02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre
bemerkte meine Verblüffung. »Ihr Agent war so freundlich, uns gegenüber zu erwähnen, dass Alans Anwesenheit Sie ein wenig nervös gemacht hatte. Daher fand er, es sei wohl besser, sich zu verstecken.«
Eine derartige Rücksichtnahme von einem Helden war fast mehr, als ich ertragen konnte. Dämlack, der ich war, drückte ich meine Dankbarkeit natürlich dadurch aus, dass ich es nicht über mich brachte, sie auszudrücken. Bis zum heutigen Tag glaube ich nicht, dass ich Alan angemessen für das an jenem Nachmittag erwiesene Wohlwollen und die Liebenswürdigkeit gedankt habe.
Crises of Confidence – Vertrauenskrisen
Bei den meisten von uns erfreut sich Alan Bennett insofern eines Riesenvorteils, als seine Scheu bekannt ist und erwartet wird; tatsächlich ist sie sogar eine der Eigenschaften, die man am meisten an ihm bewundert. Sie beweist seine Authentizität, seine Bescheidenheit und die noble Distanz zu jener gruseligen Medienbande lauter, dreister, seichter und selbstgefälliger Wichser, zu denen ich wohl leider auch gehöre und die von der restlichen Gesellschaft zu Recht verabscheut werden. Niemand scheint von mir zu erwarten, dass ich schüchtern bin, oder mir zu glauben, wenn ich behaupte, ich sei es. Ich kann den Leuten deswegen keinen Vorwurf machen, denn ich scheine mit großer Leichtigkeit durchs Leben zu gehen. Erst gestern Nachmittag wurde ich daran erinnert. Ich war in der CBS-Sendung
The Late Late Show with Craig Ferguson
zu Gast. Craig ist der schottische Comedian, der inzwischen nach Meinung vieler, einschließlich meiner, zum besten Talkshow-Gastgeber Amerikas geworden ist. Er sagte mir zu Beginn des Interviews, als er damals in den achtziger Jahren regelmäßig in der britischen Comedy-Szene zu Gast war, sei ich ihm immer beinahe widernatürlich gelassen, beherrscht und kontrolliert vorgekommen, und zwar so sehr, dass ihn etwas wie zornige Ehrfurcht vor mir gepackt habe. Ich sollte mich daran gewöhnt haben, dergleichen zu hören, aber wieder machte es mich sprachlos. Ich erinnere mich an keinen einzigen Zeitpunkt meines Lebens, an dem ich das Gefühl gehabt hätte, auch nur im Geringsten selbstgewiss, kontrolliert und entspannt gewesen zu sein. Je länger ich lebe, desto klarer stellt sich für mich eine Wahrheit heraus: Die Menschen werden nur sehr seltenihre vorgefasste Meinung von einer Person revidieren, völlig unabhängig davon, welche Beweise dazu den Anstoß geben. Ich bin Engländer. In Tweed gekleidet. Waschecht. Voller Selbstvertrauen. Establishment. Arrogant. Befugt. So sehen mich die Menschen gern, mag sich die Wahrheit noch so sehr davon unterscheiden. Mag sein, dass ich ein jüdischer Mischling bin und einen suchtgleichen Hang zur Selbstzerstörung besitze, den niederzukämpfen ich Jahre gebraucht habe. Es mag der Fall sein, dass schwankende Launen und Verstimmungen mich gelegentlich in Selbstmordgedanken treiben und mich häufig in Verzweiflung versinken lassen, zerfressen von Selbsthass und Selbstekel. Es mag so sein, dass ich chronisch einem Gefühl des Versagens und der Leistungsschwäche unterliege sowie der furchtbaren Gewissheit, dass ich die Talente, mit der die Natur mich gesegnet hat, verraten, missbraucht oder vernachlässigt habe. Es mag so sein, dass ich Zweifel hege, jemals die Befähigung zu gewinnen, glücklich zu sein. Es mag der Fall sein, dass ich um meine geistige Gesundheit fürchte, meinen moralischen Angelpunkt und sogar um meine Zukunft. Gegen alle diese Fälle mögen Einwände erhoben werden, und ich mag ihre Wahrheit noch so oft beteuern, aber die Wiederholung wird mein »Image« um nicht ein Pixel ändern. Es ist dasselbe Image, das ich schon besaß, als ich noch keine bekannte Person des öffentlichen Lebens war. Ein Image, das eine Delegation von Kommilitonen aus dem ersten Studienjahr veranlasste, mich in meinen Räumen zu besuchen, um mein »Geheimnis« zu erkunden. Ein Image, das manche befriedigt und beeindruckt, andere wütend macht und zweifellos viele mehr langweilt, provoziert oder aufregt. Ich wäre ein tragischer Fall, hätte ich inzwischen nichtgelernt, mit dieser Rolle zu leben. Wie viele Masken sitzt auch diese gelassen lächelnde allmählich so fest und gut, dass man von ihr sagen könnte, sie habe die Züge welch wahren Gesichts auch immer verwandelt, das hinter ihr verborgen seine Schreie ausgestoßen hatte. Doch sie ist nichts als eine Maske, und die Gefühle, die sie verbirgt, sind so, wie sie immer waren.
Was ich zu all
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