0193 - Ich heulte mit den Wölfen
komisch vorgekommen war, der aber keinen Grund sah, sich einzumischen, hatte sich nicht mehr darum gekümmert und war weggefahren. Er wusste auch, nicht, von welcher Gesellschaft dieses neue Taxi gewesen war.
Also wieder Leerlauf. Natürlich würde ich versuchen, den betreffenden Fahrer ausfindig zu machen, aber das war ein fast hoffnungsloses Beginnen.
Ovolls Bild war in seiner Wohnung gefunden worden und wurde bereits in alle Welt gefunkt.
Als nächstes ließ ich die Reporter aller bedeutenden Blätter und Fernseh-Stationen für halb neun bestellen. Dann ließen wir uns ein anständiges Frühstück mit schwarzem Kaffee kommen und machten uns mit Hilfe eines gepumpten Rasierapparates halbwegs menschlich. Während wir noch dabei waren, kam der Bericht des Arztes. Nadine Ovoll hatte sich bei dem Sturz über die Treppe drei Rippen, einen Arm und einen Halswirbel gebrochen. Diese Verletzung war sofort tödlich gewesen. Es blieb nun noch die ebenso peinliche wie traurige Pflicht, ihre Familie zu unterrichten.
Da Phil in solchen Dingen gewandter ist als ich, bat ich ihn, das zu übernehmen. Er sträubte sich, aber einer musste es ja schließlich tun, und so gab er zum Schluss seufzend nach.
Um halb neun wurde mir gemeldet, dass sechsundfünfzig Zeitungsreporter im Konferenzsaal seien und bereits anfingen, Krach zu schlagen. Als ich hereinkam, empfing mich das übliche Geheul der losgelassenen Meute, aber ich reagierte nicht darauf. Absichtlich setzte ich eine steinerne Miene auf, trat hinter den kleinen Tisch und schaltete das Mikrophon ein. Augenblicklich wurde es mucksmäuschenstill. Mindestens dreißig Tonbandgeräte wurden eingeschaltet. Die Fernsehkameras schnurrten, und gespitzte Bleistifte wurden gezückt. Dann legte ich los.
Ich begann mit dem Anruf Parkers beim Bürgermeister. Ich schilderte die erste Unterredung mit dem Multimillionär und den Entführungsversuch an Cilly. Ich sagte alles, was ich sagen konnte, ohne den Gang der Untersuchung zu stören. Ich deutete an, dass wir dem Kidnapper und Mörder dicht auf den Fersen seien und es nur noch eine Frage kurzer Zeit wäre, bis wir ihm die Hand auf die Schulter legen könnten. Ich tat das absichtlich, weil es eine alte Erfahrung ist, dass Verbrecher unsicher werden und Dummheiten machen, wenn sie glauben, sie seien bereits in die Enge getrieben.
Anschließend verteilte ich die vorbereiteten Bilder von Giles Ovoll, Ben Harshaw, alias Miller, Doris Fink und Robby Windlass und ersuchte darum, sie zu veröffentlichen.
Als ich zu Ende war, prasselten die Fragen wie Hagelkörner auf mich nieder. Vor allem wollte man wissen, warum wir so lange geschwiegen hätten. Ich schob das auf Parker und seinen üblen Gesundheitszustand. Im Übrigen verweigerte ich jede weitere Auskunft.
Kaum hatten die Burschen gemerkt, dass sie nichts mehr erfahren würden, als auch schon die ganze Horde hinausstürmte. Zwei Minuten später stand ich allein. Nur der Boden war bedeckt mit Zigarettenstummeln, mit abgebrannten Streichhölzern und Papierschnitzeln. Die Luft war blau und dick.
Kurz danach meldete sich Phil am Telefon.
»Es wäre mir sehr lieb, wenn du nach Bayview kommen könntest«, sagte er. »Ich habe Patsy Windlass Bescheid gesagt, und als sie vernahm, dass ihre Schwester tot ist, fing sie ein derartiges Geschrei an, dass der alte Parker es hörte und wissen wollte, was los war. Die Hausdame, die wieder mal gelauscht hatte, erzählte es ihm brühwarm. Die Folge war natürlich, dass Parker prompt umkippte und wir schleunigst den Arzt rufen mussten. Er ist eben bei ihm, aber ich fürchte, der alte Herr übersteht es nicht.«
»Ich komme«, sagte ich und war froh, dass nicht ich der Überbringer der Hiobsbotschaft gewesen war.
Zugleich mit mir fuhr ein schwarzer Packard vor, dem ein ältlicher Herr mit einer mächtigen Aktentasche entstieg. Er wurde von der Hausdame in Empfang genommen und trippelte an ihrer Seite durch die Diele. Um mich kümmerte sich kein Mensch. Ich machte mich auf die Suche nach meinem Freund und traf glücklicherweise die kleine Maggie, die mich zu ihm brachte.. Wir setzten uns zusammen und warteten, was der Arzt wohl sagen würde.
Es dauerte nur eine halbe Stunde, aber uns schien es eine unendlich lange Zeit zu sein. Dann endlich kam nicht der Arzt, sondern der Mann, der zusammen mit mir angekommen war. Er trug immer noch seine schweinslederne Tasche und gab sich Mühe, einen gewichtigen Eindruck zu machen. In seinem Fahrwasser segelte Miss
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