02 Arthur und der Botschafter der Schatten
mich.
Ich nickte. »Das macht es ja so schwer. Sie tut so, als sei ihr das, was ich denke, egal. Nur ihre Meinung ist wichtig.«
Eine Weile starrten wir wieder schweigend aufs Meer. In der Ferne zogen weitere Frachter ihre Bahn.
»Larissa hat ein großes Problem«, sagte Kokou schließlich. »Sie sieht es vielleischt anders, aber sie braucht deine ’ilfe. Sie kann im Augenblick nischt klar denken. Du musst Geduld mit ihr ’aben.«
»Ich weiß. Und trotzdem ...«
»Niemand ’at gesagt, dass es leicht ist.« Er schlug mir auf die Schultern. »Aber du wirst sie beschützen, non ?«
»Natürlich werde ich das«, sagte ich. Kokou hatte recht: Ich durfte mich von Larissas momentanem Verhalten nicht beirren lassen. Wenn dieses Abenteuer vorbei war, dann kehrte vielleicht auch wieder die Larissa zurück, die ich kannte. Bis dahin musste ich Geduld haben, auch wenn es mir schwerfiel.
»Das ist mein Mann«, lächelte Kokou. »Und jetzt spendiere isch uns ein Eis. Was ’ältst du davon?«
Das war der beste Vorschlag, den ich seit Langem gehört hatte. Ich folgte ihm in die Kombüse, wo uns Robin drei große Schalen Eis mit frischen Erdbeeren zubereitete. Die gute Laune der beiden verscheuchte die Wolken in meinem Kopf, und als ich anschließend wieder auf Deck kam, war mein Ärger fast verraucht.
Die Ann Catherine war von Marseille aus an Sardinien vorbeigefahren und hatte von dort aus Kurs auf Sizilien genommen. Leider hielt sich das schöne Wetter nicht. Am zweiten Tag der Reise verdunkelte sich der Himmel und der Wind nahm zu. Auch wenn der Frachter aufgrund seiner Last schwer im Wasser lag, so konnte man die immer höher wachsenden Wogen doch deutlich spüren. Larissa ging mir aus dem Weg und ich hatte auch keine große Lust auf ein Gespräch. Das Frühstück aßen wir schweigend nebeneinander, dann ging jeder zurück in seine Kabine.
Die See wurde immer rauer. Es entwickelte sich zwar kein ausgewachsener Sturm, doch der hohe Seegang reichte mir schon. Einen halben Tag brachte ich im Badezimmer zu und entleerte meinen Magen im Rhythmus der Wellen. Als sich das Wetter und meine Befindlichkeit schließlich besserten, hatten wir den Südzipfel des italienischen Stiefels bereits umrundet und waren in das Adriatische Meer eingefahren. Ich konnte es kaum erwarten, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren.
Es war die letzte Nacht an Bord. Ich schlief unruhig, wälzte mich hin und her und wachte um vier Uhr morgens auf. Wenn ich noch einmal in den Laderaum wollte, dann war jetzt die letzte Gelegenheit dazu. Irgendwann musste auch Karasamoff schlafen. Mit ein wenig Glück konnte ich vielleicht doch noch einen Hinweis entdecken, der uns die Suche in Dubrovnik erleichtern würde.
Die Erkenntnis, dass das Buch in rotem Leder uns bei unserer Aufgabe nicht weiterhalf, hatte mich erneut an meinen Fähigkeiten zweifeln lassen. Entweder hatte ich von Anfang an das falsche Buch ausgewählt, oder das Buch, das ich in meiner Tasche trug, war nicht das, was ich im Viana-Palast gesehen hatte. Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, musste ich einfach noch einmal in den Laderaum.
Ich zog mich an, nahm meine Tasche und schlich mich die Treppen herab in den Bauch des Schiffes. Larissa und ich hatten zwar verabredet, Einzelausflüge zu unterlassen, aber sie hatte mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie eine weitere Suche zwischen den Büchern aus Córdoba für sinnlos hielt.
Auf Zehenspitzen huschte ich am Maschinenkontrollraum vorbei und verschwand im Laderaum. Ich zog meine Taschenlampe heraus und lief zum Container mit dem Diebesgut. Die Türen waren schnell geöffnet. Ich klappte den Deckel der Kiste hoch, aus der wir die beiden Bücher herausgeholt hatten. Dann begann ich, nach einem weiteren Buch in einem roten Einband zu suchen.
Ich hatte etwa die halbe Kiste durch, ohne dass mir etwas aufgefallen wäre, als ich die Tür zum Laderaum aufgehen hörte. Jemand schaltete das Licht ein. Zum Glück wies die Öffnung des Containers von der Tür weg. Sofort machte ich die Taschenlampe aus und zog vorsichtig die Containertüren von innen zu. Dann schob ich die Stangen in ihre Arretierung, damit sich die Hebel außen an der Tür wieder in der richtigen Position befanden. Herzklopfend wartete ich ab, was nun passieren würde. Ob mir Karasamoff doch gefolgt war?
Draußen hörte ich ein lautes, schabendes Geräusch. Dann erklangen Stimmen vor meinem Container. Eine davon gehörte tatsächlich dem
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