019 - Der Sarg des Vampirs
den Regeln in diesem mehr als merkwürdigem
Spiel entsprach, wusste Larry nicht. Moralisch war das alles jedenfalls sowieso
verwerflich. Das erste Messer nagelte den mutigen Spanier kaum an die Bretterwand,
als Fathos ' zweites schon folgte.
Es traf Sanchos mitten in die Brust!
»Mord«, murmelte Larry Brent. »Das ist glatter Mord!« Der Schweiß lief ihm
in Strömen über das Gesicht. Er konnte nicht fassen, dass dies vor seinen Augen
passiert war, ohne dass er dabei auch nur das Geringste hätte tun können. Er
war nicht einmal in der Lage, seinen PSA-Ring in Aktion zu setzen. Die Hände
waren ihm mit Gewalt auf dem Rücken zusammengeschnürt worden, so dass er kaum
noch ein Gefühl in den Fingern hatte.
Sarkom löste sich aus dem Schatten eines Wohnwagens.
»Eine teure Rechnung, die Sie zu begleichen haben«, murmelte Larry.
»Francesca, Irene und jetzt Sanchos!«
Sarkom lachte sarkastisch. Die überlangen Eckzähne wurden sichtbar. »Sie
vergessen den Diener des Herzogs de Avilla , Señor
Brent! Und Sie vergessen die Opfer, die viele Jahre und Jahrzehnte zuvor in
meine Hände fielen! Eine lange Liste, viele Namen und das alles wollen Sie noch
aufklären? Wie, Señor Brent? Sie sind nicht einmal in der Lage, das nächste Opfer
zu schützen, eine Person, die Ihnen möglicherweise sehr nahesteht: Estelle de Avilla . Ich werde ins Hotel Esplanade fahren, während Sie in dem alten Wagen dort drüben warten
dürfen. Ich werde mich später um Sie kümmern!«
Sarkom verschwand in der Dunkelheit. Starke Hände zerrten X-RAY-3 in die
Höhe. Die schöne Zigeunerin stand regungslos da und blickte ihm nach.
●
Roh wurde Larry Brent in eine dunkle Ecke zwischen Stoffballen und Teppiche
geworfen, ohne dass man sich noch weiter um ihn kümmerte, nachdem man noch
seine Fesseln überprüfte. Es wurde wieder stockfinster um ihn, die Wagentür
klappte und wurde von außen verriegelt.
Larry versäumte keine Sekunde, sofort wieder mit der Lockerung seiner
Fesseln fortzufahren, obwohl er bisher nicht den geringsten Erfolg erzielt
hatte. Doch ein Agent der PSA gab niemals auf.
Minuten vergingen.
Larry Brent spannte seine Muskeln an, lockerte sie wieder und versuchte die
Nylonschnüre zu dehnen. Hier musste er raus, denn nur er war es, der jetzt noch
weiteres Grauen verhindern konnte! Er biss die Zähne zusammen, denn die Zeit
drängte. Irgendetwas musste geschehen. Selbst wenn es ihm nicht gelingen
sollte, von hier zu entkommen, musste sich wenigstens eine Möglichkeit ergeben,
den Ring zu betätigen, damit X-RAY-1 aufgrund der Meldung sofort neu
disponieren konnte.
Das war im Augenblick die einzige Möglichkeit, die Larry noch sah. Schon
ließ sich sein linkes Handgelenk innerhalb der Fessel leichter drehen. Wenn es
ihm jetzt noch gelang, den winzigen Kontaktknopf unterhalb der erhabenen
Weltkugel zu erwischen, dann hatte er schon wieder einen Vorteil. Er musste
sich dann nur noch bemühen, seinen Arm so weit wie möglich nach vorn um die
Hüfte herum zu bringen, damit er in das winzige Mikrofon sprechen konnte.
Da hörte er Schritte vor dem Wagen, die hölzernen Stufen knarrten leise –
dann war wieder Stille. Larry hielt den Atem an. Er konnte seine linke Hand
drehen, ohne dass die Fesseln weiter in die Haut schnitten.
Der Riegel wurde leise zurückgeschoben. Knarzend öffnete sich die Tür und
wurde sofort wieder geschlossen. Jemand näherte sich im Dunkeln. Ein exotischer
Duft erfüllte den Raum – das Parfüm einer rassigen Frau, selten und kostbar.
Ein Streichholz flammte auf – vor ihm stand die schöne Zigeunerin.
Ihr faszinierendes Gesicht war nur eine Handbreit von ihm entfernt. Der
Amerikaner starrte in die schwarzen Augen, in denen sich die sterbende
Streichholzflamme spiegelte, sah die feuchten, verführerischen Lippen und
vergaß die Umgebung, in der er sich befand. Die Nähe der Fremden und der Duft
ihres Parfüms bezauberten ihn.
Was machte sie hier?, wollte er fragen, doch er las die Antwort in ihren
Augen. Und er erschrak über das, was er darin zu erkennen glaubte.
Das Streichholz erlosch.
Dann fühlte er die weichen Hände, die sich um seine Armgelenke legten und
spürte, wie sie zusammenzuckte, als sie das klebrige Blut auf seinen Gelenken
und den Fingern fühlte.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie kaum hörbar. »Ich konnte nicht schon
früher etwas für Sie tun. Auch um Ihren Freund tut es mir leid. Es ist
schrecklich.«
Ein rascher Schnitt und die Fesseln an den Armgelenken
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