02 Titan
Perlenkopf entfernt worden waren. »Und das Verhältnis zu deinem neuen Schwiegervater ist bestimmt ebenso eng.«
»Wenn man weiß, wie man ihn zu nehmen hat, ist Caesar gar kein so übler Bursche.«
»Ihr habt euch wieder ganz versöhnt?«
»Wir waren nie zerstritten.«
»Und was ist mit mir?«, platzte es aus Cicero heraus, der seine wahren Gefühle nicht mehr zurückhalten konnte. Er hörte sich an wie ein abservierter Liebhaber. »Was soll ich
gegen dieses Monstrum Clodius tun, das ihr beide erschaffen habt, damit es mich drangsalieren kann?«
»Mein teurer Freund, um den brauchst du dir nun wirklich keine Sorgen zu machen. Der redet viel, aber das bedeutet gar nichts. Wenn es tatsächlich jemals eine ernsthafte Auseinandersetzung zwischen euch geben sollte, dann kommt der nur über meine Leiche an dich ran.«
»Wirklich?«
»Absolut.«
»Ist das eine feste Zusage?«
Pompeius schaute verletzt. »Habe ich dich jemals im Stich gelassen?«
Wenig später trug die Heirat ihre erste Frucht. Pompeius ergriff im Senat das Wort und stellte einen Antrag: In Anbetracht des schmerzlichen Verlustes etc. etc. von Metellus Celer solle die ihm vor seinem Tod zugeloste Provinz Gallia Transalpina an Julius Caesar übergehen, dem per Abstimmung durch das Volk schon die Statthalterschaft über Gallia Cisalpina gewährt worden sei. Das vereinigte militärische Kommando erleichtere es, etwaige zukünftige Aufstände niederzuschlagen. Des Weiteren solle Caesar in Anbetracht der Unsicherheit in der Region eine zusätzliche Legion gewährt werden, wodurch sich die Gesamtzahl der unter seinem Befehl stehenden Legionen auf fünf erhöhen würde.
Caesar, der den Vorsitz führte, fragte, ob jemand Einwände habe. Er drehte den Kopf ein paarmal nach allen Seiten, um zu sehen, ob es irgendwelche Wortmeldungen gab, und wollte schon zum Punkt »Verschiedenes« überleiten, als Lucullus sich erhob. Der alte patrizische General ging inzwischen auf die sechzig zu – er war hochmütig und hinterhältig, aber auf seine Art immer noch eine erhabene Erscheinung.
»Verzeih mir, Caesar«, sagte er. »Bleibt dann auch die Provinz Bithynia weiterhin unter deinem Kommando?«
»Ja.«
»Das heißt, du regierst dann drei Provinzen?«
»Ja.«
»Aber Bithynia ist tausend Meilen von Gallien entfernt!« Lucullus lachte höhnisch und schaute sich in der Kammer um. Niemand schien seine Erheiterung zu teilen.
»Wir alle kennen uns in Geografie aus«, sagte Caesar gelassen. »Vielen Dank, Lucullus. Möchte sonst noch jemand das Wort?«
Lucullus ließ sich jedoch nicht beirren. »Und die Dauer der Amtszeit?«, hakte er nach. »Bleibt es bei fünf Jahren?«
»Ja. Das Volk hat es so beschlossen. Warum? Möchtest du dich gegen den Willen des Volkes stellen?«
»Aber das ist absurd!«, brüllte Lucullus. »Wir können es nicht zulassen, ehrwürdige Senatoren, dass ein einziger Mann, und sei er noch so fähig, an der unmittelbaren Grenze zu Italien zweiundzwanzigtausend Mann fünf Jahre lang befehligt. Was, wenn er gegen Rom ziehen würde?«
Cicero war einer von mehreren Senatoren, die unbehaglich auf ihrer harten Holzbank herumrutschten. Aber keiner von ihnen – nicht einmal Cato – wollte über dieses Thema einen Streit vom Zaun brechen: Die Aussicht auf Erfolg wäre gleich null. Lucullus, der sichtlich überrascht war, dass ihm niemand zu Hilfe kam, setzte sich wieder und verschränkte mürrisch die Arme.
»Ich fürchte, unser Freund Lucullus hat sich zu viel mit seinen Fischen beschäftigt«, sagte Pompeius. »In Rom hat sich in letzter Zeit einiges verändert.«
»Wie wahr«, brummte Lucullus laut genug, dass jeder es hören konnte. »Und nicht zum Besseren.«
Nun stand Caesar auf. Sein Gesicht war ausdruckslos und kalt: fast tot, wie eine thrakische Gesichtsmaske. »Ich glaube, Lucius Lucullus hat vergessen, dass er zu seiner Zeit mehr Legionen befehligte als ich, und das für einen längeren Zeitraum
als fünf Jahre. Und dennoch musste mein furchtloser Schwiegersohn in die Bresche springen, um Mithridates endgültig in die Knie zu zwingen.« Die Anhänger des »drei— köpfigen Ungeheuers« bekundeten lautstark ihre Zustimmung. »Ich glaube, Lucius Lucullus’ Zeit als Oberbefehlshaber wäre es durchaus wert, eingehender untersucht zu werden. Vielleicht von einem Sondergericht. Desgleichen seine Vermögensverhältnisse — das Volk würde sicher interessieren, wie er zu derart großem Reichtum gelangt ist. Aber vorerst, Lucius Lucullus,
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