02 Titan
solltest du dich bei dieser Kammer für deine beleidigende Unterstellung entschuldigen.«
Lucullus schaute sich um. Niemand erwiderte seinen Blick. Ein Tribunal vor einem Sondergericht, bei dem er einiges zu erklären gehabt hätte, in seinem Alter, das hätte er nicht überstanden. Er schluckte schwer und erhob sich. »Wenn meine Worte dich beleidigt haben sollten, Caesar …«, begann er.
»Auf den Knien!«, donnerte Caesar.
Lucullus sah verwirrt und plötzlich sehr alt aus. »Was?«, fragte er.
»Er soll sich auf den Knien entschuldigen!«, wiederholte Caesar.
Der Anblick war nicht zu ertragen, und dennoch war es mir unmöglich, die Augen von ihm abzuwenden. Der Kitzel, das Ende einer großen Karriere mitzuerleben, war zu erregend. Als würde ein gewaltiger, majestätischer Baum gefällt. Ein, zwei Augenblicke blieb Lucullus noch aufrecht stehen. Dann, sehr unsicher, seine Knochen waren von den langen Jahren im Militärdienst steif geworden, ließ er sich erst auf das eine, dann auf das andere Knie nieder und senkte vor Caesar den Kopf. Die Senatoren schauten schweigend zu.
Ein paar Tage später musste Cicero wieder die Geldbörse zücken, um ein Hochzeitsgeschenk zu kaufen, diesmal für Caesar.
Alle waren davon ausgegangen, dass Caesar, sollte er wieder heiraten, seine langjährige Geliebte Servilia zur Frau nehmen würde. Ihr Mann, der ehemalige Konsul Decimus Junius Silanus, war kurz zuvor gestorben. Tatsächlich ging zu jener Zeit das Gerücht, die Hochzeit habe schon stattgefunden, nachdem Servilia bei einer Abendgesellschaft eine einzige Perle getragen habe, die – so hatte sie selbst gesagt – ein Geschenk des Konsuls und sechzigtausend Goldstücke wert sei. Aber nein: In der Woche darauf nahm er sich die Tochter von Lucius Calpurnius Piso zur Braut – ein schlichtes Mädchen von zwanzig Jahren, groß und dünn, von dem nie einer gehört hatte. Cicero überlegte eine Zeit lang, dann beschloss er, das Hochzeitsgeschenk nicht per Boten überbringen zu lassen, sondern es persönlich zu überreichen. Wieder war es eine silberne Platte mit eingravierten Initialen, wieder in einer Sandelholzschatulle und wieder mit mir in der Rolle des Trägers. Weisungsgemäß wartete ich am Senatseingang, bis die Sitzung vorüber war, und als Caesar und Cicero zusammen die Kammer verließen, trat ich auf die beiden zu.
»Ein kleines Geschenk von mir und Terentia für dich und Calpurnia«, sagte Cicero, nahm mir die Schatulle ab und überreichte sie Caesar. »Mit den besten Wünschen für eine lange und glückliche Ehe.«
»Danke«, sagte Caesar. »Sehr aufmerksam.« Dann gab er die Schatulle, ohne sie eines weiteren Blicks zu würdigen, einem seiner Bediensteten. »Vielleicht«, fügte er hinzu, »darf ich deine spendable Laune nutzen und dich auch noch um deine Stimme bitten.«
»Meine Stimme?«
»Ja, der Vater meiner Frau bewirbt sich um das Konsulat.«
»Ah«, sagte Cicero, dem ich ansah, dass ihm gerade ein Licht aufging. »Jetzt verstehe ich. Ehrlich gesagt, ich hatte
mich schon gefragt, warum du dir gerade Calpurnia zur Frau genommen hast.«
»Und nicht Servilia?« Caesar lächelte und zuckte mit den Achseln. »So ist Politik nun mal.«
»Und wie hat es Servilia aufgenommen?«
»Sie versteht das.« Caesar wollte sich schon abwenden, doch dann hielt er noch einmal inne, als wäre ihm gerade etwas eingefallen. »Ach, übrigens, was gedenkst du gegen unseren gemeinsamen Freund Clodius zu unternehmen?«
»An den verschwende ich keinen Gedanken«, sagte Cicero. (Was natürlich gelogen war, tatsächlich dachte er kaum an etwas anderes.)
»Sehr weise«, sagte Caesar nickend. »Er ist es nicht wert, dass man seine Gedankengänge mit ihm belastet. Trotzdem frage ich mich, was er wohl tun wird, wenn er erst mal Volkstribun ist.«
»Ich rechne mit einer Anklage.«
»Das sollte dir nicht den Schlaf rauben. Du schlägst ihn in jedem Gerichtshof von Rom.«
»Ich nehme an, das weiß auch er. Deshalb rechne ich damit, dass er es auf aussichtsreicherem Gebiet versuchen wird. Irgendeine Art von Tribunal, bei dem sichergestellt ist, dass ich verurteilt werde – auf dem Marsfeld, von der Bevölkerung Roms.«
»Das wäre dann natürlich nicht mehr so einfach.«
»Ich habe mich mit den Fakten gewappnet und werde mich zu verteidigen wissen. Außerdem, wenn ich mich recht erinnere, habe ich auf dem Marsfeld auch dich schon geschlagen, damals, als du Rabirius angeklagt hast.«
»Erinnere mich nicht daran! Die
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