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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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einen ihrer finstersten Blicke zu.
    »Ich erwarte immer Ärger, Thursday. Ich habe zwei Jahre lang
    HPS machen müssen – Heathcliff PersonenSchutz – in Wuthering Heights, und ich kann dir sagen, die ProCaths schrecken
    vor nichts zurück. Ich habe ihn persönlich vor acht verschiedenen Attentaten gerettet.«
    »Aber Große Erwartungen? Das kann doch nicht so gefährlich sein.«
    Sie schob ihren Ärmel hoch und zeigte mir eine blasse Narbe
    auf ihrem Arm. »Auch in Hänschen klein kann es ziemlich heiß
    hergehen. Ich war froh, dass ich mit dem Leben davonkam, als
    der kleine Kerl plötzlich mit seinem Knüppel herumfuchtelte.«
    Ich muss wohl etwas ängstlich ausgesehen haben, denn jetzt
    sagte sie: »Alles in Ordnung? Du kannst jederzeit abspringen,
    das ist dir doch klar? Wenn du willst, bist du schneller wieder in
    Swindon, als du ›ach, herrje‹ sagen kannst.«
    Es war keine Drohung. Sie wollte mir wirklich nur sagen,
    dass ich einen Ausweg hatte. Ich dachte an Landen und an das
    Baby. Wie gefährlich konnte es schon sein, wenn man ein
    bisschen in der Vorgeschichte der Großen Erwartungen herumfummelte?
    »Von mir aus kann's losgehen, Miss Havisham«, sagte ich.
    Sie nickte, krempelte ihren Ärmel wieder herunter, zog Große Erwartungen aus dem Regal und legte es auf ein Pult.
    »Wir müssen an eine Stelle, bevor das Buch anfängt, es geht
    also nicht um den üblichen Buchsprung. Hast du verstanden?«
    »Ja, Miss Havisham.«
    »Gut. Ich habe keine Lust, alles zweimal zu sagen. So, und
    jetzt lies uns in den Text.«
    Ich schlug das Buch auf und begann auf der ersten Seite zu
    lesen, wobei ich allerdings diesmal darauf achtete, unser Gepäck
    nicht loszulassen.
    »… Wir wohnten im Marschland unten in einer Flussbiegung,
    ungefähr zwanzig Meilen entfernt von der See. Ich glaube, meinen ersten, sehr nachdrücklichen Eindruck vom Wesen der Dinge
    habe ich an einem besonders kalten Nachmittag gewonnen. Ich
    hatte zu diesem Zeitpunkt herausgefunden, dass dieser öde, von
    Nesseln überwucherte Ort der Friedhof war; dass der aus dieser
    Gemeinde stammende Philip Pirrip und seine Frau Georgina
    ebenso tot und begraben waren wie ihre unmündigen Kinder
    Alexander, Bartholomew, Abraham, Tobias und Roger; dass die
    düstere, flache, von Deichen, aufgeschütteten Hügeln und Gat-tern durchzogene Wildnis hinter dem Kirchhof, auf der hier und
    da Vieh weidete, die Marschen waren; dass die niedrige, bleierne
    Linie dahinter der Fluss und dass die weit entfernte, wüste Gegend, aus der der Wind wehte, das Meer und dass das kleine,
    zitternde Bündel, das vor alledem Angst hatte und weinte, Pip
    war …«
    Damit waren wir an Ort und Stelle, mitten unter den Grabsteinen der ersten Szene von Große Erwartungen. Die Luft war
    feucht und kalt, und am anderen Ende des Friedhofs hockte ein
    kleiner Junge, starrte auf die verwitterten Grabsteine und redete
    mit sich selbst. Es war aber noch jemand da; genauer gesagt eine
    ganze Gruppe von Leuten, die unmittelbar jenseits der Friedhofsmauern arbeiteten. Sie wurden von zwei elektrischen
    Scheinwerfen beleuchtet, die von einem kleinen Generator
    gespeist wurden.
    »Was sind das für Leute?« flüsterte ich.
    »Okay«, sagte Miss Havisham, die gar nicht gehört hatte, was
    ich gesagt hatte. »Jetzt geht es weiter. Wir … Was hast du
    gerade gesagt?«
    Ich zeigte in Richtung der Gruppe. Einer der Arbeiter rollte
    gerade eine Schubkarre über eine Planke und kippte den Inhalt
    auf einen Erdhaufen.
    »Gütiger Himmel!« rief Miss Havisham und marschierte auf
    die Gruppe zu. »Das ist ja Commander Bradshaw!«
    Ich trottete hinter ihr her und erkannte, dass die Grabung
    archäologischer Natur war. Mit Schnüren verbundene Pflöcke
    waren in den Boden geschlagen und bezeichneten den Grabungsbereich, in dem die Freiwilligen so leise wie möglich mit
    Schaufeln und Kellen herumkratzten. Auf einem zusammen-faltbaren Safaristuhl saß ein Mann, der wie ein Großwildjäger
    herausgeputzt war. Außer seinem Jagdanzug trug er ein Monokel und einen buschigen Schnauzbart. Er war kaum einen Meter
    groß, und als er aufstand, war er noch kleiner.
    »Potztausend, das ist ja das Havisham-Mädchen!« krächzte
    er heiser. »Sie sehen jedesmal jünger aus, wenn ich Sie sehe!«
    »Was machen Sie da eigentlich?« fragte ihn Havisham. »Ach,
    das sind nur ein paar Grabungen für die Dickens-Gesellschaft«,
    sagte Bradshaw. »Ah, ja«, nickte Havisham. »Lasst euch nicht
    stören.« Sie wandte sich wieder

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