02 Titan
und eine von Hortensius angeführte Delegation stattete den
Konsuln einen Besuch ab, um sie zur Verteidigung Ciceros zu drängen. Aber Piso und Gabinius lehnten ab. Sie wussten um Clodius’ Einfluss auf die Entscheidung, welche oder ob sie überhaupt Provinzen erhielten, und hatten deshalb Angst, öffentlich ihre Unterstützung für Cicero zu zeigen. Tatsächlich untersagten sie den Senatoren sogar, Trauerkleidung anzulegen, und verwiesen den furchtlosen Lamia mit der Begründung aus der Stadt, dass er den öffentlichen Frieden gefährde.
Wann immer sich Cicero vor die Tür wagte, fand er sich schnell von randalierendem Pöbel bedrängt, eine unangenehme und gefährliche Sache, trotz des Begleitschutzes, den Atticus und die Sextus-Brüder für ihn organisierten. Einmal bewarfen Clodius’ Anhänger ihn mit Steinen und Exkrementen, so dass er sich gleich wieder ins Haus zurückziehen musste, um sich den Dreck aus den Haaren und von der Tunika bürsten zu lassen. Er machte sich auf die Suche nach dem Konsul Piso, fand ihn schließlich in einer Taverne und bat ihn flehentlich einzuschreiten – ohne Erfolg. Danach blieb er zu Hause. Aber auch dort kam er nicht zur Ruhe. Tagsüber versammelten sich Demonstranten auf dem Forum und skandierten Sprechchöre, die zum Haus hinaufhallten und in denen sie ihn als Mörder beschimpften. Unsere Nachtruhe wurde ständig durch trampelnde Füße auf der Straße, beleidigende Rufe und auf das Dach prasselnde Wurfgeschosse gestört. Auf einer ungewöhnlich großen Volksversammlung vor den Toren der Stadt wurde Caesar um seine Meinung über Clodius’ Gesetz gefragt. Er erklärte, dass er sich zwar gegen die Hinrichtung der Verschwörer ausgesprochen habe, dass er aber gleichzeitig eine rückwirkende Gesetzgebung missbillige. Die Antwort war von großer politischer Klugheit: Als Cicero davon erfuhr, konnte er nur bewundernd den Kopf schütteln. Von da an war ihm klar, dass es keine Hoffnung mehr für ihn gab. Er zog sich
zwar nicht wieder in sein Bett zurück, verfiel aber in große Lethargie und weigerte sich oft, Besucher zu empfangen.
Allerdings mit einer bedeutenden Ausnahme: Am Tag, bevor Clodius’ Gesetz in Kraft treten sollte, ersuchte Crassus um ein Gespräch, zu dem sich Cicero zu meiner Überraschung bereiterklärte. Ich nehme an, dass er sich damals so rettungslos verloren glaubte, dass er gewillt war, jedes Hilfsangebot anzunehmen, egal, woher es kam. Der Schuft strömte fast über vor Anteilnahme. Doch während er sein Entsetzen über die Geschehnisse und seinen Ekel über Pompeius’ Treulosigkeit beteuerte, strichen seine unruhigen Blicke unablässig über die nackten Wände und registrierten jedes Stück Inventar, das noch nicht abtransportiert war. »Gibt es irgendetwas, was ich für dich tun kann?«, sagte er. »Egal, was …«
»Ich glaube nicht, nein, danke«, sagte Cicero, der inzwischen unübersehbar bereute, dass er seinen alten Feind ins Haus gelassen hatte. »Wir wissen doch beide, wie es in der Politik läuft. Irgendwann trifft es jeden von uns. Aber wenigstens«, fügte er hinzu, »plagen mich keine Schuldgefühle. Nein, wirklich, ich möchte dich jetzt nicht länger aufhalten.«
»Was ist mit Geld? Ein armseliger Ersatz, ich weiß, für den Verlust all dessen, was einem im Leben etwas bedeutet hat. Aber Geld ist von Vorteil, wenn man ins Exil muss. Ich wäre bereit, dir eine stattliche Summe vorzustrecken.«
»Das ist sehr aufmerksam.«
»Ich könnte dir, sagen wir, zwei Millionen geben. Würde dir das weiterhelfen?«
»Natürlich, aber ich gehe ins Exil, wie sollte ich dir das jemals zurückzahlen können?«
Crassus schaute sich um, als suchte er nach einer Lösung. »Du könntest mir zum Beispiel das Haus überschreiben.«
Cicero schaute ihn ungläubig an. »Du willst das Haus dafür? Für das ich dir dreieinhalb Millionen gezahlt habe?«
»Was ein ganz schönes Schnäppchen war. Das kannst du nicht bestreiten.«
»Ein Grund mehr, es dir nicht für zwei Millionen zurückzuverkaufen.«
»Grundbesitz ist bedauerlicherweise nur das wert, was jemand bereit ist, dafür auszugeben. Und übermorgen ist dieses Haus ohne jeden Wert.«
»Was soll das heißen?«
»Dass Clodius beabsichtigt, es niederbrennen und auf seinem Grund einen Tempel zu Ehren der Göttin Libertas errichten zu lassen. Und weder du noch sonst irgendwer kann das Geringste dagegen tun.«
Cicero schwieg kurz, dann sagte er leise: »Woher weißt du das?«
»Es gehört nun einmal
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