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02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

Titel: 02 Nightfall - Rueckkehr des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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PROLOG
WANDERER IN ZWEI WELTEN
    Außerhalb von Las Vegas, Nevada 15. März
     
    Jon Bronlee öffnete die Tür einen Spalt und schielte auf den Parkplatz des Motels hinaus. Stoßstangen und Radkappen blinkten im grellen Licht der Sonne Nevadas und blendeten ihn, so dass er die Augen zusammenkniff. Auf einem verwitterten Telefonmast hockte eine Krähe und stieß ein heiseres Krächzen aus.
    Nichts regte sich. Jedenfalls, soweit Jon das sehen konnte.
    Er wünschte, er hätte diese verdammte Sicherheits-CD nie in seine Tasche gleiten lassen. Er wünschte sich, sie und den wattierten Umschlag, den er auf Moores Schreibtisch entdeckt hatte, nie aus dem Center geschmuggelt zu haben. Er wünschte sich, sie nie angeschaut zu haben.
    Wie auf Kommando und zum hundertmillionsten Mal skandierte eine Stimme in seinem Kopf: Verkauf sie und mach verdammt viel Knete. Genug, um Jahrzehnte früher in Rente gehen zu können, genug, damit Nora und ich ein angenehmes Leben führen können, genug, um Kristi auf eine waffenfreie Privatschule zu schicken.
    Die Gier war ein verdammt gewiefter Trickser, sie brachte einen dazu, nicht mehr an die Konsequenzen zu denken – du bist reich und lange über alle Berge, ehe jemand überhaupt etwas merkt –, bis es dann schlagartig steil bergab ging.

    Sogar wahnsinnig steil bergab – ein echter Sturz Kopf voraus – , und plötzlich machte die Gier den Mund zu und sagte nichts mehr.
    Die alptraumhaften Bilder, die die Sicherheitskamera der medizinischen Abteilung aufgezeichnet hatte, flackerten zum x-ten Mal vor Jons innerem Auge. Sie schienen sich auf seine Netzhaut eingebrannt zu haben. Die Schreie der Frau waren in seinem Gehirn auf Wiederholung geschaltet – eine Endlosschleife aus Schreien, die irgendwann abrupt in einem feuchten Gurgeln endete … und mit einem platschenden Spritzen.
    Jon wünschte sich verzweifelt, er könne die Zeit zurückdrehen und nach Washington zurückkehren, zurück in jene Nacht, um die Ereignisse ungeschehen zu machen. Aber da er das nicht konnte …
    Mit einem Kuvert unter dem Arm trat er ins Freie, und sofort begannen sich Schweißperlen auf seiner Stirn zu bilden. Er nahm einen Hauch Old Spice wahr, als sein Deo seine Arbeit aufnahm. Das metallische Knattern eines Dieselmotors hallte durch die heiße, flirrende Luft, als jemand auf dem Highway hinter dem Motel herunterschaltete – es klang wie ein Stahlfass auf einer Teerdecke.
    Er eilte zum Motelempfang hinüber, stieß die Tür auf und trat ein. Angenehm kühle Ventilatorluft schlug ihm entgegen. Er blieb an der Theke stehen. Ein nach Schweiß stinkender Mann mit Halbglatze drückte seinen fetten Bauch gegen die Rezeptionstheke.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Jon legte den Umschlag auf die Theke. »Können Sie das für mich aufgeben?«
    »Jo.«
    »Klasse.« Jon bohrte den Finger in die Polsterung des Umschlags.
    Der Mann schnappte sich den Umschlag mit einem Seufzer, schlenderte zu einem Kasten mit der Aufschrift »Post« am Ende der Theke und warf ihn ein.

    Jon murmelte seinen Dank und verließ die Rezeption. Eilig kehrte er in sein Zimmer zurück. Dort legte er die Kette vor und drehte den Schlüssel im Schloss, ehe er sich aufs Bett warf und an die Decke starrte, die voller Wasserflecken war. Er musste sich dringend überlegen, was er als Nächstes tun wollte. Aber sein Hirn weigerte sich. Statt nach vorn zu blicken, kreiste es in Gedanken immer wieder um das Center und schnüffelte den vergangenen Ereignissen wie ein Bluthund hinterher.
    Während seiner zehn Jahre bei der behördenübergreifenden Reinigungstruppe hatte Jon natürlich seinen Anteil an Leichen beseitigt. Auch die Reinigung im Bush-Center für psychologische Forschung war zuerst nur wie ein Routinefall erschienen. Zwei tote Sicherheitsleute draußen im Schnee – einer mit durchtrennter Kehle, der andere mit gebrochener Wirbelsäule. Zwei weitere Leichen im Gebäude: ein toter Agent, ein toter Serienkiller. Es war unklar gewesen, wer oder was den Agenten getötet hatte, aber den Killer hatten Kugeln getötet.
    Die Routine hatte in der medizinischen Abteilung ein plötzliches Ende gefunden.
    In einem Untersuchungszimmer, das unerklärlicherweise voller blauer, sich windender Dornenranken gewesen war.
    In einer Lache aus Flüssigkeit auf dem gefliesten Boden geendet.
    Bei dem Gedanken brannte Magensäure in Jons Kehle, und er schluckte. Er versuchte, den Schrei zu verdrängen, der sich schrill in sein Bewusstsein bohrte. Es gelang ihm nur, ihn

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