02 Arthur und der Botschafter der Schatten
Zeigefinger aneinander. »Aber einfach so bringt m-manchmal erstaunliche Resultate.«
Während die beiden sich unterhielten, driftete ich allmählich ein wenig weg und hatte Mühe, meine Augen offen zu halten. Ich war frustriert und hatte das Gefühl, auf einer völlig falschen Spur zu sein. Hier saßen wir unausgeschlafen in einer Spelunke in Cádiz und waren weiter von den Vergessenen Büchern entfernt als je zuvor.
Im Hintergrund unterhielten sich ein paar Männer auf Spanisch, und die fremde Sprache bildete einen beruhigenden Klangteppich. Ab und zu schnappte ich ein Wort auf, das ich zu verstehen glaubte, aber ich war viel zu träge, um weiter darüber nachzudenken. So war ich ziemlich überrascht, als sich eines der Wörter plötzlich ständig in meinem Kopf wiederholte.
Mit einem Mal war ich hellwach. »Rakusa!«, rief ich und beugte mich vor.
Torres und Larissa blickten mich erstaunt an.
»Wo ist der Zettel?« Ich öffnete meine Umhängetasche und begann, darin herumzukramen.
»Ist alles in Ordnung, Arthur?«, fragte der Detektiv besorgt.
»Alles bestens!« Ich hatte gefunden, wonach ich suchte: den Zettel, auf dem ich mir die Hinweise aus dem Register von Leyden notiert hatte. Ich faltete ihn auseinander und legte ihn auf den Tisch.
» Achuras «, erklärte ich und deutete auf den Begriff. »Wir haben das mit ›Innereien‹ übersetzt, weil wir bei sol sofort an Spanien gedacht haben und alles andere so wunderbar dazupasste. Aber was wäre, wenn wir mit unseren Überlegungen beim falschen Wort angefangen hätten?«
»Du meinst, wir hätten bei achuras beginnen sollen?«, fragte Larissa.
»Hat mal einer was zu schreiben?« Torres fummelte in seiner Jackentasche herum und hielt mir einen Bleistift hin. Ich schrieb die Buchstaben von achuras in einer anderen Reihenfolge auf: RACHUSA. Wenn man das »ch« wie die Spanier aussprach, dann entsprach das genau dem Wort, das mir im Kopf herumging: Rakusa.
Einer der Männer am Nachbartisch drehte sich zu uns um und stellte Torres eine Frage auf Spanisch. Dabei fiel das Wort erneut.
»Er möchte wissen, was du an Rakusa so interessant findest«, übersetzte der Detektiv.
Sofort kehrte das ungute Gefühl zurück, das ich beim Betreten der Kneipe gehabt hatte. Was war, wenn der Mann sauer war, weil ich sein Gespräch belauscht hatte?
Verstohlen warf ich aus dem Augenwinkel einen Blick auf ihn. Es war eine drahtige Gestalt mit kurzen blonden Haaren und vielen kleinen Narben im Gesicht. Auf seinen Armen prangten eintätowierte Schlangen, Dolche und zahllose ineinander verwobene Linien.
Ich war wohl nicht unauffällig genug gewesen, denn er zeigte mit dem Finger auf mich und sprach mich direkt in gebrochenem Englisch an. »What you want to know about Rachusa?«
Torres nickte mir aufmunternd zu. Ich drehte mich zu dem Mann um und fragte, ebenfalls auf Englisch:
»Können Sie mir sagen, was Rachusa bedeutet?«
Der Mann machte auf Spanisch eine Bemerkung zu seinen Tischgenossen, die darauf in ein gedämpftes Lachen ausbrachen.
»Rachusa, eh?«, fragte er, wieder zu mir gewandt. In seinem Gebiss klafften mehrere Lücken. »Rachusa – oder auch Ragusa – ist der alte Name von Dubrovnik.«
Er bemerkte meinen fragenden Blick und zog die Augenbrauen hoch: »Du weißt nicht, wo das liegt, was? Dubrovnik ist eine Stadt im Süden von Kroatien. Sie war früher eine eigenständige Republik, die fast ebenso mächtig war wie Venedig. Die beiden Städte beherrschten damals nahezu den gesamten Handel im Mittelmeer.«
Ich bedankte mich für die Auskunft und er nickte freundlich. » De nada «, sagte er.
»Siehst du«, lächelte Torres, der mein Unbehagen bemerkt hatte. »Man m-muss nur höflich fragen.«
»Rijeka«, sagte Larissa. »Eines der Schiffe im Hafen fährt nach Rijeka. Das ist ebenfalls in Kroatien. Ob das ein Zufall ist?«
»Langsam, langsam«, bremste ich sie. »Wir sollten nicht zu vorschnell auf die nächste Spur aufspringen. Lasst uns erst mal sehen, wie die anderen Wörter zu Dubrovnik passen. Sol , dasist nicht nur das spanische, sondern auch das lateinische Wort für Sonne. Check doch mal die Temperaturen in Dubrovnik.«
»Ziemlich warm, mit vielen Sonnentagen«, verkündete sie nach einer kurzen Webrecherche. »Also weiter: Sanitas ist das lateinische Wort für Gesundheit. Gibt es da einen Zusammenhang?«
Diesmal dauerte die Suche etwas länger. Auf dem kleinen Display musste man auch gehörig herumscrollen, um eine ausführlichere Webseite zu
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