0193 - Ich heulte mit den Wölfen
Summe von drei Millionen Dollars handelt, so macht es immerhin dreißigtausend aus. Miss Porter zog die Brauen zusammen, und ich merkte, wie sie rechnete. Ihre Augen wurden groß und rund. Sie starrte mich mit offenem Mund an, als wäre ich der Weihnachtsmann. Dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus, und darauf geschah, was die Aufregungen und Enttäuschungen der letzen Stunden nicht zuwege gebracht hatten, Miss Porter fiel in Ohnmacht und landete genau in Phils Armen.
Albert, der Semmelblonde, und ich erlösten ihn von seiner schweren Last und legten sie auf die Couch. Schon fünf Minuten später war sie wieder da, steckte unter überschwänglichen Versicherungen ihrer ewigen Dankbarkeit die drei Päckchen von je hundert Scheinen ein und war plötzlich wieder ganz Dame.
Zusammen mit ihrem Sprössling und dem Kofferberg räumte sie das Feld.
***
Mein nächster Besucher war Mr. Mac Chlens, der aber außer einigen Ergänzungen, die das Milieu im Hause Parker betrafen, nichts auszusagen hatte. Wichtiger war mir der persönliche Eindruck, den er machte. Dieser zerknirschte und verlegene junge Mann war niemals ein Verbrecher, geschweige denn ein Kidnapper.
Währenddessen waren ein paar Rapporte eingelaufen. Am Safe in Mr. Parkers Schlafzimmer hatte man drei verschiedene Arten von Abdrücken gefunden. Ein paar ältere, die von Parker selbst herrührten. Außerdem die von Patsy Windlass, die wir uns unauffällig beschafft hatten, und ein wundervoller Satz, der von einer Frauenhand stammte. Es war sehr einfach, sie zu identifizieren. Ich hatte mir von der Porter eine Quittung ausschreiben lassen und schickte die zum Fingerabdruck-Departement. Damit hatte ich die Bestätigung ihr für ihr Geständnis, dass sie das Geldpaket wirklich aus dem Safe genommen hatte.
Wir sahen noch die eingegangenen Berichte durch und erfuhren, dass Patsy Windlass am Nachmittag in die Stadt gefahren war, um sich die natürlich erforderliche Trauerkleidung zu kaufen. Ihr Mann hatte sie begleitet. Es hatte einen Auftritt zwischen Cilly und ihrem Kindermädchen gegeben, wobei dem Mädchen wahrscheinlich zum ersten Mal die Hand ausgerutscht war. Die Kleine hatte natürlich ein furchtbares Geschrei erhoben, aber ausnahmsweise niemanden gefunden, der ihr half. Ich gönnte ihr diese Ohrfeige und hoffte, sie würde noch eine ganze Menge von derselben Sorte bekommen. Das konnte ihr nur guttun.
Es war sieben Uhr zehn und da wir in der vorhergehenden Nacht nur wenig und schlecht geschlafen hatten, war es höchste Zeit, um nach Hause zu gehen. Noch aber war es nicht so weit. Unsere Filiale in Atlanta meldete durch Fernschreiben, dass Gils Ovoll dort aufgegriffen worden war. Er war am Vortag angekommen und unter dem Namen Parker im ALABAMA-Hotel abgestiegen. Der Hausdetektiv hatte ihn auf Grund des Steckbriefs erkannt und das FBI benachrichtigt. Ich ließ sofort funken, man möge Ovoll mit dem nächsten fahrplanmäßigen Flugzeug zurückschaffen. Da diese Maschine Atlanta um vier Uhr nachts verließ, musste sie um neun Uhr morgens auf dem La Guardia Flugplatz ankommen.
Ich brachte Phil nach Hause und steuerte dann meinen Jaguar heimwärts. Halb und halb war ich auf einen mehr oder weniger »festlichen« Empfang gefasst, aber ich wurde angenehm überrascht. Meine kleine Wohnung war still und friedlich, und sogar der feine Seidenfaden, den ich in das Türschloss geschoben hatte, war noch an seinem Platz. Die Kerle hatten jedes Interesse an mir verloren, und das war der Beweis dafür, dass ich noch sehr weit von der Wahrheit entfernt war.
Am Morgen nahm ich zuerst das Pflaster von meinem Schädel. Die Wunde war ziemlich verheilt. Ich konnte mich jetzt wenigstens wieder anständig frisieren. Nach einem ausgiebigen Frühstück, auf das ich zwecks besserer Verdauung einen Scotch setzte, fuhr ich ins Office. Gerade war Giles Ovoll angekommen. Er war durchaus nicht so elegant, wie ich ihn im Gedächtnis hatte. Es macht eine Menge aus, wenn ein Mann übernächtigt, ungewaschen, unrasiert und unfrisiert ist.
»Ich wäre sowieso heute zurückgekommen«, sagte er. »Nachdem ich gestern Abend gelesen und durch das Fernsehen erfahren hatte, dass Nadine tot ist, lag kein Grund mehr vor, mich zu verstecken.«
»Halten Sie keine langen Vorreden, Mr. Ovoll«, pfiff ich ihn an. »Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass es ein Gesetz gibt, nach dem Begünstigung oder Beteiligung nach der Tat unter schwere Strafe gestellt wird. Ihre geschiedene Frau hat ihnen
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