02 Titan
wieder einzunehmen.« Zu mir gewandt, fügte er leise hinzu: »Was für eine Posse! Plautus hätte sich kein absurderes Schauspiel ausdenken können.«
Es kam genau so, wie Cicero befürchtete hatte. Noch am gleichen Tag ließ Pompeius nach Catos Freund Munatius schicken, der das Angebot der Doppelhochzeit überbrachte. Zufälligerweise hatte sich in Catos Haus gerade die ganze Familie für ein Festessen zusammengefunden. Der weibliche Teil der Familie war außer sich vor Freude, schließlich galt Pompeius als Roms größter Kriegsheld und verfügte zudem über einen stattlichen Körperbau. Cato jedoch verfiel in einen wütenden Wortschwall und schickte den Boten, ohne einen Augenblick nachzudenken oder irgendwen um Rat zu fragen, umgehend zurück: »Du kannst gleich wieder gehen, Munatius. Sag Pompeius, dass Cato sich nicht per Umweg über die Frauengemächer einfangen lässt. Er
weiß Pompeius’ guten Willen zu schätzen, und sollte Pompeius sich anständig benehmen, so wird er ihn mit einer Freundschaft belohnen, die verlässlicher ist als jede durch Heirat geknüpfte Verbindung. Aber er wird keine Geiseln ausliefern, die zum Schaden seines Landes Pompeius’ Ruhm befördern sollen.«
Nach allem, was man hörte, war Pompeius fassungslos angesichts der Rüpelhaftigkeit der Antwort (»sollte Pompeius sich anständig benehmen«), verließ umgehend die Villa Publica und zog sich äußerst übellaunig in sein Haus in den Albaner Bergen zurück. Doch auch dort traf er auf Quälgeister, die entschlossen zu sein schienen, an seiner Würde zu kratzen. Seine damals neun Jahre alte Tochter, die kaum sprechen konnte, als er sie zuletzt gesehen hatte, hatte mit ihrem Lehrer, dem berühmten Grammatiker Aristodemus aus Nyssa, einige Abschnitte Homer einstudiert, um damit ihren Vater willkommen zu heißen. Unglücklicherweise waren die ersten Worte, die Pompeius zu hören bekam, als er das Haus betrat, die, die Helena zu Paris sprach: »Kommst du vom Kampfe zurück? O lägest du lieber getötet …« Zu viele Menschen wurden Zeuge dieser Episode, als dass sie nicht hätte bekanntwerden müssen. Ich fürchte, Cicero fand sie derart lustig, dass auch er seinen Anteil daran hatte, die Geschichte unter die Leute zu bringen.
Bei all der Aufregung hätte man glauben können, dass die Bona-Dea-Affäre in Vergessenheit geraten wäre. Der Skandal lag jetzt über einen Monat zurück, und Clodius hatte peinlich darauf geachtet, sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Leute hatten angefangen, über andere Dinge zu reden. Doch ein oder zwei Tage nach Pompeius’ Rückkehr hatte das Priesterkollegium der Pontifices seine
Beurteilung des Vorfalls dem Senat übergeben. Pupius, der Erste Konsul, war ein Freund von Clodius und deshalb bestrebt, den Skandal nicht weiter zu verfolgen. Trotzdem war er verpflichtet, den Bericht der Priester zu verlesen, und das Urteil fiel eindeutig aus. Clodius’ Verhalten war ein klarer Fall von nefas – eine gottlose Tat, eine Sünde, ein Verbrechen gegen die Göttin, eine Abscheulichkeit.
Als Erster meldete sich Lucullus zu Wort. Welch köstlicher Augenblick muss es für ihn gewesen sein, mit höchst feierlichen Worten zu erklären, dass sein früherer Schwager die Traditionen der Republik besudelt und die Gefahr heraufbeschworen habe, die Stadt dem Zorn der Götter auszuliefern. »Ihr Zorn kann nur durch die härteste Bestrafung des Täters besänftigt werden«, sagte er und stellte den formellen Antrag, Klage gegen Clodius zu erheben wegen Schändung der Heiligkeit der vestalischen Jungfrauen – ein Verbrechen, das mit Prügel bis zum Tod bestraft wurde. Cato unterstützte den Antrag. Die zwei Führer der Patrizier, Hortensius und Catulus, befürworteten den Antrag ebenfalls, und sie hatten damit die große Mehrheit der Kammer auf ihrer Seite. Sie forderten, dass der Stadtprätor, der nach den Konsuln mächtigste Amtsträger Roms, ein Sondergericht einberufen, handverlesene Senatoren als Geschworene benennen und den Fall so schnell wie möglich verhandeln solle. Damit wäre das Urteil von vornherein klar. Widerwillig erklärte sich Pupius bereit, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen, und als die Sitzung geschlossen wurde, schien Clodius ein toter Mann zu sein.
Als es am späten Abend des gleichen Tages an Ciceros Haustür klopfte, war ich mir todsicher, dass das nur Clodius sein konnte. Obwohl er am Tag nach seinem Bona-Dea-Fiasko so rüde abgewiesen worden war, hatte er
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