0193 - Ich heulte mit den Wölfen
Viertelstunde später mit einem großen Handkoffer weggegangen.
»Elender Dreck«, schimpfte ich. »Ich bin überzeugt davon, dass der tüchtige Herr sich nur darum gedrückt hat, weil er fürchtete, seine Frau könne ihn in Teufels Küche bringen. Sie wollte ihn veranlassen, mit ihr in die Pension SPLENDID zu gehen und das Kind wegzuholen. Er weigerte sich, und so versuchte sie es allein.«
»Wenn ich nur wüsste, was das alles zu bedeuten hat«, knurrte Phil, stützte den Kopf in die Hand und schloss die Augen. Eine Stellung, die tiefstes Nachdenken verriet.
»Woher konnte Nadine wissen, dass Robby Windlass dorthin gebracht worden war, und wie kam sie an Ben Harshews Decknamen Miller? Irgendjemand muss ihr das verraten haben. Wenn sie auf eigene Faust zu handeln versuchte, so beweist das höchstens, dass sie diesen Jemand schützen wollte. Hätte sie sich an uns oder an die Citzen-Police gewandt, so wäre sie gezwungen worden, die Quelle ihres Wissens preiszugeben.«
»Kannst du mir vielleicht auch sagen, warum Ovoll sie so glatt abfahren ließ und dann seinerseits das Hasenpanier ergriff? Wollte er ebenfalls vermeiden, verhört zu werden und warum? Hat vielleicht gar Parkers Haushälterin Recht? Könnte er nicht selbst der Kidnapper sein? Könnte Nadine das gemerkt haben? Hat sie ihn gestern Abend nur darum unbedingt sprechen wollen, um ihm zu sagen, sie wisse Bescheid, und er müsse sofort mit ihr zusammen das Kind wiederholen?«
Ich musste wieder an das von Hass, Wut und Verzweiflung entstellte Gesicht der Frau denken, als der Mann sie so kaltschnäuzig auf der Straße vor LUCIANO abwimmelte.
»Sollte sie vielleicht diesen Mann immer noch so sehr geliebt haben, dass sie es nicht über sich brachte, ihn der Polizei und damit dem Henker auszuliefern?«
»Ausgeschlossen wäre das nicht«, sagte Phil, ohne seine Stellung zu verändern. »Es gibt manche Dinge, die darauf hindeuten. Denk nur daran, dass sie ihn offenbar die ganzen Jahre über mit Geld versorgt hat, und wer weiß, was sie ihm sonst noch alles zusteckte.«
»Das heißt also, dass wir auf alle Fälle einen Steckbrief hinter ihm herjagen. Es kommt nur darauf an, wie wir den motivieren.«
»Sehr einfach. Wir geben den wahren Grund an. Giles Ovoll wird als wichtiger Zeuge in einer Kidnapping Sache gebraucht. Das dürfte sämtliche Cops in den Staaten auf die Beine bringen.«
»Außerdem werde ich für morgen früh eine Pressekonferenz einberufen und die ganze Sache an die große Glocke hängen.«
Ich haute mit der Faust auf den Tisch. »Es ist mir vollständig egal, ob das Mr. Parker gefällt oder nicht. Ich kann keine Rücksicht mehr auf ihn nehmen. Wer weiß, ob seine Tochter nicht noch leben würde, wenn wir energischer vorgegangen wären.«
»Endlich wirst du klug«, meinte Phil. »Ich habe dasselbe schon die ganze Zeit gedacht.«
Gemeinsam verfassten wir den Steckbrief und fügten eine genaue Beschreibung bei. Zu gleicher Zeit schickte ich zwei Leute zu Ovolls Adresse mit dem Auftrag, die Wohnung öffnen zu lassen und ein möglichst gutes Bild des Flüchtigen zu suchen.
Die Uhr zeigte auf vier. Mit dem Nachhausegehen würde es nichts mehr werden. Wir legten uns zusammen eng nebeneinander auf die Couch und waren fünf Minuten darauf eingeschlafen.
Als das Klingeln des Fernsprechers uns hochfahren ließ, glaubte ich, ich hätte mich gerade erst hingelegt, aber es war doch schon sieben Uhr. Der Manager der Yellow Cab Cy. hatte gute Arbeit geleistet.
»Ich habe festgestellt, dass um zehn Uhr neununddreißig ein Taxi zum SPLENDID in der Second Avenue geschickt wurde. Der Wagen hielt an der Haltestelle Roosevelt Parkway. Den Fahrer habe ich bereits ermittelt. Er heißt Fred Tailor und ist bereits auf dem Weg zu Ihnen.«
Zehn Minuten danach war der Fahrer zur Stelle. Er war ein älterer Mann, der, wie er sagte, schon seit zwanzig Jahren einen Wagen fuhr. Er erinnerte sich genau an die drei Personen, die er befördert hatte. Er entsann sich darum so präzise, weil ihm die Leute verdächtig vorgekommen waren. Die Frau hatte den ganzen Weg über geweint und das Kind an sich gedrückt, während der Mann mit einem wütenden Gesicht dabeigesessen und kein Wort gesprochen hätte. Dann jedoch kam eine Enttäuschung.
Am Herald Square musste er halten, und zwar genau vor dem Gebäude der Zeitung. Der Mann fasste die Frau unter und führte sie über die Straße zu einem anderen Halteplatz, wo sie einen neuen Wagen bestiegen. Tailor, dem die Sache zwar
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