02 Arthur und der Botschafter der Schatten
Drilling, die anderen beiden mussten Besatzungsmitglieder sein. Hatte er etwa Helfer an Bord?
Ich verkroch mich so tief wie möglich in dem Container. Leise packte ich die Bücher, die ich aus der Kiste herausgenommen hatte, im Dunkeln wieder zurück und schloss den Deckel. So fiel wenigstens nicht auf den ersten Blick auf, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte.
Das Motorgeräusch des Schiffsdiesels veränderte seinen Rhythmus. Ein lauter Knall auf dem Containerdach ließ mich zusammenzucken. Die Stimmen draußen schrien etwas. Dann stieß jemand mit dem Fuß gegen die Containerwand.
Der Lärm und das metallische Geklapper setzten sich die nächsten zehn Minuten fort. Dann knallte etwas oben auf mein Gefängnis. Gleichzeitig erstarb das Geräusch des Schiffsmotors zu einem Murmeln. Was ging da draußen vor? Warum stoppte das Schiff auf offener See? Und was hatte diese Betriebsamkeit im Laderaum zu bedeuten?
Die Antwort sollte ich schnell erhalten. Durch den Container ging ein Ruck. Es knirschte rechts und links an den Wänden, als ob sich Metall an Metall reiben würde. Dann erhob sich die Blechkiste, in der ich gefangen saß, in die Luft.
Ich hielt mich so gut es ging an zwei Kisten fest. Das erinnerte mich fatal an die Situation im Lieferwagen zwischen Córdoba und Cádiz. Nur wussten wir damals, wohin wir fuhren, während ich jetzt wortwörtlich im Dunklen tappte.
Der Container schwankte hin und her und setzte dann mit einem Ruck auf, der mich fast umgeworfen hätte, wenn ich nicht so fest zwischen den Kisten eingekeilt gewesen wäre. Erneut hörte ich Stimmen und Klappern an den Containerwänden. Dann kehrte mit einem Mal Ruhe ein.
Der Container war irgendwo abgesetzt worden – aber wo? Auf Deck, weil er als Erster entladen werden sollte? Das war unwahrscheinlich, denn ich spürte kein Vibrieren, wie es an Bord überall zu fühlen war. Ich musste mich also an Land befinden.
Wieder hörte ich Stimmen neben dem Container, dann das Klappen von Autotüren. Einen Augenblick später ertönte ein brummendes Geräusch, das eindeutig nach Automotor klang. Ich wurde nach vorn gegen eine der Kisten gedrückt. Offenbar war der Container auf einem Fahrzeug abgesetzt worden, das jetzt losfuhr.
Schnell schob ich eine der Stangen aus der Arretierung und öffnete die Containertür ein wenig. Draußen war es bereits hell. Der Container stand tatsächlich auf der Ladefläche eines Lkws, der einen Kai entlangfuhr, von dessen Ende die Ann Catherine gerade ablegte.
Ich war an einem unbekannten Ort gestrandet.
Ich schob die Tür weiter auf und schlüpfte hindurch. In diesem Augenblick bremste der Lastwagen abrupt, sodass ich unsanft gegen die Türkante geworfen wurde. Zum Jammern hatte ich keine Zeit. Ich nutzte das kurze Anhalten des Fahrzeugs, um mich über die Heckklappe und auf die Straße zu schwingen.
Der Laster beschleunigte sofort wieder, und ich drückte mich in den Türeingang eines Hauses, um vom Fahrer nicht im Rückspiegel entdeckt zu werden. Als die Gefahr vorüber war, studierte ich meine Umgebung und versuchte herauszufinden, wo ich gelandet war. Ich tat mein Bestes, um mich an meinen Geografieunterricht zu erinnern. Welche Staaten grenzten an die Adria? Mir fielen natürlich Italien und Kroatien ein und dann tippte ich noch auf Albanien und Montenegro.
Ein Schild über einer Ladentür zeigte mir, dass Italien ausschied. Die Kennzeichen der Autos, die vorbeifuhren, begannen alle mit den Buchstaben DU. Das ließ mich sofort an Dubrovnik denken. Wenn dem so war, dann befand ich mich ja bereits, wenn auch unbeabsichtigt, am Ziel unserer Reise. Da weder Kokou noch der Kapitän diesen Zwischenstopp erwähnt hatten, nahm ich an, dass er kurzfristig von Karasamoff organisiert worden war. Vielleicht hatten Pluribus und seine Helfer Wind davon bekommen, dass die Polizei in Rijeka auf sie wartete. Durch den Zwischenhalt in Dubrovnik war die Diebesbeute nach wie vor im Besitz der Ganoven. Das würde Torres überhaupt nicht freuen.
Vor mir erstreckte sich eine lang gezogene, schmale Bucht, aus deren Ende die Ann Catherine gerade verschwand. Sie würde in etwa neun Stunden in Rijeka anlegen. Mit der Ankunft Larissas in Dubrovnik war also vor morgen nicht zu rechnen.
Da stand ich nun mutterseelenallein in einem fremden Land, dessen Sprache ich nicht beherrschte. Der Mut, der mich vor einer Stunde noch in den Laderaum der Ann Catherine getrieben hatte, war wie weggeblasen. Bislang hatte mich Larissa
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