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0193 - Ich heulte mit den Wölfen

0193 - Ich heulte mit den Wölfen

Titel: 0193 - Ich heulte mit den Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich heulte mit den Wölfen
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dass der Logiergast seine »Frau« keinen Moment aus den Augen gelassen hatte. Angeblich war ihm das vorher nicht aufgefallen. Besucher hatten die beiden nicht gehabt. Sie waren auch nicht ausgegangen. Erst als das Telegramm kam, hatten sie es plötzlich sehr eilig, wegzukommen.
    Natürlich war es möglich, dass der Kerl mich belog. Ich traute ihm durchaus zu, dass er mit den Kidnappern unter einer Decke steckte, nur beweisen konnte ich ihm das vorläufig nicht. Jedenfalls genügte der Tod Nadines, um das Ehepaar festzusetzen. Er würde nachweisen müssen, dass keine Tötungsabsicht Vorgelegen hatte, und sie hatte ihn zu der Tat aufgehetzt.
    Es lag nur an meinem Zeugnis, ob die beiden glimpflich wegkommen würden, und das würde ich ihnen gelegentlich unter die Nase reiben. Das entsprach zwar nicht meiner allgemeinen Auffassung von Fairness, die ich auch Verbrechern gegenüber vertrete, aber in diesem Fall ging es darum, den kleinen Jungen zu retten, und ich hatte nicht die Absicht, in der Wahl meiner Mittel zu zimperlich zu sein.
    Das würdige Ehepaar wurde, begleitet von schadenfrohen Blicken und hämischen Bemerkungen der Nachbarn, ab transportiert, und dann machten wir uns an eine Durchsuchung der Wohnung. Erst jetzt stellte ich fest, dass die beiden überhaupt nicht verheiratet waren. Er hieß Alfred Jones und sie Elizabeth Brixham. Die Küche diente ihnen zugleich als Wohn- und Schlaf -raum. Die sechs anderen Räume waren zur Hälfte vermietet. Keiner der Mieter war zu Haue. Zwar waren die Zimmer verschlossen, aber in der Küche hing ein Bund, dessen Schlüssel passten.
    Die Gäste schienen, wenigstens was uns anging, harmlos zu sein. Es gab nur ein Doppelzimmer, das noch nicht mal aufgeräumt war. Es befand sich noch in dem Zustand, in dem »Familie Miller« es verlassen hatte. Auf dem Kopfkissen des einen Bettes fand ich drei lange blonde Haare. Das würde die Feststellung erleichtern, ob Mrs. Miller in Wirklichkeit Doris Fink hieß. Ich legte die Haare in einen Umschlag und steckte sie ein. Als ich das Kissen hochhob, bemerkte ich darunter ein durchnässtes Taschentuch mit dem Monogramm DF.
    Jetzt war ich meiner Sache sicher. Robby Windlass und Doris Fink waren hierher verschleppt worden, bis der rothaarige Kidnapper telegrafische Instruktionen bekam, die er sofort befolgte. Das Taschentuch, das nur von Tränen durchtränkt sein konnte, bewies mir, dass die Kinderpflegerin nur gezwungenermaßen mitgegangen war. Warum auch hätte sonst der rothaarige Mann sie so sorgfältig bewachen sollen?
    Welche Rolle aber spielte Nadine Ovoll in diesem Drama?
    »Man könnte glauben, die Frau hat erst am Spätnachmittag erfahren, wohin das entführte Kind gebracht worden war, und darauf den Versuch unternommen, es wegzuholen«, meinte mein Freund.
    »Und zu diesem Zweck wandte sie sich an ihren geschiedenen Mann, statt zu uns zu kommen oder wenigstens ihre Schwester zu unterrichten. Das ist unmöglich, oder sie müsste Grund gehabt haben, sich vor den Kidnappern zu fürchten. Vielleicht hatte sie selbst was auf dem Kerbholz, das bei dieser Gelegenheit herausgekommen wäre.«
    »Alles das wird uns Mr. Ovoll erzählen müssen«, entgegnete Phil. »Es dürfte ja sicherlich nicht schwer sein, ihn zu finden.«
    Gegen zwölf Uhr fünfzehn waren wir im Office. Zwar war ich hundemüde, und mein Schädel brummte immer noch, als hätte sich ein ganzer Bienenschwarm sein Nest darin gebaut, aber ich konnte es mir nicht leisten, schlafen zu gehen. Während Phil sich bemühte, Giles Ovolls Adresse festzustellen, wirbelte ich die Kollegen vom Nachtdienst durcheinander. Es stellte sich schnell heraus, dass Alfred Jones und Elizabeth Brixham keine unbeschriebenen Blätter waren. Bis vor wenigen Jahren hatte er sich als Taschendieb betätigt. Sein Revier war die Umgebung von Delancey Street gewesen, wo er Leuten, von denen er annahm, sie hätten zu viel Geld, mit mehr oder weniger sanfter Gewalt die Brieftaschen wegnahm.
    Er hatte schon sechs Mal wegen Straßenraubs gesessen, das letzte Mal, sieben Jahre. Seine sogenannte Frau hatte damals die als anrüchig bekannte Pension SPLENDID aufgemacht. Ein Teil der Karten, auf denen rothaarige Gangster registriert waren, war bereits herausgesucht. Das geht auf Grund gewisser Stichworte, verhältnismäßig schnell. Man kann zum Beispiel auch alle Männer mit eingeschlagener Nase oder einem lahmen Bein in relativ kurzer Zeit feststellen. Zu diesem besonderen Fall kam noch dazu, das der Gesuchte

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