Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
Vom Netzwerk:
drängelte sich durch die Menge der Zuhörer, die den Eingang verstopfte. Sein zerzaustes, wildes Haar war mit einer Staubschicht bedeckt. Unter der hastig übergeworfenen Toga mit dem purpurfarbenen Saum war die Uniform des Soldaten zu erkennen. Statt in den roten Schuhen der Senatoren steckten seine Füße in Soldatenstiefeln. Als er durch den Mittelgang eilte, verstummte schlagartig jedes Gespräch, und alle Köpfe wandten sich dem Eindringling zu. Die aufgeschreckten Liktoren, die nicht weit von mir direkt hinter Ciceros Stuhl standen, traten vor, um den Konsul abzuschirmen, als von den Prätorenbänken Metellus Celer rief: »Halt! Seht ihr denn nicht? Das ist mein Bruder!« Dann sprang er auf, lief zu ihm hin und umarmte ihn.
    Sofort war die ganze Kammer von erstauntem und besorgtem Gemurmel erfüllt, wusste doch jeder, dass Celers jüngerer Bruder Quintus Caecilius Metellus Nepos einer von Pompeius’ Legaten im Krieg gegen König Mithridates war. Sein dramatisches und zerzaustes Aussehen, offensichtlich kam er direkt vom Kriegsschauplatz, konnte bedeuten, dass den Legionen ein schreckliches Unglück widerfahren war.
    »Nepos!«, rief Cicero. »Was hat das zu bedeuten? Nun rede schon!«
    Nepos befreite sich aus der Umarmung seines Bruders. Er war ein eingebildeter Mann, der sehr stolz auf seine attraktiven Züge und seine stattliche Figur war. (Es hieß, er gebe Männern den Vorzug vor Frauen, jedenfalls heiratete er nie und hinterließ auch keine Nachkommen; aber das ist alles Klatsch, und ich sollte lieber schweigen.) Er drückte seine prachtvollen Schultern durch und wandte sich der Kammer zu. »Ich komme auf direktem Weg von Pompeius Magnus, aus seinem Lager in Arabia«, erklärte er. »Mit den schnellsten Schiffen und den kraftvollsten Pferden bin ich herbeigeeilt, um euch großartige und erfreuliche Nachrichten zu bringen. Den Tyrannen und hartnäckigsten Feind des römischen Volkes, Mithridates VI. Eupator, hat im achtundsechzigsten Jahr seines Lebens der Tod ereilt. Der Krieg im Osten ist gewonnen!«
    Es folgte jener eigenartige Augenblick verdutzten Schweigens, der immer auf dramatische Neuigkeiten folgt, und dann brach die gesamte Kammer in donnernden Jubel aus. Ein Vierteljahrhundert lang hatte Rom gegen Mithridates gekämpft. Manche sagen, er habe in Asia achtzigtausend Römer niedergemetzelt, andere sprechen von einhundertfünfzigtausend. Was immer der Wahrheit entspricht, er war ein Mann des Schreckens. Solange die meisten zurückdenken konnten, drohten römische Mütter mit dem Namen Mithridates, wenn sie ihren Kindern gutes Benehmen einbläuen wollten. Und jetzt war er tot! Und der Ruhm gehörte Pompeius! Es war unwichtig, dass Mithridates eigentlich Selbstmord begangen hatte und nicht römischen Waffen zum Opfer gefallen war. (Der alte Tyrann hatte Gift genommen, doch weil er über die Jahre vorsorglich so viele Gegenmittel geschluckt hatte, wirkte es nicht, so dass er einem Soldaten hatte befehlen müssen, ihm den
Kopf abzuschlagen.) Es war auch nicht von Belang, dass gut informierte Beobachter dem immer noch vor den Toren Roms auf seinen Triumph wartenden Lucius Lucullus den Erfolg zuschrieben, in Wahrheit hatte nämlich seine Kriegskunst Mithridates in die Knie gezwungen. Pompeius war der Held der Stunde, nur das zählte, und Cicero wusste, was er zu tun hatte. Als der lärmende Jubel verstummt war, stand er auf und schlug vor, zu Ehren von Pompeius’ Genie ein fünftägiges Dankesfest zu veranstalten. Das wurde mit wohlwollendem Applaus aufgenommen. Dann erteilte er Hybrida das Wort, der einige ungelenke Sätze des Lobes sprach, und danach Celer, der seinen Bruder dafür rühmte, dass er Tausende von Meilen gereist war, um die erfreuliche Nachricht zu überbringen. Als dieser geendet hatte, stand Caesar auf. Eingedenk seiner Stellung als höchster Priester, erteilte Cicero ihm das Wort in der Erwartung, er werde den rituellen Dank an die Götter zum Ausdruck bringen.
    »Bei allem gebotenen Respekt für unseren Konsul, aber sollen wir uns so schäbig zeigen in unserer Dankbarkeit?«, sagte Caesar mit seidenweicher Stimme. »Ich beantrage eine Ergänzung. Ich schlage vor, die Dauer der Dankesfeierlichkeiten auf zehn Tage zu verdoppeln und Gnaeus Pompeius für den Rest seines Lebens das Recht zu gewähren, bei den Spielen die Robe seines Triumphes zu tragen, damit das römische Volk auch bei seinen Vergnügungen immer daran erinnert werde, wie viel es ihm schuldet.«
    Ich konnte fast hören,

Weitere Kostenlose Bücher