
Wie ein Schatten verschwand er wieder zwischen den Pflanzen des Dschungelrandes, von Mücken umschwirrt.
***
»Wir waren allesamt Narren«, knurrte Asmodis, als Sarkana und er an einer Stelle nahe der englischen Ostküste wieder materialisierten. Asmodis fühlte sich etwas erschöpft. Derartige Gewaltmanöver wie die Flucht in Form des Blitzes war er nicht gewöhnt und hatte sie in seiner gesamten
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