0198 - Wir rammten die Luftpiraten
könnte. Ich hatte wahrlich Zeit genug gehabt, mir jede einzelne Bewegung zurechtzulegen.
Ich drehte den Kopf eine Winzigkeit zum Fenster hin und gab mir so den Anschein, als würde ich auf Geräusche von der Straße her lauschen. Kaum merklich zog ich die Augenbrauen hoch, deutete ein. Nicken gerade noch an und gab mir ganz allgemein einen befriedigten Ausdruck. Diese Gesten und diese Mimik führte ich also so verhalten aus, daß sie nur jemand auffallen mußten, der mich äußerst scharf im Auge behielt. Ich rechnete damit, daß die beiden Gangster dies taten.
Dann drehte ich ein wenig den Kopf, als verfolge ich schleichende Schritte von der Haustür durch die Halle. Schließlich blickte ich geradewegs auf die Bürotür und begann schallend zu lachen.
Die Banditen ließen sich bluffen! Sie wandten ihre Blicke von mir und drehten die Köpfe zur Tür zurück.
Wie von einer Feder abgeschnellt spritzte ich hoch und krachte mit meinem ganzen Gewicht auf Miller, der noch im Sessel saß. Dabei griff ich mit der Linken nach der Null-acht in Millers Hand, mit der Rechten packte ich die Schreibtischlampe und schleuderte sie auf Frank. Ich verfehlte die Pistole, aber sie wurde immerhin aus Millers Hand gerissen und polterte zu Boden. Der Sessel kippte unter der Wucht des Anpralls hintenüber, und ich donnerte mit dem Schädel gegen den Schreibtisch. Aus den Augenwinkeln heraus bekam ich noch mit, daß die Lampe Franks Kopf getroffen hatte. Für einen Moment war ich völlig benommen. Ich schüttelte den Kopf, verbiß den stechenden Schmerz, sprang auf die Beine und riß Miller hoch. Ich hätte mich zwar nach der Nullacht bücken können, aber sie hätte mir auf die Dauer wenig genützt. Gegen die Maschinenpistolen der Gangster war damit nicht anzukommen, zumal ich damit rechnete, daß Bill, der mit dem Schmuck beschäftigt war, sich jeden Moment einschalten würde. Frank war auch nicht lange außer Gefecht gesetzt und dann konnten Gordon und Ken jeden Augenblick wieder auftauchen.
Ich hatte Miller anscheinend als Kämpfer unterschätzt! Obwohl ich ihn umklammert hielt, stieß er mir mit dem Knie in den Magen, daß ich glaubte, eine Granate explodiere in meinem Leib. Schon wollte ich ausholen, um ihm einen Leberhaken zu versetzen, als ich Frank brüllen hörte. Offenbar wollte er sich wutschnaubend ins Getümmel stürzen. Dann hätte ich ohne Zweifel die Partie verspielt gehabt.
Miller deckte meine kurzen Rippen mit einer Serie von harten Treffern ein. Trotzdem blieb ich ihm zunächst die Antwort schuldig und schleifte ihn in die nächstgelegene Zimmerecke, stellte ihn vor mich und umklammerte seine nach hinten gedrehten Arme wie ein Schraubstock.
Der ganze Zirkus hatte keine dreißig Sekunden gedauert. Nun stand ich in der Ecke, durch den Körper Millers völlig gedeckt. Die Gangster konnten mich nicht mehr abschießen, ohne vorher ihren Boß mit Kugeln gespickt zu haben.
»So, meine Herren«, keuchte ich. »Jetzt sieht die Sache doch etwas anders aus.«
»Haha«, höhnte Bill, »das nützt dir gar nichts. Du kannst auf keinen Fall entkommen!«
»Ihr aber auch nicht!« antwortete ich grimmig. »Und wenn schon, dann ohne euren feinen Chef!«
Einige Sekunden herrschte völliges Schweigen. Man hörte nur das aufgeregte Atmen von mir und Miller. Frank wischte sich Blut aus dem Gesicht.
»Chef, soll ich ihn zusammenknallen?« zischte er wütend.
»Blöder Hund!« knirschte Miller. »Erstens triffst du ihn nicht, ohne gleichzeitig mich anzukratzen, und zweitens brauchen wir ihn noch auf dem Flughafen. Er darf dort in der Maschine nicht mit ein paar Schußwunden aufgefunden werden. Das würde sofort auf fallen!«
Ich mußte den Kerl wider Willen bewundern. Selbst in dieser für ihn nicht sehr rosigen Lage verlor er keinen Augenblick seine überlegene Ruhe.
»Ihr werdet die DC-8 nicht mehr erreichen, weil ich dich nicht freigebe!« erwiderte ich entschlossen. »Ich halte dich so lange fest, bis unsere Leute hier anrücken und wenn es bis morgen früh dauern sollte!«
Bei einer der üblichen Banden wäre nun ganz klar gewesen, was kommen würde. Die Gangster würden sich einen Dreck um das Schicksal ihres Chefs scheren. Die DC-8 hätten sie auch ohne Miller kapern können. Außerdem wäre es nur ein Vorteil für sie gewesen, wenn der Raub nur an vier statt an fünf Leute verteilt werden müßte. Aber die Luftpiraten waren keine gewöhnliche Gang.
Zu allem Überfluß tauchten auch Ken und Gordon kurz nacheinander wieder
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