Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
fantastische Vorstellung. Consolidated Useful Stuff finanziert bereits eine ganze
    Reihe von Forschungs-und Entwicklungsprojekten auf diesem
    Gebiet.«
    »Ich bin beeindruckt, Onkelchen, aber kannst du mir jetzt
    noch sagen, was du von Zufällen weißt?«
    »Nun ja«, sagte Mycroft nachdenklich. »Es ist meine wohlerwogene Überzeugung, dass die meisten Zufälle lediglich Zufälle
    sind. Wenn man die Kurve einer Wahrscheinlichkeitsrechnung
    extrapoliert, stellt man fest, dass angesichts der Zahl der Menschen auf diesem Planeten und der vielfältigen Dinge, die wir
    im Verlauf des Lebens so tun, statistische Anomalien, die auf
    den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, durchaus im Bereich
    der Wahrscheinlichkeit liegen.«
    »Ich verstehe«, sagte ich langsam. »Das erklärt kleinere Zufälle, aber was ist mit den größeren Zufällen? Für wie hoch
    würdest du die Wahrscheinlichkeit halten, dass sämtliche
    Passagiere eines Skyrail-Waggons Irma Cohen und die Lösungsworte eines Kreuzworträtsels streitsüchtige Thursday,
    goodbye heißen, kurz bevor jemand mich zu erschießen versucht?«
    Mycroft stieß einen leisen Pfiff aus. »Das ist ein ziemlich beachtlicher Zufall. Das ist mehr als ein Zufall, würde ich sagen.«
    Er holte tief Luft. »Wir sollten uns an dieser Stelle daran erinnern, dass unser Universum sich stets von einem geordneten zu
    einem ungeordneten Zustand bewegt. Wenn ein Glas zu Boden
    fällt, zerspringt es in tausend Scherben; aber die Scherben eines
    zerbrochenen Glases werden sich niemals wieder zusammenfügen und zurück auf den Tisch springen.«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Aber warum nicht?«
    »Keine Ahnung.«
    »In der Tat. Kein Atom des zerbrochenen Glases müsste ge-gen irgendwelche physikalischen Gesetze verstoßen, um sich
    mit den anderen Atomen so zu vereinigen, dass wieder ein Glas
    daraus wird – auf der subatomaren Ebene sind alle Teilchenbewegungen reversibel. In dieser Größenordnung können wir
    nicht sagen, welches Ereignis welchem anderen vorhergeht. Nur
    hier draußen sehen wir Dinge altern. Nur hier draußen gibt es
    für den Zeitablauf eine strenge Richtung.«
    »Was willst du damit sagen, Onkelchen?«
    »Dass die Dinge nicht umkehrbar sind, liegt am Zweiten Gesetz der Thermodynamik, welches besagt, dass die Unordnung
    im Universum ständig zunimmt. Das Maß dieser Unordnung
    ist die sogenannte Entropie.«
    »Und was hat das mit dem Zufall zu tun?«
    »Dazu komme ich gleich. Stell dir einen Behälter mit einer
    Zwischenwand vor. Die linke Hälfte ist gasgefüllt, die rechte ein
    Vakuum. Wenn du die Zwischenwand wegnimmst, dehnt sich
    das Gas in beide Hälften aus, stimmt's?«
    Ich nickte.
    »Und du würdest nicht erwarten, dass sich das Gas anschließend wieder in die linke Hälfte zurückzieht, oder?«
    »Nein.«
    »Aha!« sagte Mycroft mit einem Lächeln. »Das ist nicht ganz
    richtig. Jede Bewegung von Gas-Atomen ist nämlich reversibel,
    also wird sich das Gas früher oder später tatsächlich in die linke
    Ecke zurückziehen müssen!«
    »Es muss sich zurückziehen?«
    »Ja. Die Frage ist nur, wie lange es dauert. Da auch ein kleiner Gasbehälter ohne weiteres 1020 Atome enthalten kann, wäre
    die Zeit, die sie brauchen, um alle möglichen Formen der Ver-teilung zu finden, weitaus größer als das Alter des Universums.
    Eine Verringerung der Entropie, wie sie notwendig wäre, um
    das Gas zu einer solchen Verteilung zu bringen, ein zerbrochenes Glas zusammenzufügen oder die Statue von St. Zvlkx vor
    unserer Haustür zu einem Besuch im örtlichen Gasthof zu
    bringen, ist keineswegs undenkbar und verstößt auch gegen
    keine physikalischen Gesetze, sie ist nur sehr, sehr unwahrscheinlich.«
    »Du willst also sagen, dass richtig verrückte Zufälle bloß auf
    eine Verminderung der Entropie zurückgehen?«
    »Genau das. Aber das ist nur eine Theorie. Warum die Entropie gelegentlich von sich aus abnimmt, wissen wir nicht. Und
    wie man die Entropie auf experimentellem Wege lokal verringern könnte, wissen wir auch nicht. Ich habe da nur ein paar
    unbewiesene Theorien, mit denen ich dich jetzt nicht belasten
    will. Aber schau mal, ich habe da etwas für dich. Das könnte
    dein Leben retten, unter gewissen Umständen.«
    Er gab mir ein fest verschraubtes Marmeladenglas, das zur
    Hälfte mit Reis und zur anderen Hälfte mit Linsen gefüllt war.
    »Danke, ich bin nicht hungrig«, erklärte ich ihm.
    »Darum geht es auch nicht«, sagte er. »Dieses Gerät ist ein
    Entroposkop.

Weitere Kostenlose Bücher