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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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fahren, damit ich dem Kutscher Bescheid sagen kann?«
    »Was geht dich das an? Schaff einfach die verdammte Kutsche her.«
    Ich gab dem Stallburschen Bescheid, dass er die Kutsche vor das Haus bringen solle, dann ging ich zu Terentia und berichtete ihr von Ciceros Plan auszufahren. Sie schaute mich beunruhigt an und eilte hinunter in die Bibliothek. Die meisten Mitglieder des Haushalts hatten mitbekommen, dass Cicero endlich wieder aus seinem Schlafzimmer aufgetaucht war. Sie standen neugierig und ängstlich im Atrium und taten nicht einmal so, als würden sie irgendetwas arbeiten. Ich konnte es ihnen nicht verdenken: Wie mein war auch ihr Schicksal eng mit seinem verbunden. Wir hörten erregte, laute Stimmen, und kurz darauf kam Terentia mit tränennassen Wangen aus der Bibliothek. Sie sagte zu mir: »Begleite ihn!« Dann lief sie die Treppe hinauf. Nur Augenblicke später tauchte Cicero auf, mit mürrischem Gesicht, aber wenigstens sah er wieder etwas mehr wie der alte Cicero aus, so als hätte der hitzige Streit die Wirkung eines Stärkungsmittels gehabt. Er ging zur Vordertür und befahl dem Türwächter, sie zu öffnen. Der Türwächter schaute mich an, als fragte er mich um Erlaubnis. Ich nickte schnell.
    Wie üblich standen auf der Straße Demonstranten, allerdings weit weniger als unmittelbar nach der Veröffentlichung des Gesetzes, das Cicero die Versorgung mit Feuer und Wasser verweigerte. Der Großteil des Pöbels, der wie die Katze vor dem Mauseloch auf der Lauer gelegen hatte, war es überdrüssig geworden, auf sein Opfer zu warten. Ihre geringe Zahl machten die Demonstranten allerdings durch Gehässigkeit wett. Als Cicero in der Tür auftauchte, drängten
sie vorwärts und veranstalteten ein Riesengezeter. »Tyrann!« »Mörder!« »Tod!« Er ging schnell zur Kutsche und stieg ein. Ich folgte ihm. Auf dem Bock neben dem Kutscher saß ein Leibwächter, der sich zu mir herunterbeugte und nach dem Fahrtziel fragte. Ich schaute Cicero an.
    »Zu Pompeius’ Haus«, sagte er.
    »Pompeius ist nicht in Rom«, sagte ich, während Fäuste gegen die Seitenwand der Kutsche trommelten.
    »Wo ist er dann?«
    »Auf seinem Landsitz in den Albaner Bergen.«
    »Umso besser«, erwiderte Cicero. »Dort erwartet er mich bestimmt nicht.«
    Ich rief dem Kutscher zu, dass er zur Porta Capena fahren solle. Ein Peitschenschnalzer, dann sprengten wir unter dem Brüllen der Demonstranten und den letzten Fausthieben, die auf die Holzverkleidung der Kutsche prasselten, davon.
    Die Fahrt hat sicher über zwei Stunden gedauert, und trotzdem hat Cicero die ganze Zeit über kein einziges Wort gesagt. Die Beine von mir abgewandt, kauerte er sich in eine Ecke der Kutsche, als wollte er sich so klein wie möglich machen. Erst als wir in die lange Kiesauffahrt von Pompeius’ Anwesen einbogen, richtete er sich auf und schaute durch das Fenster auf den üppigen Park mit seinen Statuen und kunstvoll beschnittenen Büschen und Bäumen. »Ich werde ihn so beschämen, dass er mich schützen muss«, sagte er. »Und wenn er trotzdem ablehnt, dann werde ich mich vor seinen Augen umbringen, und die Geschichte wird ihn für seine Feigheit auf ewig verdammen.« Er steckte die Hand in die Tasche seiner Tunika und zeigte mir ein kleines Messer, dessen Klinge kürzer als seine Hand breit war. Er grinste mich an. Anscheinend war er jetzt völlig verrückt geworden.
    Wir hielten vor dem Eingang der prachtvollen Villa, und Pompeius’ Hausverwalter eilte herbei, um die Tür der Kutsche zu öffnen. Cicero war schon zahllose Male hier gewesen.
Der Sklave kannte ihn sehr gut. Sein Begrüßungslächeln gefror, als er das ungekämmte Haar Ciceros und die schwarze Tunika sah. Erschrocken trat er einen Schritt zurück. »Riechst du das, Tiro?«, sagte Cicero und streckte mir seine Hand hin, mit dem Rücken nach oben. Dann hielt er sie sich unter die Nase und schnüffelte. »Das ist der Geruch des Todes.« Er gab ein schrulliges Lachen von sich, stieg aus der Kutsche und sagte, während er auf das Haus zuschritt, über die Schulter zu dem Verwalter: »Lauf, sag deinem Herrn, dass ich da bin. Ich kenne den Weg.«
    Ich hastete hinter ihm her. Wir betraten einen langgestreckten Empfangsraum voller antiker Möbel, Wandbehänge und Teppiche. In Schaukästen waren Erinnerungsstücke von Pompeius’ vielen Feldzügen ausgestellt – rot glasierte Töpfe aus Spanien, Elfenbeinschnitzereien aus Africa, getriebenes Silberzeug aus dem Osten. Cicero setzte sich auf ein Sofa

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