019 - Der Sarg des Vampirs
Beinen, die Hände selbstbewusst in
die Hüften gestemmt. Die Zigeunerin wandte sich ab und ging auf Sanchos zu.
Während sie ihm die Augen verband, blieb der Spanier vollkommen ruhig. Dann
löste sie ihm die Handfesseln.
Ein Zigeuner kündigte den Kampf an. »Jeder hat – abwechselnd – einen Wurf
frei. Zwanzig Messer stehen jedem zur Verfügung.«
»Das ist ein unfairer Kampf«, rief Larry. » Fathos ist ein geübter Messerwerfer, Sanchos nicht.«
»Ich verstehe mit dem Messer umzugehen, Señor Brent«, entgegnete Sanchos,
noch ehe ein anderer eine Bemerkung machen konnte.
»Gegen ihn sind Sie im Nachteil. Nehmt mich für den Kampf! Lasst Sanchos
laufen!« Auf Larrys Gesicht lag ein entschlossener Ausdruck. Die schöne
Zigeunerin musterte ihn mit einem leisen Lächeln. X-RAY-3 bemerkte es nicht.
»Warum sich vordrängen, Señor?«, ertönte da eine Stimme.
Es war Sarkom, der Vampir! Der Mann, den Larry tot im Sarg hatte liegen
sehen.
»Sie kommen auch noch dran«, fuhr Sarkom mit ruhiger, dunkler Stimme fort.
Larry schluckte, als sich die Blicke der beiden Männer begegneten. Dann zog
sich Sarkom wortlos in den Schutz eines Wohnwagens zurück.
Der PSA-Agent hatte die Reaktion der Zigeuner sehr genau beobachtet. Einige
reagierten scheu und beinahe ehrfürchtig auf Sarkoms Auftauchen. Andere nahmen
es als Selbstverständlichkeit hin. Einige Männer schienen sogar darauf gefasst
gewesen zu sein.
Er versuchte, dieses Phänomen zu deuten. Doch das Rätsel um den Mann, der
angeblich seit dem Jahre 1777 in regelmäßigen Abständen von siebenunddreißig
Jahren wiederkehrte, blieb unverändert groß.
Die Szene, die sich nun abspielte, war makaber.
Da standen sich zwei Männer mit verbundenen Augen gegenüber, und in ihren
breiten Ledergürteln steckten die todbringenden Messer.
»Er hat den ersten Wurf«, schlug Fathos vor. Er
war sich seiner Sache völlig sicher. Offenbar war es nicht das erste Duell
dieser Art, das er schadlos überstanden hatte.
Sanchos tastete seinen Gürtel ab und zog eines der Messer heraus. Es hatte
einen schmalen eisernen Griff, die Schneide war breit und scharf. Der Spanier
wich zwei Schritte zurück, bis er die feste Bretterwand in seinem Rücken
spürte.
Die Aufmerksamkeit der Zigeuner war auf das zu erwartende schaurige Spiel
gerichtet, und so riss und zerrte Larry an seinen Fesseln.
Blitzschnell warf Sanchos. Er zielte in die Richtung, in der er vor wenigen
Augenblicken noch Fathos hatte stehen sehen, bevor
man ihm die Augen verbunden hatte. Das Messer verfehlte ihn um über einen
Meter, traf die Bretterwand, blieb aber nicht stecken. Fathos reagierte im Bruchteil eines Augenblicks. Seine Hand zuckte in die Höhe, der
blitzende Stahl teilte die Luft. Die Spitze des Messers steckte federnd in der
Bretterwand hinter Sanchos, nur knapp zwei Finger breit von seiner Schulter
entfernt.
Der Spanier zuckte zusammen, fühlte noch den Luftzug neben seinem Gesicht.
Schweiß perlte auf seiner Stirn und wurde von dem schwarzen Tuch um seine Augen
aufgesaugt. Sanchos wechselte die Stellung, ging auf Zehenspitzen drei Schritte
nach links, bemüht, nicht das geringste Geräusch zu verursachen.
Es herrschte Totenstille. Die Menschen, die Zeuge dieses merkwürdigen
Duells wurden, hielten den Atem an.
Auch Fathos wechselte die Stellung und ging nach
rechts. Das nächste Messer, das Sanchos davon schleuderte, blieb im Sand
stecken. Auch Fathos verfehlte seinen Gegner um über
einen Meter.
Während der ersten sechs, sieben Messerwürfe schienen sich die beiden
Männer nur abzutasten, um die Reaktionen zu erfahren. Sie achteten auf jedes
noch so kleine Geräusch und reagierten sofort.
Sanchos stellte sich auf das unheimliche Spiel, das man ihm abverlangte, verhältnismäßig
gut ein, obwohl er, das wurde jedem klar, gegen den klugen und geschickt
rochierenden Fathos nicht die geringste Chance hatte.
Aus den Bemerkungen des Zigeuners, der bei ihm im Wagen gewesen war, wusste
X-RAY-3, dass der Messerkampf bis zum bitteren Ende ausgetragen wurde. Was aber
geschah, wenn Fathos das Opfer werden sollte? Damit
rechnete wohl niemand.
Mit einem Mal ging alles blitzschnell.
Fathos ' Messer zischte durch die Luft. Sanchos hatte nicht rechtzeitig genug
seinen Platz gewechselt. Die Spitze des Wurfgeschosses nagelte Sanchos' Hemd in
Höhe des Oberarmes fest an die Bretterwand. Fathos '
Gehör war derart geschult, dass er das leise, zerreißende Geräusch des Stoffes
wahrnahm und sofort nachzog. Ob das
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