02_In einem anderen Buch
schließlich fing sie an zu
lachen. Sie war gar nicht so übel, wenn sie mal aufhörte, an die
Mode zu denken.
Aber jetzt fing ihr Ehemann wieder an: »Ich habe jetzt zwanzigtausend plus Dienstwagen und eine schöne Direktversicherung. Ich kann mit fünfundfünfzig in Rente gehen und kriege
immer noch zwei Drittel von meinem Gehalt. Wie sind die
Altersbezüge bei SpecOps?«
»Absolut scheiße. Aber das weißt du doch sowieso, Wilbur.«
Eine etwas kleinere und deutlich haarwuchsbehinderte Version von Wilbur näherte sich. »Hallo, Thursday!«
»Hallo, Orville! Was macht dein Ohr?«
»Genau wie immer. Was hast du da gerade über die Rente
mit fünfundfünfzig gesagt, Will?«
Im Verlauf der spannenden Diskussion über die Rente war
ich alsbald vergessen. Charlotte, die Frau von Orville, trug
ebenfalls den Thursday-Next-Look und war bald in ein lebhaftes Gespräch mit Gloria darüber verwickelt, ob im Rahmen
dieser Mode Eyeliner und knöchelhohe Schuhe erlaubt seien.
Wie üblich war Charlotte ganz derselben Meinung wie Gloria.
Sie war außerordentlich gastfreundlich, hatte aber eine fatale
Neigung zum Zustimmen, und man musste sehr darauf achten,
dass man nicht mit ihr Aufzug fuhr, denn sie konnte einen zu
Tode zustimmen.
Wir schlenderten weiter, und es gelang mir gerade noch
rechtzeitig, meinen älteren Bruder Joffy am Handgelenk zu
erwischen, ehe er mir zur Begrüßung auf den Hinterkopf schlagen konnte, wie er das jetzt seit fast dreißig Jahren zu seiner
Gewohnheit gemacht hatte. Ich drehte ihm den Arm auf den
Rücken und presste sein Gesicht an die Wohnzimmertür, ehe er
wusste, wie ihm geschah.
»Hallo, Joff«, sagte ich, als ich ihn losließ. »Du wirst langsam
alt, was?«
Er lachte energisch, richtete sein Kinn und seinen steifen
Kragen und umarmte mich herzlich. Dann streckte er Landen
die Hand hin, die dieser freilich erst schüttelte, nachdem er sie
auf irgendwelche Scherzartikel untersucht hatte, die mein
Bruder regelmäßig darin versteckt trug.
»Wie geht's, Joff?«
»Nicht so besonders. Die Kirche der Globalen StandardGottheit hat sich gespalten.«
»Nein!« sagte ich so überrascht und besorgt wie ich nur
konnte.
»Doch, leider. Die neue Kirche der Globalen StandardGottheit im Uhrzeigersinn hat sich losgesagt, weil sie nicht bereit
war, mit Gemeinden zusammenzuarbeiten, bei denen es keine
Vorschriften darüber gibt, in welcher Richtung der Kollektenteller herumgereicht werden soll.«
»Schon wieder eine Spaltung? Das ist ja schon die dritte in
dieser Woche.«
»Die vierte«, sagte Joff trübsinnig. »Dabei ist erst Dienstag.
Gestern haben sich die Standardisierten Pro-Baptisten und
angeschlossenen Methodistisch-Lutherischen Schwestern in zwei
Untergruppen gespalten. Bald haben wir nicht mehr genug
Pfarrer, um die verschiedenen Gemeinden zu versorgen. Ich
muss jetzt schon zwei Dutzend verschiedene Gruppen betreuen.
Kannst du dir vorstellen, wie peinlich es ist, wenn man den
Idolatrischen Freunden von St. Zvlkx dem Verbraucher die
Predigt hält, die eigentlich für die Kirche des falsch verstandenen
Ewigen Lebens gedacht war? Mama ist in der Küche. Glaubst du,
dass Vater vorbeikommt?«
»Ich weiß nicht.«
Er machte einen Augenblick ein betrübtes Gesicht und sagte
dann: »Kannst du nächste Woche zur Vernissage meiner Arts
modernes de Swindon kommen?«
»Warum sollte ich?«
»Weil du meine Schwester und irgendwie berühmt bist.«
»Ich werd es mir überlegen.«
Er zupfte mich zärtlich am Ohr. »Vielen Dank.«
Meine Mutter war mit ihren Hühnerpasteten beschäftigt.
Aus irgendwelchen Gründen waren sie nicht alle angebrannt
und schmeckten ganz annehmbar, was meine Mutter zutiefst
beunruhigte. Normalerweise endeten ihre Kochversuche ähnlich wie der Absturz des Meteoriten in der Steinigen Tunguska
im Jahre 1908.
»Hallo, Thursday! Hallo, Landen! Kannst du mir gerade mal
die Schüssel reichen?« Landen nahm sie und versuchte ihren
Inhalt zu erraten. »Guten Abend, Mrs Next«, sagte er.
»Nenn mich ruhig Wednesday. Du gehörst ja jetzt zur Familie, nicht wahr?« Meine Mutter kicherte wie ein Backfisch.
»Dad lässt schön grüßen«, sagte ich eilig, ehe meine Mutter
sich in weitere Vertraulichkeiten hineinsteigerte. »Ich hab ihn
heute getroffen.«
Meine Mutter hielt einen Augenblick inne und dachte ver-mutlich an zärtliche Umarmungen mit ihrem verschollenen
Mann. Es muss ein ziemlicher Schock gewesen sein, als sie eines
Morgens
Weitere Kostenlose Bücher