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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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ich zu hören kriege, wenn ich ihm sage, dass Sie ihn nicht
sehen wollen.«
    Jane
holte tief Atem, »Lord Tregarthan hat mich in seinem Brief erwähnt?«
    »Ja,
ich habe ihn sogar dabei.« Er suchte in seinen zahlreichen Taschen herum und
brachte schließlich ein zerknittertes Stück Papier zum Vorschein. »Da haben
wir's ... Lassen Sie mich sehen >... verdammt schlimme Überfahrt, Felice
seekrank, der Captain segelt wie Neptun ...< Ah, da steht es: >Alles, was
ich mir wünsche, ist, meine kleine Jane so bald wie möglich zu sehen. Ich
hoffe, du hast gut auf sie aufgepasst.< - Na also!«
    »Ach,
deshalb sind Sie so nett zu mir gewesen«, sagte Jane, und ihre Augen leuchteten
wie Sterne.
    »Natürlich.
Sie haben doch wohl nicht geglaubt ... Ich meine, es ist ja nicht so, dass ich
nicht gern mit Ihnen zusammen war, es ist nur ... Oh, ich muss schon sagen!«
Denn Jane hatte sich nach vorne gelehnt und ihn auf die Wange geküsst.
    »Ich
habe mich manchmal gefragt, Mr. Nevill«, sagte Jane, »warum Sie mich so oft
besuchen. Erst gestern abend habe ich erfahren, dass Lord Tregarthan mit meinem
Vater in Frankreich war, um diese Familie zu retten. Er ... er hat zu mir gesagt,
dass er seinen Schneider im Süden aufsuchen will«, lachte Jane. »Bevor er ging,
hat er mich gebeten, das Geheimnis um Claras Tod auf sich beruhen zu lassen.«
Sie klatschte mit glänzenden Augen in die Hände. »Aber wäre es nicht
wundervoll, wenn es mir gelänge, vor seiner Rückkehr herauszufinden, wer sie
ermordet hat?«
    »Nein«,
sagte Mr. Nevill beunruhigt. »Die ganze Sache mit den Dolchen und Leichen
scheint mir etwas abwegig zu sein. Warum gehen Sie nicht nach Hause und gönnen
sich etwas Ruhe. Tregarthan wird sehr bald bei Ihnen sein.«
    Jane
lächelte und nickte, aber das Glücksgefühl, das sie durchflutet hatte, als sie
von Tregarthans Wunsch erfuhr, sie wiederzusehen, schien auch ihren Verstand
verklärt zu haben. Sie war jetzt überzeugt davon, dass sie die richtige Lösung
finden könnte, wenn sie sich mit Bleistift und Papier hinsetzte und alles
aufschrieb, was sie wußte.
    Als sie
wieder in der Clarges Street waren, lehnte Mr. Nevill ihre Einladung zu einer
kleinen Erfrischung ab und fuhr gleich weiter. Jane traf ihre Mutter im
vorderen Salon an. »Mr. Gillespie war inzwischen da, Jane«, sagte sie. »Was hat
es mit der hysterischen Szene auf sich, die du bei Mrs. Baillie gemacht hast?
Man erzählt sich, du hättest behauptet, jemand habe versucht, dich zu
erdolchen. Wie stehe ich denn da, wenn ich nichts davon weiß! Gestern abend
habe ich lediglich erfahren, dass ein paar Frauenzimmer bei einer von Mrs.
Baillies Überraschungen in fürchterliches Geschrei ausgebrochen sind.«
    »Ich
habe mich geirrt, Mama«, sagte Jane. »Meine Nerven sind ein bisschen
überreizt.«
    »Genau
das hat Mr. Gillespie auch gesagt, und er hat netterweise ein     paar
Tabletten dagelassen, die du nehmen sollst, bevor du dich jetzt gleich zu Bett
begibst. Wirklich, Jane, ich bin deine Mutter, oder hast du das vergessen? Es
ist ja wohl unglaublich, dass du meintest, jemand wollte dich ermorden, und mir
hast du nichts davon erzählt.«
    »Es tut
mir leid«, entgegnete Jane. »Ich habe mich geschämt, als Mrs. Baillie
erklärte, die ganze Sache sei ein Scherz gewesen.«
    Jane
wollte ihrer Mutter nicht erzählen, welchen Verdacht sie hegte, und auch nicht,
dass Lord Tregarthan sich doch etwas aus ihr machte. Ihre Mutter würde ja doch
wieder nur die ganzen alten Skandalgeschichten über das Liebesleben des Beau
vor ihr ausbreiten und sie darauf hinweisen, wie vergeblich es sei, sich in
dieser Beziehung irgendwelchen Hoffnungen hinzugeben.
    »Ich
hätte wissen müssen, dass man dich nirgendwohin mitnehmen kann«, meinte Mrs.
Hart verdrießlich. »Gibt es bei Nevill Anhaltspunkte dafür, dass er dir einen
Heiratsantrag machen wird?«
    »Nein,
Mama.«
    »Nun,
das überrascht mich nicht. Du siehst ziemlich mitgenommen aus. Ich muss sagen,
es gab eine Zeit, da hast du sehr gut ausgesehen. Du bist zu überspannt, Jane.
Ein Übermaß an Gefühl ist nicht unbedingt vorteilhaft.«
    Jane
dachte wieder an Lord Tregarthan, daran, dass er Mr. Nevill gebeten hatte, sich
um sie zu kümmern, und das Gefühl des Glücks, das sie dabei ergriff, durchströmte
ihr Gesicht wie warmes Sonnenlicht und brachte ihre Augen zum Glänzen.
    »Und du
siehst fiebrig aus«, fügte Mrs. Hart hinzu. »Nimm deine Tabletten. Du sollst
gleich zwei nehmen.« Sie füllte ein Glas mit Wasser.

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