Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
immer begleitet. In diesem Moment wurde mir erneut bewusst, wie wichtig sie mir war.
    Ein paar Minuten stand ich mit hängenden Schultern am Kai. Ich wünschte mir sehnlichst, zu Hause zu sein. Wie schön wäre es, jetzt einfach nur in meinem Zimmer herumzulungern, in ein paar Büchern zu schmökern und die Gewissheit zu besitzen, dass jenseits meiner Zimmertür die Welt in Ordnung war.
    Hier war leider gar nichts in Ordnung.
    Obwohl es noch sehr früh war, besaß die Morgensonne bereits eine ungemeine Kraft. Das Wasser der Bucht glänzte unter ihren Strahlen. Auf der gegenüberliegenden Seite lagen fast ausschließlich kleinere Segel- oder Motorboote vor Anker. Hinter mir stieg eine an dieser Stelle dicht bebaute Hügelkette an.
    Es war ein schöner Morgen in einer schönen Ecke der Welt. Dennoch konnte ich mich an dem Anblick nicht erfreuen. Ich beneidete die Menschen, die hier in ihren Häusern lebten, denn dies war ihr Zuhause, und jeder Winkel war ihnen vertraut.
    Nachdem ich mich eine Weile selbst bemitleidet hatte, musste ich plötzlich an Kokou denken. Jeder ’at ein Anrecht auf Selbstmitleid. Du solltest disch nur nischt zu bequem darin einrichten , hatte er zu mir gesagt. Ich atmete tief durch, richtete mich auf und marschierte los. Um das Ende der Bucht herum zog sich ein winziger Park. Ihm gegenüber stand eine Art Einkaufszentrum und ein paar Meter weiter kam eine Kreuzung. Ein Schild wies auf Englisch das historische Stadtzentrum aus.
    Ich folgte dem Wegweiser. Entlang der Straße erstreckten sich moderne Gebäude, die keinerlei Hinweis darauf gaben, dass es sich bei Dubrovnik um einen Ort mit über tausendjähriger Geschichte handelte. Das Gelände war hügelig. Mal ging es leicht bergauf, dann wieder bergab. Der bebaute Küstenstreifen war recht schmal und wurde durch die Hügelkette vom dahinterliegenden Land getrennt. Die Hügel machten einen unwirtlichen Eindruck. Sie waren nur spärlich bewachsen. Aus ihrer Flanke ragten kahle Felsbrocken hervor, an denen sich hier und da ein Busch oder ein windgebeugtes Bäumchen festklammerte.
    Nach einer knappen halben Stunde führte die Straße etwas steiler aufwärts. Zur Rechten lag ein kleiner bewaldeter Park. Als ich die letzten Bäume passiert hatte, tauchte dahinter plötzlich das Meer auf.
    Es war ein fantastischer Anblick. Von der Straße aus fiel die felsige Küste steil ab und endete in einer spiegelglatten, endlosen blauen Fläche, die eine ungeheure Ruhe ausstrahlte. Am Horizont zog ein Frachter seine Bahn. Die Sonnenstrahlen zauberten silbrig glänzende Muster auf die Wasseroberfläche.
    Der friedvolle Eindruck wurde allerdings durch die Autos und Lastwagen, die sich hinter mir die enge Straße entlangzwängten, massiv gestört. Schon so früh am Morgen hatte sich eine Abgaswolke gebildet, die einen harten Kontrast zu der scheinbar unberührten Natur darstellte.
    Allmählich veränderte sich auch der Charakter der Häuser. Es gab zwar immer noch hässliche Zweckbauten und geduckte, wie an den Straßenrand geworfene kleine Cafés und Geschäfte, aber mehr und mehr wurden sie ersetzt durch majestätische Villen mit teilweise parkähnlichen Gärten drum herum, über deren gusseiserne Zäune sich Büsche voller rosafarbener und violetter Blumen wölbten.
    Die Straße belebte sich. Souvenirgeschäfte lösten die kleinen Gemüseläden und Cafés ab. Vor mir erhob sich eine meterdicke Mauer, die sich nach links und rechts erstreckte und an deren Ecken mächtige Bollwerke aufragten.
    Ich stand vor den Toren Ragusas.
    Es war nicht viel später als acht Uhr morgens, aber schon wälzten sich Ströme von Besuchern durch ein Tor in der Mauer in die Altstadt von Dubrovnik hinein. Der Weg dorthin führte über eine Brücke, deren hinterer Teil als Zugbrücke konstruiert war.
    Das Stadttor wurde von zwei Männern in historischen Uniformen flankiert. Es lag in einem halbkreisförmigen Vorbau etwa acht Meter vor der eigentlichen Stadtmauer. Darin befand sich ein zweites Tor, zu dem man über eine Treppe herabstieg.
    Ich ließ mich im Strom der Touristen mittreiben. Durch das Tor gelangte ich auf einen kleinen Platz. Auf den ersten Blick fiel mir auf, dass alles, wirklich alles, was ich sehen konnte, aus demselben sandfarbenen Stein gebaut war, der sich nur manchmal in seinen Schattierungen unterschied: die Mauern, die Häuser, die Kirche zu meiner Linken und das Gebilde direkt vor meinen Augen, dessen Bedeutung sich mir nicht sofort erschloss. Es war ein etwa

Weitere Kostenlose Bücher