02 - Schatten-Götter
Hand, und rief: »Handgalopp!«
Hauptmann Barik wiederholte den Befehl und die ganze Kolonne nahm das Tempo auf. Kurz darauf tauchte der schwach silbern glänzende Jontossee vor ihnen aus dem Nebel auf. Als sie sich ihm näherten, sah Mazaret das konische weiße Dach des Mausoleums, das sich zwischen die Bäume am Fuß der schneebedeckten Hügel des Buckelgurts schmiegte.
Sie waren kaum eine Meile von dem See entfernt, als ein Reiter aus dem dichten Unterholz auftauchte. Er saß zusammengesunken im Sattel, als wäre er verletzt, während sein Pferd scheinbar ziellos vorantrabte. Mazaret wollte Barik schon den Befehl erteilen, die Sache zu untersuchen, als zwei weitere Reiter auftauchten und den ersten verfolgten. Einzelheiten waren aus dieser Entfernung nicht zu erkennen, aber sie schienen dem Verwundeten zu Hilfe kommen zu wollen. Da hob einer von ihnen seinen Bogen und jagte dem Reiter vor ihm einen Pfeil in den Rücken.
»Im Namen der Mutter!«, schrie Mazaret, als der Verwundete von seinem Pferd fiel. »Barik … Mir nach!« Er spornte sein Pferd an, und seine Ritter donnerten hinter ihm her. Die beiden Verfolger waren wieder im Unterholz verschwunden, und einige Reisende auf der Straße waren zu dem niedergestreckten Reiter geeilt, um ihm zu helfen. Als Mazaret sie erreichte, abstieg und zu der kleinen Gruppe eilte, war es bereits zu spät. »Der arme Mann«, sagte eine Bauersfrau. Ihr Akzent verriet ihre Herkunft aus Nord-Kejana. »Er hat ein paar Sachen gesagt, die ich nicht verstanden habe, dann hat er geweint, und das Leben ist einfach aus ihm gewichen.« Der Tote trug die braune Uniform und das rote Schulterabzeichen eines Waldhüters der Krone. Er blutete aus einer hässlichen Wunde an der Seite, und aus seiner Schulter ragte der Schaft eines Pfeils hervor. »Ich habe ihn verstanden«, sagte eine jüngere Frau mit einem Kapuzenschal. »Er sagte: ›Die Königin des Todes, so weiß war sie, so weiß …‹ Das war alles.«
»Möge die Mutter ihn behüten«, murmelte jemand, und die Herumstehenden wiederholten die Worte. Mazaret richtete sich wütend auf. »Hauptmann Barik, lasst die Leiche von einem Sergeanten und zwei Mann in die Stadt zurückbringen und informiert den Meister der Waldhüter. Dann sollen Eure besten Spurensucher die Fährte dieser Mörder …«
»Warum sollte man einen Welpen holen, Mylord, wenn man den Wolf hat?«
Mazaret drehte sich um und warf Atroc, dem Seher, einen scharfen Blick zu.
»Ihr könnt diese Hexe und ihr Ungeziefer finden?«
Atroc schloss die Augen, holte tief Luft, während sich Abscheu auf seinen Zügen abzeichnete. »Ich kann ihre verfluchte Spur beinahe riechen.« Er öffnete unvermittelt die Augen und sah Mazaret mit einem durchdringenden Blick an. »Ist es Euer Wunsch, dass ich sie suche?«
»Ja.«
Der alte Seher nickte und seufzte. »Dann sollten wir jetzt reiten. Wenn wir schnell und listig genug sind, können wir vielleicht der Schwarzen Hand des Schicksals entgehen.«
Die Jagd begann. Atroc ritt voraus in die Wälder über einen ausgetretenen, schlammigen Weg. Kurze Zeit später roch Mazaret Rauch, und Atroc trieb sein Pferd zur Eile an. Kurz darauf erweiterte sich der Pfad und führte zu einem kleinen Dorf, das an zwei Seiten von Obstplantagen gesäumt wurde. Überall zwischen den Häusern lagen Leichen, neben denen vereinzelt weinende Frauen knieten. Mazaret ließ sechs Ritter zurück, um ihnen zu helfen, und forderte Atroc auf, weiter zu reiten.
Der Pfad bog nach Norden ab. Sie erreichten eine Gegend mit gezackten Felsen und sumpfigen Schluchten, als ein Jagdhorn vor ihnen ertönte, und einige Vögel aus dem Unterholz rechts von ihnen aufschwärmten. Mazaret witterte eine Falle und bellte den Befehl, nach links auszubrechen und den Pfad zu verlassen. Pfeile surrten durch die kahlen, eisigen Bäume, aber die meisten wurden von Zweigen abgelenkt. Dann regnete die nächste Salve auf sie herunter. Einige Ritter schrieen schmerzerfüllt, als sie getroffen wurden, aber keiner von ihnen wurde ernsthaft verletzt. Mazaret jedoch geriet fast in Panik, als ihm klar wurde, dass sich seine Männer in dem unebenen Gelände mit seinen Felsvorsprüngen und den unvermittelt auftauchenden Schluchten in dem dichten, unwegsamen Unterholz weit verstreuen würden.
Bei Mazaret waren Atroc und drei Ritter, zwei vom Orden der Wacht und einer von dem des Vater-Baums. Um sich einen Überblick zu verschaffen, ritten sie die erste baumlose Anhöhe hinauf, an die sie gelangten,
Weitere Kostenlose Bücher