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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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zu meinem Geschäft, solche Dinge zu wissen.«
    »Warum willst du zwei Millionen Sesterze für ein abgefackeltes Stück Land bezahlen, auf das sie dann einen Tempel für die Libertas stellen?«
    »Das gehört zu den Risiken, die ein Geschäftsmann eben eingehen muss.«
    »Leb wohl, Crassus.«
    »Überleg’s dir, Cicero. Sei nicht so verdammt störrisch. Zwei Millionen oder nichts.«
    »Ich sagte, leb wohl.«
    »Na gut, zweieinhalb Millionen.« Cicero antwortete nicht. Crassus schüttelte den Kopf. »Das«, sagte er und stand auf, »ist genau die Sorte arroganter Torheit, die dich in diese Lage gebracht hat. Ich werde mir an deinem Feuer die Hände wärmen.«

    Am nächsten Morgen lud Cicero seine wichtigsten Anhänger ein, um mit ihnen darüber zu beraten, was er nun tun solle. Das Treffen sollte in der Bibliothek stattfinden, und ich durchstreifte das Haus auf der Suche nach Stühlen, um jedem einen Sitzplatz anbieten zu können. Ich schaffte es, zwanzig Stühle aufzutreiben. Atticus traf als Erster ein, dann Cato, danach Lucullus und viel später auch Hortensius. Da der Pöbel alle Straßen der Nachbarschaft beherrschte, hatten Ciceros Besucher einen Spießrutenlauf zu erdulden, der vor allem Hortensius ziemlich mitgenommen hatte. Sein Gesicht war zerkratzt und seine Toga mit Kot beschmiert. Es war ein deprimierender Anblick, einen normalerweise makellos gekleideten Mann wie Hortensius so mitgenommen und zerzaust zu sehen. Wir warteten noch eine Zeit lang auf weitere Besucher, aber es kam niemand mehr. Tullia und ihr Mann waren schon in Sicherheit, sie hatten sich nach einem bewegenden Abschied von Cicero aufs Land geflüchtet. Somit war von der Familie nur noch Terentia anwesend. Ich schrieb wie üblich mit.
    Falls Cicero erschrocken darüber gewesen sein sollte, dass seine einst riesige Anhängerschar zu diesem Häuflein geschrumpft war, so ließ er es sich nicht anmerken. »An diesem bitteren Tag«, sagte er, »möchte ich euch allen danken, die ihr so tapfer gekämpft habt, um meine Sache zu unterstützen. Unglück gehört zum Leben – nicht, dass ich es unbedingt empfehlen kann, versteht sich.« An dieser Stelle vermerken meine Notizen Gelächter. »Aber es offenbart doch das wahre Wesen der Menschen. So, wie ich meine Schwäche offenbart habe, so habe ich eure Stärke erkannt.« Er hielt inne und räusperte sich. Ich befürchtete schon einen weiteren Zusammenbruch, aber diesmal hatte er sich im Griff. »Das Gesetz wird also um Mitternacht in Kraft treten. Daran besteht jetzt kein Zweifel mehr, oder?« Er schaute in die Runde. Alle vier schüttelten den Kopf.
    »Nein«, sagte Hortensius, »nicht der geringste.«
    »Also, welche Möglichkeiten habe ich noch?«
    »Meiner Meinung nach drei«, sagte Hortensius. »Du kannst das Gesetz ignorieren, in Rom bleiben und darauf hoffen, dass deine Freunde dich weiter unterstützen, obwohl das ab morgen noch gefährlicher sein wird, als es heute schon ist. Oder du kannst die Stadt heute Abend verlassen, solange dir die Menschen noch helfen können, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen, und hoffen, dass du ungehindert aus Italien herauskommst. Oder, drittens, du kannst Caesar fragen, ob sein Angebot noch steht: Dann bist du sein Legat und genießt Immunität.«
    »Es gibt natürlich noch eine vierte Möglichkeit«, sagte Cato.
    »Welche?«
    »Er könnte sich umbringen.«
    Es folgte eine tiefe Stille, dann sagte Cicero: »Was hätte das für einen Vorteil?«
    »Nach der stoischen Lehre hat der Weise den Selbstmord immer als eine logische Tat des Widerstands betrachtet. Außerdem ist es dein natürliches Recht, deinem Leid ein Ende zu setzen. Und, das sage ich ganz offen, es wäre ein Zeichen des Widerstands gegen die Tyrannei, das für alle Zeiten Bestand haben würde.«
    »Denkst du an eine bestimmte Methode?«
    »Ja. Meiner Meinung nach solltest du dich hier in diesem Haus einmauern lassen und zu Tode hungern.«
    »Ich bin anderer Meinung«, sagte Lucullus. »Wenn du dich für den Märtyrertod entscheidest, Cicero – warum es selbst machen? Warum nicht in der Stadt bleiben und deine Feinde zum Äußersten treiben? Du könntest überleben. Und wenn nicht, dann bleibt an ihnen die Schande des Mordes haften.«
    »Sich ermorden zu lassen erfordert keinen Mut«, erwiderte
Cato verächtlich. »Selbstmord hingegen ist eine mannhafte, bewusste Tat.«
    »Wozu, Hortensius, würdest du mir raten?«, fragte Cicero.
    »Die Stadt zu verlassen«, sagte Hortensius sofort. »Weiter—

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