02 - Schwarze Küsse
letzten Lebensfunken raubte.
»Für immer schließen wir dich ein!«, rief Piper.
Lascaris drehte sich zu Piper um und erwiderte selbstsicher ihren Blick. Sein Lachen hallte durch den Dachboden. »Ihr kommt zu spät«, höhnte er. »Ich bin wieder stark. Ich bin frei!«
17
PRUE FÜHLTE, wie ein unerträglicher Schmerz sie durchzuckte.
Sie hatte ihn geküsst. Sie hatte sich selbst dazu gezwungen, den Gestank seiner verfaulenden Haut, die Berührung seiner verwesenden Lippen zu ertragen.
Aber ihr Kuss hatte ihn nicht vernichtet. Er hatte ihn nur aus der Welt befreit, die er sich selbst erschaffen hatte.
Prue fühlte tief in ihrem Inneren ein Sirren - und sie begriff, dass während dieses höllischen Kusses noch etwas ganz anderes passiert war. Er hatte ihr eine Macht über ihn verliehen, die niemand sonst besaß - und er ahnte nichts davon.
Ihre Gedanken gehörten wieder ihr und wurden nicht mehr länger von ihm kontrolliert. Ihr Körper gehörte wieder ganz und gar ihr.
Er war fort. Das Böse, das in ihr gehaust hatte, war jetzt frei.
Frei, um nach Belieben neue Opfer zu suchen.
Das konnte sie nicht zulassen. Das durfte sie nicht zulassen.
Jetzt musste sie sich wiederholen, was ihr gehörte und was sie sich durch ihr Opfer verdient hatte. Langsam, aber sicher gelang es Prue, die sie umgebende Dunkelheit zu vertreiben. Sie sah einen winzigen Lichtfleck. Allmählich wurde das Licht heller, verschluckte die dunklen Schatten und löste sie dann gänzlich auf, als ob es sie nie gegeben hätte.
Der Lichtkreis wuchs und dehnte sich immer mehr aus. Prue erkannte, dass sie ihre volle Sehkraft zurückerhalten hatte. Die Dunkelheit war verschwunden. Sie fühlte, wie das Leben zurück in ihren Körper strömte. Innerhalb eines einzigen Augenblicks kehrten auch ihre anderen Sinne zurück. Sie fühlte das Holz des Fußbodens unter sich. Sie fühlte die Hitze, die von den Dutzenden von Kerzen ausging, die um sie herum standen.
Ihre Sinne waren zurückgekehrt, aber ihr Verstand war immer noch benebelt.
Und dann sah sie ihn.
»Sein Name ist Lascaris«, hörte sie Phoebe wie aus weiter Entfernung sagen. »Er ist ein Hexer.«
Ich weiß, wollte Prue ihrer Schwester zurufen, aber sie war einfach zu schwach.
Sie konnte ihn jetzt deutlich sehen - er schwebte in seiner wahren, grotesken Gestalt über ihr. Verrottendes Fleisch und faulige Zähne. Augen, in denen die Boshaftigkeit funkelte. Augen, die sich an Schrecken und Vernichtung erfreuten.
»Ich bin frei«, lachte er. Ein breites Grinsen entblößte seine geschwärzten Zähne.
Aber nicht mehr lange, schwor Prue bei sich und erinnerte sich an die Worte auf dem Pergament.
Lascaris drehte sich zu Piper um, und Prue fühlte, wie sich ihr Herz verkrampfte. »Nein«, flüsterte sie schwach.
Lascaris grinste und streckte fordernd einen knochigen Finger nach ihr aus. »Ich brauche mehr Lebenskraft.« Er bewegte sich langsam auf Piper zu. »Empfange meinen Kuss und sei dankbar für diese Gnade.«
Prue sah, wie Piper eine Handbewegung machte, um die Zeit anzuhalten.
Lascaris' Lachen hallte von den Wänden wider und erschütterte sogar den Boden. »Deine lächerlichen Kräfte können mich nicht aufhalten!«
Prue sah, wie Pipers Augen sich vor Schrecken weiteten, als er immer näher auf sie zukam. Ihre Kräfte konnten tatsächlich nichts gegen ihn ausrichten.
Piper kniete sich hin, griff nach Prues Arm und versuchte, sie aufzusetzen. »Prue, wir brauchen >die Macht der Drei<, und zwar sofort.«
Sie spürte, wie Phoebe ihr dabei half, sich aufzurichten. Wenn ich doch nur stehen könnte, dachte Prue.
Lascaris kam näher und näher, und Prue versuchte, ihre Kräfte einzusetzen, um ihn in Schach zu halten.
Aber sie war immer noch zu schwach. Zu schwach, um zu stehen. Zu schwach, um ihre Kräfte zu gebrauchen. Aber nicht zu schwach, um zu sprechen.
Prue fiel auf ihre Knie. Sie spürte, wie Piper und Phoebe versuchten, ihr zu helfen. Sie wusste nicht, ob sie Lascaris mit einem Bann belegen konnte. Aber ich muss es versuchen, dachte sie.
Prue hätte ihren Schwestern am liebsten gesagt, dass sie weglaufen und sich verstecken sollten, um sich selbst zu retten - aber sie wusste, dass sie ohne die beiden keine Chance hatte.
Die Macht der Drei.
Sie fühlte, wie sich Elenas Arm um ihre Taille legte, und dann stand sie aufrecht.
Flammen blitzten von den Ringen um Lascaris' Fingern auf, aber es gelang ihnen nicht, irgendetwas in Brand zu setzen.
»Ich bin beeindruckt«,
Weitere Kostenlose Bücher