02 Titan
wie Cicero hinter seinem starren Lächeln mit den Zähnen knirschte, als er die Ergänzung akzeptierte und zur Abstimmung stellte. Er wusste, dass Pompeius genau registrieren würde, dass Caesar doppelt so großzügig wie er war. Der Antrag wurde mit nur einer Gegenstimme angenommen: der des jungen Marcus Cato, der in hitzigen Worten erklärte, dass der Senat Pompeius wie
einen König behandle, die Senatoren vor ihm kröchen und ihn auf eine Weise umschmeichelten, die die Gründer der Republik mit Abscheu erfüllt hätte. Er wurde ausgebuht, und ein paar Senatoren, die in seiner Nähe saßen, versuchten ihn wieder auf seinen Platz herunterzuziehen. An den Gesichtern von Catulus und anderen Patriziern konnte ich allerdings sehen, wie unangenehm ihnen seine Worte gewesen waren.
Von allen großen Gestalten der Vergangenheit, die wie Fledermäuse in meinem Gedächtnis nisten und nächtens aus ihren Höhlen herausflattern, um meine Träume zu stören, ist Marcus Porcius Cato Uticensis die sonderbarste. Er war wirklich bizarr! Zu jener Zeit war er kaum älter als dreißig, aber sein Gesicht glich dem eines alten Mannes. Er war sehr hager, kämmte sich die Haare nicht, lächelte nie und badete selten, weshalb ein wahrhaft strenger Geruch von ihm ausging. Zu widersprechen war seine Passion. Obwohl er unermesslich reich war, benutzte er nie eine Sänfte oder Kutsche, sondern ging immer nur zu Fuß und lehnte es sogar ab, Schuhe und manchmal sogar eine Tunika zu tragen – er wolle, so sagte er, sich darin üben, nichts auf die Meinung der Welt zu geben, egal, um welche bedeutende oder belanglose Angelegenheit es sich auch handle. Die Schreiber in der Staatskasse hatten Angst vor ihm. Er hatte dort ein Jahr als untergeordneter Beamter gedient, und sie erzählten mir oft, dass sie ihm über jede Ausgabe Rechenschaft ablegen mussten, sogar über die kleinste Summe. Auch als er schon nicht mehr dort arbeitete, kam er immer mit einem Stapel von Rechnungsbüchern aus der Staatskasse in den Senat. Er setzte sich auf seinen Platz in der hintersten Bank, vergrub sich in seine Zahlen, wippte dabei vor und zurück und bemerkte
gar nicht, dass die Männer um ihn herum über ihn redeten und lachten.
Am Tag nach dem Bekanntwerden von Mithridates’ Niederlage suchte er Cicero auf. Der Konsul stöhnte, als ich ihm sagte, dass Cato ihn sprechen wolle. Er kannte ihn von früher, er war einmal kurz als sein Anwalt tätig gewesen: Cato hatte in einer seiner abseitigen Anwandlungen beschlossen, seine eigene Cousine Lepida zu verklagen, um sie zu zwingen, ihn zu heiraten. Trotzdem sagte er, ich solle ihn hereinführen.
»Pompeius muss auf der Stelle seines Amtes enthoben und nach Hause zitiert werden«, verkündete Cato in dem Augenblick, als er das Arbeitszimmer betrat.
»Guten Morgen, Cato. Angesichts seines jüngsten Sieges erscheint mir das etwas schroff, meinst du nicht?«
»Der Sieg ist genau das Problem. Pompeius soll Diener der Republik sein, aber wir behandeln ihn wie unseren Herrn. Er wird zurückkehren und gleich den ganzen Staat übernehmen, wenn wir nicht aufpassen. Du musst morgen den Antrag auf seine Abberufung stellen.«
»Das werde ich bestimmt nicht tun! Pompeius ist der erfolgreichste General Roms seit Scipio. Er verdient alle Ehren, die wir gewähren können. Du machst den gleichen Fehler wie dein Urgroßvater, als er Scipio aus dem Amt gejagt hat.«
»Wenn du ihn nicht aufhalten willst, dann werde ich es tun.«
»Du?«
»Ich beabsichtige, mich für das Amt eines Volkstribuns zur Wahl zu stellen. Ich möchte, dass du mich dabei unterstützt.«
»Ach ja, möchtest du!«
»Als Volkstribun werde ich mein Veto gegen jedes Gesetz einlegen, das einer von Pompeius’ Lakaien einbringt, um
dessen Pläne zu befördern. Ich will ein Politiker sein, wie es ihn vorher noch nie gegeben hat.«
»Das wirst du, da bin ich mir sicher«, sagte Cicero, schaute mich über die Schulter des jungen Mannes an und zwinkerte mir fast unmerklich zu.
»Ich werde beantragen, dass die öffentlichen Angelegenheiten erstmals der ganzen Strenge einer schlüssigen Philosophie, dass jedes Thema den Grundsätzen und Verhaltensregeln der Stoa zu unterwerfen sind. Du weißt, dass in meinem Haus kein Geringerer als Athenodorus Kordylion lebt, der, da wirst du mir zustimmen, maßgebliche Gelehrte der Stoiker. Er wird mein ständiger Ratgeber sein. Die Republik ist ins Schlingern geraten, Cicero, so sehe ich das – die Winde und Strömungen des
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