02 Arthur und der Botschafter der Schatten
spät.
Da hatten mich die Karasamoffs bereits gepackt.
War es Zufall, dass die beiden Brüder und Pluribus genau in dem Moment vor der Bar auftauchten, aus der wir kamen? Oder hatten sie uns die ganze Zeit beobachtet?
Die Zwillinge hielten mich zwischen sich fest. Larissa, die hinter mir herauskam, wurde von Pluribus am Arm gepackt, bevor sie reagieren konnte. Torres, der die Situation schneller als wir erfasst hatte, wollte wieder in den Flur zurücktreten, wurde aber von den Karasamoffs daran gehindert, die jeder eine Pistole gezogen und auf ihn gerichtet hatten.
Langsam trat er in die Gasse hinaus und konnte gerade noch »Isabel!« rufen, ehe ihm einer der Zwillinge einen Tritt in die Kniekehle verpasste und ihn grob zu Boden stieß. Die wenigen Passanten, die außer uns zu dieser frühen Stunde schon unterwegs waren, sahen zu, dass sie möglich schnell genügend Abstand zwischen sich und die Bewaffneten legten.
Mein Mut sank. Zweimal waren wir den Zwillingen entkommen. Ein drittes Mal würden sie das bestimmt nicht zulassen.
Doch dann bot sich meinen Augen ein ganz außerordentlicher Anblick.
Einer nach dem anderen kamen die Gäste der Kneipe aus der Tür, allen voran die Wirtin Isabel. Pluribus schüttelte Larissa, die vergeblich versuchte, sich loszureißen, am Arm. »So sieht man sich wieder«, höhnte er. »Eigentlich glaubte ich euch sicher festgesetzt in Córdoba. Aber ihr seid ja schlimmer als die Kletten. Aber so viel verspreche ich euch: Das war das letzte Mal, dass ihr uns entkommen seid.«
Während er seinen Monolog hielt, versuchten ihn die Zwillinge darauf aufmerksam zu machen, was sich hinter seinem Rücken abspielte. Schließlich gelang es ihnen, und Pluribus drehte sich um. Inzwischen waren alle Gäste nach draußen gekommen, Männer ebenso wie Frauen. Keiner von ihnen sagte ein Wort oder machte eine schnelle Bewegung. Sie stellten sich einfach wortlos im Halbkreis um uns herum auf.
»Brennt ihnen was auf den Pelz, wenn sie frech werden«, kreischte Pluribus. Doch die Zwillinge befolgten seine Anweisung nicht. Ich verstand rasch, warum. Die Gäste schienen überhaupt keine Angst vor den Schusswaffen zu haben! Langsam zogen sie den Kreis immer enger. Zunächst fuchtelten die Karasamoffs noch mit ihren Waffen herum. Doch als sie merkten, dass sich unsere Helfer davon nicht im Geringsten beeindrucken ließen, senkten sie die Pistolen. Ihnen war offensichtlich klar, dass sie vielleicht einige ihrer Gegner verwunden konnten, aber nicht alle. Und was die mit ihnen anstellen würden, wenn einer der Ihren getroffen war, das wagte ich mir gar nicht auszumalen.
Nur Pluribus wollte nicht einsehen, dass die Lage für ihn aussichtslos war. »Ihr Feiglinge!«, beschimpfte er seine Komplizen, völlig außer sich. Immer noch hielt er Larissa fest.
Der Mann, der mich vorhin über Dubrovnik aufgeklärt hatte, baute sich vor der Vogelscheuche auf.
» Let her go «, sagte er in seinem gebrochenen Englisch.
»Verschwinde, oder ich tue dem Mädchen was an!« Hasserfüllt starrte der Hagere seinen Widersacher an. Der ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
» You – let – her – go «, wiederholte er mit einer deutlichen Pause zwischen den Worten. Pluribus warf einen Blick auf seine beiden Kumpane. Zwei Männer hatten ihnen inzwischen ihre Pistolen abgenommen.
Die Vogelscheuche erkannte die Ausweglosigkeit der Situation. Ohne seine Komplizen war er machtlos. Widerwillig löste er seinen Griff um Larissas Arm. »Freut euch nicht zu früh«, zischte er. »Wir sehen uns wieder.«
Er wollte gehen, aber der tätowierte Mann berührte ihn an der Schulter. » You stay «, befahl er, als Pluribus sich zu ihm hin drehte.
Isabel wechselte ein paar schnelle Sätze auf Spanisch mit Torres. Dann wandte er sich an uns. »W-was meint ihr, sollen w-wir sie laufen lassen?«
»Wir haben noch ein paar Dinge vor«, überlegte ich laut. »Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn sie bis heute Mittag unseren Weg nicht mehr kreuzen können.«
Larissa, die sich den schmerzenden Oberarm rieb, an dem Pluribus sie festgehalten hatte, nickte zustimmend. Der Detektiv übermittelte unsere Bitte an die Wirtin.
» Bueno «, sagte sie. Jeweils zwei der Männer nahmen einen unserer drei Widersacher in die Mitte, um sie in die Kneipe zu geleiten. Erst sah es so aus, als wolle Pluribus sich dagegen zur Wehr setzen, doch dann fügte auch er sich.
» ¡Muchas gracias! «, riefen Larissa und ich der Truppe hinterher, die
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