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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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und
    Witze, sondern auch geheime Botschaften für die im Land
    versteckten Widerstandskämpfer in den Äther hinausschickte. Ständig in Bewegung, mal in diesem, mal in jenem
    Versteck, benutzten die Formbys ihre zahlreichen Kontakte
    im Norden, um abgeschossene alliierte Flieger ins neutrale
    Wales zu schmuggeln und Widerstandszellen zu gründen,
    die den deutschen Truppen schwer zusetzten. Hitlers soge-nannter »Banjo-Befehl«, wonach alle Ukulelen und Banjos
    in England verbrannt werden sollten, war ein klarer Hinweis darauf, dass George Formby als schwere Bedrohung für
    die Moral der Besatzungsarmee galt. »Hey, das ist ja mal gut
    ausgegangen« war sein berühmter Kommentar nach der
    Waffenstillstandsvereinbarung. Er wurde zum geflügelten
    Wort. Im republikanischen Nachkriegsengland wurde er
    nichtbeamteter Präsident auf Lebenszeit und behielt dieses
    Amt bis zu seiner Ermordung.
JOHN WILLIAMS
    – Die ungewöhnliche Karriere des George Formby

    Nach zwei oder drei Tagen normaler LiteraTec-Arbeit und
    einem langweiligen Wochenende ohne Landen lag ich morgens
    im Bett, starrte an die Decke und lauschte dem Klirren der
    Milchflaschen auf der Straße und dem Scharren von Pickwicks
    Füßen auf dem Küchenlinoleum. Die Schlafgewohnheiten der
    genetisch wiederbelebten Arten waren immer ein bisschen
    irregulär; warum das so war, wusste niemand. Wirklich gravierende Zufälle waren in den letzten Tagen nicht aufgetreten,
    lediglich die beiden Agenten von SpecOps-5, die beauftragt
    waren, Slorter und Lamme zu bewachen, starben infolge einer
    Kohlenmonoxidvergiftung in ihrem Dienstwagen. Wie es
    scheint, war der Auspuff des Fahrzeugs defekt.
    Lamme und Slorter hatten mich in den letzten Tagen auf
    sehr indiskrete Weise beschattet. Ich hatte es zugelassen, sie
    störten mich nicht weiter – und meinen unsichtbaren Feind
    offenbar auch nicht. Sonst wären sie wahrscheinlich schon tot
    gewesen.
    Aber ich hatte noch andere Sorgen als SO-5. In drei Tagen
    würde sich die Welt in eine klebrige rosa Masse aus Zucker und
    Proteinen verwandeln, hatte mein Vater gesagt, und ich hatte
    die ganze rosa Schweinerei selbst gesehen. Andererseits hatte
    ich auch gesehen, wie ich auf einem Skyrail-Bahnhof erschossen
    wurde von einem SO-14-Scharfschützen, und lebte doch irgendwie weiter. Die Zukunft war also glücklicherweise nicht
    ganz unveränderlich. Die Laboruntersuchungen hatten immer
    noch nichts Entscheidendes ergeben; der rosa Schleim ließ sich
    mir keiner bekannten chemischen Verbindung vergleichen.
    Zufällig war der nächste Donnerstag auch noch Wahltag.
    Und dank seines »großzügigen« Umgangs mit dem CardenioManuskript konnte der undurchsichtige Yorrick Kaine damit
    rechnen, erhebliche Stimmengewinne zu machen. Dennoch
    ging er keinerlei Risiko ein: Den konkreten Text der Shakespeare-Komödie würde er der Öffentlichkeit erst drei Tage nach
    den Wahlen vorstellen. Wenn sich die Welt tatsächlich in rosa
    Schleim auflöste, konnte Kaines Karriere als Premierminister
    allerdings ziemlich kurz werden.
    Ich schloss die Augen und dachte an Landen. Er war genauso, wie ich ihn in Erinnerung hatte: Er saß mit dem Rücken zu
    mir in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch und schrieb. Das
    Sonnenlicht strömte durchs Fenster, und das vertraute Klappern seiner alten Underwood klang wie eine zärtliche Melodie
    in meinen Ohren. Ab und zu hielt er inne, um das Geschriebene
    durchzulesen und nachzudenken. Manchmal nahm er den
    zwischen seinen Zähnen eingeklemmten Bleistift und korrigierte dies oder jenes. Ich lehnte am Türrahmen und beobachtete
    ihn lächelnd von hinten. Er sagte sich den Halbsatz, den er
    geschrieben hatte, laut vor, lachte zufrieden und ließ den Wa-gen der Schreibmaschine schwungvoll zurückschnurren. Dann
    hämmerte er umso heftiger weiter. Nach fünf Minuten nahm er
    den Bleistift aus dem Mund und drehte sich zu mir um.
    »Hallo, Thursday!«
    »Hallo! Ich wollte dich nicht stören. Soll ich lieber wieder –«
    »Nein, nein«, sagte er hastig. »Geh nicht weg. Ich freu mich
    so, dich zu sehen. Wie geht's denn so da draußen bei dir?«
    »Nicht so gut«, sagte ich trübsinnig. »Flanker von SO-1 will
    mich offenbar fertigmachen; Goliath sitzt mir im Genick, und
    dieser Lavoisier will mich benutzen, um meinen Vater zu
    schnappen.«
    »Kann ich dir irgendwie helfen?«
    Also setzte ich mich rittlings auf seinen Schoß, und er massierte mir den Nacken. Es war einfach himmlisch.
    »Wie geht's denn dem

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