0194 - Wenn Hexenhände töten
ist das?« fragte mich der alte Gorman.
Ich erhob mich aus meiner gebückten Haltung und erklärte es ihm.
»Magische Kreide? Woher haben Sie die denn?«
»Ich bekomme sie von dort, wo auch die Silberkugeln für meine Beretta hergestellt werden. Das geschieht in einem alten Kloster hoch oben in Schottland.«
»Ah so.«
Dann nahm ich das Kreuz. Es spielte in diesem Fall eine wichtige Rolle. Schon einmal hatte es seine Stärke bewiesen, als ich gefesselt an dem großen Holz-X gehangen hatte.
Behutsam führte ich das Kreuz an die erste Hand heran. Zunächst geschah nichts, dann jedoch passierte etwas Unwahrscheinliches oder Makabres.
Die Hand bewegte sich.
Es waren nur die Finger, in die auf einmal Leben kam. Waren sie zuvor noch leicht gekrümmt gewesen, so richteten sie sich jetzt auf. Das geschah nicht bei allen Fingern gleichzeitig, sondern begann mit dem Daumen, erfaßte den Zeigefinger und ging weiter bis zum kleinen Finger.
Die Hand schien sich vor meinem Kreuz zu fürchten.
Sie war mit Schwarzer Magie aufgeladen.
Jorge Gorman und Suko schauten gespannt zu. Der alte Gorman schüttelte dabei den Kopf. »Unwahrscheinlich«, flüsterte er, »daß es so etwas überhaupt gibt..«
Und ob es das gab.
Ich ließ auch nicht nach, sondern führte mein Kreuz noch näher an die Hand heran.
Dann berührte ich sie!
Da geschah es!
Plötzlich zitterte ein Schrei auf. Es drang aus der Unendlichkeit an unsere Ohren, und es hörte sich an, als würde ein gesamtes Weltall zwischen uns und demjenigen liegen, der schrie.
Während dieser Schrei noch durch den Keller hallte, geschah etwas mit der Hand.
Die Haut nahm eine völlig andere Farbe an. Zuerst wurde sie grau.
Der Zustand hielt sich allerdings nicht lange, denn im nächsten Augenblick verschwand das Grau wieder und machte einer pechschwarzen Farbe Platz.
Ich zog das Kreuz zurück.
Suko und Jorge Gorman traten langsam näher.
Der alte Jorge schluckte aufgeregt, während Sukos Gesicht unbewegt blieb. Die beiden schauten auf die Hand, die wie ein welkes Blatt wirkte und bei der man jeden Augenblick das Gefühl haben konnte, daß sie abfallen und aus der Halterung kippen würde.
»Mein Gott«, murmelte der alte Jorge. »Das ist unfaßbar und unwahrscheinlich.«
»Unser erster Sieg«, sagte ich.
»Wieso?«
»Durch das Kreuz habe ich nicht nur diese Hand zerstört, sondern die Auswirkungen waren sicherlich auch in der anderen Welt zu spüren gewesen. Nicht umsonst ist dort der Schrei aufgeklungen.«
»Dann haben wir eine Hand vernichtet?« erkundigte sich der alte Jorge hoffnungsvoll.
»Möglich.«
»Und die anderen?«
»Werde ich auch noch schaffen.«
Jorge Gorman war aufgeregt. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und schaute mir zu, wie ich mit dem Kreuz mich langsam der zweiten Klaue näherte.
Bei ihr geschah das gleiche. Auch die dritte und vierte hatte keine Chance gegen das geweihte Kruzifix.
Bis ich schließlich die letzten beiden Hände erreichte. Es waren die der Frau.
»Sie gehören Madeleine de Haivilland«, erklärte Gorman. »Wie die Überlieferung berichtete, soll sie eine Hexe gewesen sein. Sie hat ihre Opfer immer erwürgt.«
»Die würgenden Hexenhände«, sagte ich und nickte. Dabei dachte ich daran, daß die Hände auch einmal um meinem Hals gelegen hatten.
Jetzt konnte ich es zurückzahlen.
Sie zuckten zurück, kaum daß ich mit meinem Kreuz in die Nähe gelangte.
Die Hände hatten keine Chance.
Auch sie wurden pechschwarz, so daß ich das zerstört hatte, was Schwarze Magie über 400 Jahre aufrecht erhalten hatte. Eine gute Sache, fand ich.
Seltsamerweise fielen die Hände nicht zusammen. Die Haut schien trotz der Veränderung noch immer straff zu sein.
»Ich kann es nicht begreifen«, sagte Jorge Gorman und schüttelte den Kopf. »Wirklich nicht.«
Ich kletterte über die Bank hinweg. »Nehmen Sie es nicht so tragisch. Auf jeden Fall haben wir einen halben Sieg errungen.«
»Keinen ganzen?«
»Nein, noch leben ja die Geister, die zu diesen Händen gehören, wenn ich das mal so sagen darf.«
Er nickte nur.
Wir verließen den Keller und schlossen die Tür nicht. Langsam stiegen wir die Treppe hoch. Ich ging voran und erreichte auch als erster die Tür.
Als ich sie aufstoßen wollte, spürte ich zwar keinen direkten Widerstand, aber irgend etwas beschwerte die Tür.
Die anderen merkten mein Zögern.
»Was ist los?« fragte Suko.
»Weiß ich auch nicht genau, aber da stimmt einiges mit dieser komischen Tür
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