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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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es zu schließen, bemerkte er, dass es nach Norden hinausführte und man von hier aus über die dichtgedrängten Lichter von Besh-Darok bis zu den Gehöften und Besitzungen jenseits des Buckelgurts blicken konnte. Seine Hügel waren kaum mehr als ein tieferes Schwarz in der undurchsichtigen Nacht. Schwache Linien und Bänder von hellen Wachslichtern verrieten die Lage der verhexten Befestigungen, die jetzt hinter diesen Hängen standen. Im Zentrum dieser Bastionen erhob sich die Zitadelle von Keshada, ein immenser, zylindrischer Fried, dessen fahle Aura selbst über die vielen Meilen Entfernung wie ein Leuchtfeuer zu sehen war und Tod und Zerstörung verhieß. Bardow starrte einen Moment auf die Zitadelle und versuchte, die Zweifel zu ersticken, die sich am Rand seiner Gedanken regten. Dann zog er entschlossen die Fensterläden zu, schloss die Riegel, mit denen die Schieber oben und unten versperrt wurden, und ging weiter. Die großen, schlichten Türen des Versammlungssaales lagen ein Stück weiter vor ihm. Als er sie aufstieß, brach das Stimmengewirr in dem Raum schlagartig ab.
    »Endlich«, erklärte eine große, ganz in Schwarz gekleidete Frau, die Nachtkrähe genannt wurde. »Wir haben uns schon Sorgen gemacht.«
    »Nehmt bitte alle meine Entschuldigung entgegen«, erklärte Bardow und schritt den sanft abfallenden Gang zu dem großen, sechseckigen Tisch hinab, um den sich die meisten Anwesenden versammelt hatten. Es waren weniger als zwanzig. Viele leere Sitzplätze lagen dem Tisch in einem großen Halbkreis gegenüber, und das spärliche Licht einiger Lampen wurde von dem großen Feuer in dem Kamin unterstützt, der in die glatte Wand eingelassen war. Diese Wand bestand zur Gänze aus einem einzigen, riesigen, in Stein gemeißelten Relief, das Orosiadas Triumphe und seine spätere Gründung der magischen Hallen von Trevada und auch die Errichtung des Kaiserlichen Palastes in Besh-Darok zeigte.
    Als Bardow die sanft geschwungenen hölzernen Stufen hinunterging, bemerkte er, dass Alael und Nerek etwas abseits standen. Beide schienen ein bisschen verlegen zu sein, und ihm wurde klar, dass für sie die Gesellschaft der anderen Magier weit unangenehmer sein musste, als er angenommen hatte.
    »Freunde und Kollegen«, sagte er, während er sich dem Tisch näherte. »Bitte seid meiner aufrichtigsten Dankbarkeit versichert, dass es Euch möglich war, trotz der Kürze der Zeit hierher zu kommen, und auch für Eure Geduld. Ich bin gerade vom Langen Kai zurückgekommen, wo ich Lord Sedderils Hafenmeistern geholfen habe. Es hat eine Kollision zwischen einer auslaufenden Passagierfähre und einem einlaufenden Frachtschiff gegeben, und sie bedurften meiner Hilfe, um im Dunkeln Überlebende zu finden.«
    Die Blinde Rina trat in den Lichtschein des Kamins. »Sind viele gestorben?«
    »Der Schiffskapitän war sich nicht sicher. Seine Männer und er haben etwa zwei Dutzend Menschen aus dem Wasser gezogen, aber auf der Fähre befanden sich wenigstens zweihundert Passagiere.«
    Rina legte die Hand vor den Mund und wandte sich ab. In dem Halbdunkel hinter ihr bemerkte Bardow Terzis, die auf einem Schemel neben dem Kamin hockte. Sie wirkte still und traurig.
    »Könnte das arrangiert worden sein?«, fragte ein großer, ebenfalls schwarz gekleideter Magier namens Cruadin. »Vielleicht von einem Handlanger der Schattenkönige?«
    »Dahinter steckt bestimmt einer dieser Mogaun!«, bekräftigte die Nachtkrähe verbittert.
    »Macht Euch nicht lächerlich!«, meldete sich eine trockene, verächtliche Stimme zu Wort. »Es war ein dummer Unfall, der von dummen Menschen verursacht wurde, die nicht bis zum Morgen warten wollten, das ist alles.« Der Sprecher humpelte auf einen Stock gestützt ins Licht. Er war ein alter Mann, dessen linke Gesichtshälfte von schrecklichen Brandnarben entstellt war. Der linken Hand fehlten zwei Finger, aber er umklammerte fest den Griff seines Gehstocks, während er mit seinem verbleibenden Auge Bardow unfreundlich und durchdringend musterte.
    »Amral«, wandte Bardow sich an die anderen, »bringt die Dinge wie immer auf den Punkt, ohne sich mit der Bürde des Taktes zu belasten.«
    Einige lächelten oder unterdrückten ihr Lachen, während zwei ganz ungeniert kicherten. Amral ignorierte den Spott und hielt den Blick seines verbliebenen Auges fest auf Bardow gerichtet.
    »Im Schatten dieses uralten Bösen ist Taktgefühl wohl eher etwas für schwächliche Gemüter«, konterte er. »Ich glaube nicht, dass Ihr

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