02 - Schatten-Götter
dem die anderen Schattenkönige ihn belegt hatten. In den Monaten seit der katastrophalen Schlacht um Besh-Darok war für ihn kaum ein Tag vergangen.
Kleine Lampen brannten auf Ständern in den Ecken des Raumes, aber das meiste Licht spendete ein versenktes Muster in den Pflastersteinen des Bodens direkt unter dem Gefangenen. Es waren uralte Symbole, die ein grünliches, magisches Leuchten ausstrahlten, das sich mit den Lichtpunkten der Öllampen vermischte, welche die geschwungenen Reihen von Zeichen beschienen, die sich über Ystreguls Käfig erstreckten. Es war heiß in der Kammer. Als Byrnak abstieg, erhob sich eine Gestalt in einem kurzärmeligen schwarzen Gewand aus ihrem Schneidersitz, in dem sie in einer Ecke des Raumes verharrt hatte. Ihr glattrasiertes, schmales Gesicht verzog sich zu einem finsteren Lächeln, als sie den Käfig samt seinem menschlichen Inhalt betrachtete. Immer noch lächelnd sah Kodel Byrnak an.
»Unser Bruder hatte einen Besucher«, sagte er. »Und zwar erst kürzlich.«
Bevor Byrnak antworten konnte, trat eine weitere Gestalt in den Lichtschein. Es war Obax, Byrnaks ehemaliger Führer und jetzt der Meister der Akolythen in Trevada. Er trag eine lange, grüne Robe, sein graues Haar war zu Zöpfen geflochten, und er hatte milchig weiße Augenlinsen.
»Seid gegrüßt, Großer Gebieter. Geht es Euch gut?«
Byrnak grinste wölfisch. »Meine Gesundheit ist bewundernswert, Freund Obax, und ich bin auch im Vollbesitz meines Schicksals.«
Der Priester nickte bedächtig. »Wahrhaftig, Eure blühende Gesundheit ist eine Inspiration für uns alle, höchst mächtiger Gebieter, und hilft unsere Trübsal zu lindern, dass diese Energie bedauerlicherweise nicht allen Schattenkönigen eigen ist.«
Byrnak schaute Kodel arf, der amüsiert mit den Schultern zuckte.
»Harte Arbeit, Meisterschaft und gewiefter Wille überwinden am Ende auch solche Hindernisse.« Seine Stimme wurde eindringlicher. »Erzähl mir doch vom neuen Ritus des Webens der Seelen. Gehe ich recht in der Annahme, dass du und deine Meister Fortschritte machen?« »Ah, das ist eine sehr schwierige Aufgabe, Großer Gebieter«, erwiderte Obax ungerührt. »Irgendwie müssen wir zunächst die fünffaltige Essenz abstrahieren, ohne Euch und Euren Brüdern Schaden zuzufügen, dann müssen wir diese Brachstücke unserer Gottheit in einem neuen Wirt zusammenfügen, der stark genug für diesen Dienst ist.« Er seufzte. »Eine monumentale Aufgabe, dennoch erzielen wir Fortschritte.«
Byrnak starrte in die milchigen Linsen. Ja, und zwar so langsam wie möglich, dachte er.
»Eure Mühen werden angemessen belohnt werden«, sagte er gelassen. »In der Zwischenzeit, mein sehr guter Freund, kümmere dich freundlicherweise um mein Pferd.« Mit diesen Worten warf er ihm die Zügel seines Hengstes zu.
Einen Moment stand Obax stocksteif da, das milchäugige Gesicht eine ausdruckslose Maske. Dann lächelte er und hob die Zügel vom Boden auf.
»Wie Ihr wünscht, Großer Gebieter«, erwiderte er. »Ich sorge dafür, dass er gut gefüttert wird.« Damit drehte sich der Akolyth herum und führte das Tier aus der Kammer. Als die schwere Tür hinter ihm zufiel, lachte Kodel.
»Es war mir gar nicht klar, Bruder«, sagte er. »Dieser Mann hasst dich mit aller Leidenschaft. Könnte er ein Problem für uns darstellen?«
»Wir werden uns um die Nachtbrüder kümmern, sobald Besh-Darok gefallen ist«, erwiderte Byrnak und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Ich gehe davon aus, dass alles bereit ist«, sagte Kodel und ging zu dem niedrigen Stuhl zurück, auf dem er mit gekreuzten Beinen gesessen hatte. »Warum zögerst du den Angriff hinaus? Machst du dir immer noch wegen dieses dritten Artefakts Sorgen?«
Byrnak knurrte. »Sie verbergen etwas, dieser Bardow und seine schwächlichen Magier, selbst vor ihrem eigenen General, diesem Verräter Yasgur. Ich muss wissen, was es ist, bevor ich unsere Armeen angreifen lasse.« Kodel musterte durch ein an Drähten befestigtes System aus glühenden Linsen prüfend den aufgehängten Ystregul in seinem Käfig. »Ich nehme an, dass du einige Legenden von der Schlacht von Kogil, dem Fall Jagreags und dergleichen Schauermärchen mehr gehört hast.«
»Zu viele, und die meisten besitzen den unangenehmen Beigeschmack der Wahrheit.« Er deutete mit dem Zeigefinger auf sein Gegenüber. »Weshalb ich erfahren muss, was deine Spione dir mitgeteilt haben.« Der andere Schattenkönig blies Staub von einem
Weitere Kostenlose Bücher