02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
Alexanders Schuss weh.
Alexander ließ die Waffe sinken und schritt zur Tür. Er schob den Riegel vor.
»S, schütze mich. Töte Alex!« Schmerz durchbohrte Wells’ Brust.
»Hör zu, Baptiste«, sagte Wallace. »Du bist nicht der Mörder, zu dem er dich seit deiner Geburt machen wollte. Du bist der Mann, den sich deine Mutter laut und von ganzem Herzen gewünscht hat. «
In S’ Kiefer zuckte ein Muskel. Er schloss die Augen, und seine Wimpern zitterten, als fiele es ihm schwer, sie geschlossen
zu halten. Seine angespannten Muskeln zitterten heftig.
»Schütze mich, S!«
»Hör nicht auf ihn! Du verdienst ein eigenes Leben, das so ist, wie du es willst. Wie es dein Herz will. Wir stehen das zusammen durch, was auch immer geschieht. «
Schweißperlen zeigten sich auf S’ Stirn. »T’es sûr de sa?«, flüsterte er gepresst.
»Ja, Baptiste, ich bin mir sicher«, antwortete Wallace leise.
Wells stierte S an. »Still«, befahl er mit tonlos pfeifender Stimme. »Öffne die Augen, S, und sieh mich an. Rip Van Winkle. «
»Schneewittchen«, erwiderte S. Blut troff ihm aus der Nase und spritzte auf Couch und Teppich. Ein düsteres Lächeln umspielte seine Lippen. Seine Muskeln entspannten sich. »Verdammtes Dornröschen.«
Wells gefror das Blut in den Adern. Er rang nach Luft. S war es gelungen, die Programmierung zu umgehen. Möglicherweise hatte es einen Kurzschluss gegeben, als die Zwillinge versucht hatten, ihn an seine Vergangenheit zu erinnern. Oder vielleicht lag es an Wallace. Vielleicht lag es an beidem. Oder an keinem von beiden.
Ich hätte ihn Wallace umbringen lassen sollen, wie Chloe.
Wells taumelte rückwärts an die Wand. Der Kupfergeschmack von Blut füllte seinen Mund.
Draußen erklangen weitere Schüsse.
S öffnete die Augen.
Wells nahm am äußeren Rand seines Sichtfelds eine Bewegung wahr: Wallaces Schwester kroch zur Couch, Wallace fasste nach S. Aber er konnte den Blick nicht von dem schönen, blutüberströmten Gesicht lösen, von den golden schimmernden Augen.
Golden – wie bei seiner Geburt. Genauso damals, als er Johanna in ihre Bestandteile aufgelöst hatte.
Blaue Flammen flackerten hinter S. Sie kamen aus seinen gefesselten Händen.
S’ Lächeln wurde breiter, als er in die Tiefen von Wells’ Augen blickte.
»Das hier wird es leichter machen, ihn zu töten«, sagte Alexander. »Aber danach bringst du mir meine Schwester aus der Unterwelt zurück. «
Wells beobachtete, bedeckt von kaltem Schweiß, wie ein kleiner Schlüssel durchs Zimmer schwebte und hinter S verschwand. Er hörte ein Klicken, dann schüttelte S die Handschellen ab. Er riss die Hände nach vorn.
Hände, die blaue Flammen umspielten.
Er ist es, Dante-Engel.
Ich weiß, Prinzessin.
Dantes Gesang erklang in den dunklen Tiefen seiner Seele – berauschend und frei. Eine Urarie. Durch seine Finger fuhr prasselnd Energie.
Dante sprang über das Sofa und landete in der Hocke neben dem Mann, dessen Gesicht er sich nicht merken konnte – Lyons’ Vater. Der durchdringende Geruch von Angst trat aus jeder Pore des Gesichtslosen.
»Mein schöner Junge, mein S«, sagte der Mann seltsam dumpf und blubbernd. »Es ist Zeit, dass du gute Nacht sagst und …«
»Nein! «, rief Heather. »Halt!«
Weißliches Licht pulste am Rand von Dantes Sichtfeld. Schmerz verwischte seine Gedanken. Er presste dem Mann die Hand auf den Mund. Sein Lied erhob sich in wilden Akkorden, wurde schneller und klarer, als er den Mund des Mannes mit blauem Feuer schloss. Blaue Flammen tanzten über sein Gesicht und tilgten alle verbliebenen Züge. Nun war es leichter für Dante, ihn anzusehen. Der pochende Schmerz in seinem Kopf ließ nach.
Der Gesichtslose schrie und schrie. Der dumpfe Laut blieb ihm im Hals stecken, da er nicht mehr über die Lippen entweichen konnte.
In Dantes Inneren wisperten die Stimmen.
Willesbraucheestöteesverbrennees …
Bekommt er jetzt endlich das, was er verdient, Dante-Engel?
Nein, Prinzessin, nicht einmal annähernd.
»Verfluchter kleiner Psycho«, sagte Dante. Das Lied in seinem Herzen hallte in die Nacht hinaus – hell lodernd und ungefesselt.
Dantes Anhrefncathl pulsierte dunkel brennend und scharf wie eine Rasierklinge durch Luciens Bewusstsein und riss ihn aus seinem unruhigen Schlaf. Seine Muskeln zogen sich zusammen, und instinktiv versuchte er, seine Flügel zu spreizen und sich in den Himmel zu erheben.
Doch Schmerz schoss durch seine Flügel und seine Schultern, und Lucien
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