02 - Schwarze Küsse
Vision.
»Moment mal. Vielleicht wissen wir es doch.« Sie drehte sich zu Piper um und griff nach ihrem Arm. »Als ich in meiner Vision gesehen habe, wie Elena über Prue stand, dachte ich, dass sie ihr wehtun würde. Vielleicht habe ich mich ja geirrt. Vielleicht hat sie uns dabei geholfen, sie zu retten.«
Piper richtete ihren Blick auf die Wahrsagerin. »Und wenn du dich irrst? Wenn sie ein Werkzeug von Lascaris ist?«
»Wer ist Lascaris?«, fragte Elena.
»Ein Hexer, der Tarot-Karten dazu benutzte, um seine Opfer auszuwählen«, sagte Phoebe, als sie Elenas Fesseln löste. Sie wusste, dass die Kartenlegerin alles wissen musste, wenn sie ihnen irgendwie helfen sollte. »Er hat Besitz vom Körper und Geist unserer Schwester ergriffen und benutzt sie, um seine Kräfte und seine alte Macht wiederzubekommen.«
Piper griff nach Elenas Kinn und zwang sie dazu, ihr in die Augen zu sehen. »Und wir sind Hexen, aber wir werden Ihnen nichts tun. Solange Sie ehrlich zu uns sind.«
»I-ich schwöre es«, stotterte Elena.
Phoebe kniete sich vor die Kartenlegerin. Jetzt bin ich dran, dieser Frau richtig Angst einzujagen, bevor wir ihr Prues Leben anvertrauen, dachte sie.
»Wir müssen die Seele von Lascaris aus Prue austreiben und zurück in ewige Gefangenschaft verbannen. Wenn Sie uns anlügen, dann schwöre ich Ihnen, dass wir Sie zusammen mit ihm einschließen werden.«
»Ich lüge nicht«, versicherte Elena.
Phoebe nickte. »Okay. Wir werden den Zauberspruch noch einmal versuchen - nur wird diesmal Elena in der Mitte des Ovales stehen und die Turmkarte über Prue halten, genau wie in meiner Vision.«
Prue hörte ein Rauschen, das klang wie der von einem Sturm aufgewühlte Ozean. Ein Geräusch. Ein wunderbares Geräusch.
Dann verklang es wieder, und sie hätte über diesen Verlust weinen können.
Das Rauschen wurde zwar immer leiser, aber ihre Fähigkeit, wieder etwas zu hören, blieb erhalten. Sie hörte die süßesten Geräusche, die sie sich vorstellen konnte: Die Stimmen ihrer Schwestern, vereinigt in einem magischen Singsang. Sie lauschte angestrengt. Da war noch eine dritte Stimme - eine Stimme, die sie nicht wiedererkannte.
Aber das spielte jetzt keine Rolle. Sie wusste, dass ihre Schwestern herausgefunden hatten, was mit ihr los war. Sie wusste, dass sie versuchten, den Fremden zu vertreiben, der von ihr Besitz ergriffen hatte.
Sie musste ihnen helfen. Sie wusste, dass sie »die Macht der Drei« brauchten.
Der Mann in dem Umhang stellte zwei schwarze Kerzen auf jeder Seite des Altars auf. Auf dem Tisch lag ein Pergament. Prue warf einen heimlichen Blick darauf und las die Worte, die darauf standen.
»Böse bist du, und böse sollst du immer sein, aber nicht in dieser Welt, der du nichts bringst außer Schmerz und Pein.
Wen du küsst, der muss den Tod erleiden.
Doch mein Kuss soll unser Band für immer zerschneiden. Meine Lippen auf deinen sind die stärkere Macht
Lebe fortan im Smaragd, in deinem Turm, schwarz wie die Nacht.«
Waren das seine Worte - oder die Worte, mit denen er besiegt werden konnte? Sie erschauderte. Die Worten waren mit Blut geschrieben.
Sie starrte ihn an und beschwor ihre telekinetischen Kräfte herauf
- fest entschlossen, ihn damit in Stücke zu reißen -, aber nichts passierte.
Sie war zu schwach. Er entzog ihr ihre Kräfte, genauso, wie er ihr das Leben aussaugte. Wie sollte sie ihren Schwestern dabei helfen, dieses Monster zu besiegen, wenn sie ihre Kräfte verloren hatte?
Sie dachte an die Worte auf dem Pergament. Ein Kuss hatte ihm das Leben zurückgegeben; ein zweiter würde das Band zwischen ihnen für immer zerschneiden.
Plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte.
Sie fühlte, wie die Kräfte ihrer Schwestern sie durchwogten.
Wenn sie die beiden hören konnte, dann würden ja vielleicht - und nur vielleicht - auch ihre arideren Sinne und Fähigkeiten wieder zurückkehren. Sie versuchte, die Worte zu formulieren und den Singsang zu wiederholen.
Es war kaum mehr als ein Flüstern, aber sie spürte, wie der Singsang tief in ihrer Kehle vibrierte. »Die Macht der Drei... die Schwachen zu schützen ... bis sie dir nichts mehr nützen ... nie mehr sollst unser Feind du sein.«
In ihrem Bewusstsein hatte Lascaris eine eigene Welt geschaffen - eine Welt, in der seine Kräfte weiter anwuchsen, während er anderen das Leben stahl. Eine Welt, die er mit seinem nächsten Opfer wieder vernichten würde - mit ihr.
Sie wusste, dass er nicht mehr in dieser Welt der
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